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Miete und Bürgergeld: Sozialwohnung kann nicht unangemessen sein

Wohnsiedlung mit Hochhäusern

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat klargestellt: Sozialwohnungen dürfen für Bürgergeld Empfänger nicht als unangemessen gelten, auch wenn die Mietkosten über den üblichen Grenzen liegen. Dieses Urteil verpflichtet das Jobcenter, die volle Miete zu übernehmen, besonders in Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt wie Berlin (L 32 AS 1888/17 vom 30.03.2023).

Jobcenter übernahm nur Teil der Miete

Die ursprüngliche Klage und Entscheidung vor dem Sozialgericht in Berlin stammt aus August 2017 und bezog sich auf den Zeitraum 2015/ 2016 – das Berufungsverfahren zog sich allerdings über Jahre hin, bis das Landessozialgericht im März 2023 zu Gunsten der Hilfebedürftigen entschied und das Jobcenter zur Zahlungsübernahme verpflichtete.

Darum ging es: Das Jobcenter in Berlin weigerte sich, die vollen Kosten für die Wohnung einer Hartz-IV-Empfängerin (heute Bürgergeld) zu übernehmen. Der tatsächlichen Warmmiete von 640 Euro standen als angemessen geltende 480 Euro gegenüber. Dabei berief sich die Behörde auf die Ausführungsvorschriften der zuständigen Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Grundlage der Vorschrift und damit der Mietobergrenze: Die durchschnittlichen Mieten einfacher Wohnungen gemäß Mietspiegel.

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Wohnung muss verfügbar sein

Das LSG Berlin-Brandenburg monierte das Vorgehen des Jobcenters als unzulässig. Berücksichtigt werde nur der durchschnittliche Fall der Angemessenheit. Die obere Grenze bliebe dabei außen vor. Wichtiger aber ist die Einschätzung, dass einfache Wohnungen, auf die das Jobcenter Bürgergeld Bedürftige verweise, „tatsächlich verfügbar, also anmietbar sind“. Das werde durch das Konzept in Berlin nicht gewährleistet.

Dazu griffen die Richter auf die Wohnraumstatistik der Senatsverwaltung aus dem Jahr 2019 zurück. Zu der Zeit mussten 76.000 Bürgergeldhaushalte Teile der Miete selbst bestreiten, weil die Miete über den vom Jobcenter genutzten Grenzwerten lagen. Hinzu käme in Berlin eine Angebotslücke von 345.000 Single-Wohnungen.

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Unmöglich: Grenzwerte definieren

In einer solch angespannten Lage sei es auch dem Landessozialgericht nicht möglich, einen Grenzwert festzulegen. Auch die Wohngeldtabelle mit einem Aufschlag von zehn Prozent sei für Berliner Verhältnisse ungeeignet. Denn: Selbst nach diesen Maßstäben wären viele Sozialwohnungen unangemessen teuer.

Jobcenter muss zahlen

Gemäß der Absicht des Gesetzgebers, dass Sozialwohnungen für Hilfebedürftige, und damit auch für Bürgergeld Empfänger, errichtet und vorgehalten werden sollen, liege der Quadratmeterpreis der Wohnung der Klägerin unterhalb des Durchschnitts der zulässigen Mieten. Daher müsse das Jobcenter die Kosten in voller Höhe übernehmen.

Hier greift der zweite Leitsatz des Urteils: „Wohnraum, der nach den Vorgaben des sozialen Wohnungsbaus und des WoGG (Wohngeldgesetz) angemessen ist, kann jedenfalls in angespannten Wohnungsmärkten nicht grundsicherungsrechtlich unangemessen sein.“

Eine Revision beim Bundessozialgericht wurde vom LSG aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Urteils zugelassen.

Verfahrensgang
LSG Berlin-Brandenburg, Aktenzeichen L 32 AS 1888/17 vom 30.03.2023.
SG Berlin, Aktenzeichen S 186 AS 773/16 vom 02.08.2017.

Titelbild: Lotta Axing / shutterstock