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Heizkosten beim Bürgergeld – was ist angemessen?

Geldbörse am Heizkörper

Für Hilfebedürftige im Bürgergeld Bezug übernimmt das Jobcenter zusätzlich zum Regelsatz auch die Wohnkosten. Neben der Bruttokaltmiete gehören hierzu auch die Kosten für Heizung und Warmwasser als warme Betriebskosten. Dabei übernimmt das Jobcenter die Heizkosten grundsätzlich in tatsächlicher Höhe – sofern der Heizverbrauch angemessen ist. Damit die Heizkosten als angemessen gelten, sind gewisse Verbrauchsgrenzen einzuhalten.

Durchschnittliche Heizkosten im Überblick

Über alle Bedarfsgemeinschaften hinweg in ganz Deutschland zahlte das Jobcenter im Februar 2024 (neuere Werte liegen noch nicht vor) durchschnittlich 94,50 Euro Heizkosten pro Monat, 1,66 Euro je Quadratmeter. Die nachfolgende Tabelle zeigt, wie hoch die Heizkosten abhängig von der Haushaltsgröße ausgefallen sind:

Größe der BGHeizkosten
1 Person1,55 € / m²66,57 €
2 Personen1,67 € / m²97,60 €
3 Personen1,74 € / m²115,60 €
4 Personen1,80 € / m²130,31 €
5 Personen1,84 € / m²143,31 €
6+ Personen1,88 € / m²165,99 €
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, 02/2024

Welche Heizkosten gelten als angemessen?

Um die Angemessenheitsgrenzen zu veranschaulichen, nehmen wir zum Beispiel eine Bürgergeld Bedarfsgemeinschaft aus Hamburg an, die mit Gas heizt. Pro Quadratmeter Wohnfläche sind 206 kWh bzw. 31,60 € zu berücksichtigen. Je nach Anzahl der Personen und angemessener Wohnungsgröße sehen die Obergrenzen für die jährlichen Heizkosten wie folgt aus:

Anzahl
Personen
angemessene
Wohnungsgröße
angemessener
Energieverbrauch
angemessene
Heizkosten
150 m²10.300 kWh1.580 €
260 m²12.360 kWh1.896 €
375 m²15.450 kWh2.370 €
490 m ²18.540 kWh2.844 €
5105 m²21.630 kWh3.318 €
6120 m²24.720 kWh3.792 €
Quelle: Bundesweiter Heizspiegel 2023 und Jobcenter Hamburg

Wichtig: Bei diesen Zahlen handelt es sich um Richtwerte. Je nach Einzelfall können nach Prüfung andere Werte angemessen sein. Ebenso beziehen sich die Zahlen hier auf den aktuellen Heizkostenspiegel 2023. Das Jobcenter Berlin z.B. nutzt für die Grenzwerte der angemessenen Heizkosten den bundesweiten Heizspiegel für 2020 (max. 238 kWh / m²) und das Jobcenter München zieht den Heizspiegel 2022 (max. 263 kWh / m²) heran. Entsprechend können sich hier je nach Wohnort Unterschiede ergeben.

Alle Bürgergeld Auszahlungstermine im Überblick

Angemessene Heizkosten während Karenzzeit

In den ersten zwölf Monaten des Bürgergeld-Bezugs, der sogenannten Karenzzeit, werden die Wohnkosten nicht auf Angemessenheit überprüft, das gilt jedoch nur für die Wohnungsgröße und die Bruttokaltmiete. Die Heizkosten selbst werden separat betrachtet und müssen auch während der Karenzzeit angemessen sein, jedoch bezogen auf die tatsächliche Wohnfläche.

Beispiel: Für eine alleinstehende Person mit Bürgergeld gilt eine Wohnungsgröße von 50 m² und ein Jahresverbrauch von 10.300 kWh Gas (206 kWh / m²) als angemessen. Der Leistungsbezieher bewohnt aber eine Wohnung mit 75 m² Wohnfläche, was während der Karenzzeit zulässig ist und das Jobcenter zahlt vorübergehend die tatsächlichen anstatt der angemessenen Wohnkosten. Die Obergrenze bei den Heizkosten liegt hier deshalb bei 15.540 kWh, da die tatsächliche Wohnungsgröße von 75 m² als Bemessungsgrundlage dient (75 m² x 206 kWh je m²).

Nach Ablauf der Karenzzeit wird das Jobcenter ein Kostensenkungsverfahren einleiten und den Leistungsempfänger auffordern, die Gesamtkosten für die Wohnung so zu senken, dass diese die Angemessenheitsgrenzen nicht überschreitet.

So hoch darf die Miete beim Bürgergeld sein

Heizspiegel gibt Angemessenheitsgrenze vor

Bei den Grenzwerten zur Angemessenheit der Heizkosten orientieren sich Jobcenter zum Teil an örtlichen Heizspiegeln, in der Regel aber am bundesweiten Heizspiegel, welcher jährlich erscheint. Dieser gibt die durchschnittlichen Heizkosten des Vorjahres in Kilowattstunden (kWh) pro m² (Verbrauch) sowie Euro pro m² (Kosten) an, in Abhängigkeit vom Heizsystem und der Wohnfläche des ganzen Gebäudes.

Die Wohnfläche des gesamten Gebäudes ist deshalb relevant, da je nach Objektgröße mal mehr und mal weniger Wärme benötigt wird. Eine Wohnung mit mehreren Außenwänden in einem kleinen Haus benötigt nun mal mehr Heizenergie als eine innenliegende Wohnung in einem großen Mehrfamilienhaus, in dem die Nachbarn von allen Seiten heizen und so die eigene Wohnung praktisch mit beheizen.

Richtwerte für angemessenen Verbrauch nach Heizsystem

Die nachfolgende Tabelle zeigt Richtwerte für den angemessenen Verbrauch je nach Heizungsart bei zentraler Warmwassererwärmung in kWh pro m² tatsächlicher Wohnfläche im Jahr.

Wohnfläche
Gebäude
ErdgasHeizölFern-
wärme
Wärme-
pumpe
Holz-
pellets
100 – 250 m²228 kWh228 kWh202 kWh90 kWh207 kWh
251 – 500 m²217 kWh223 kWh196 kWh88 kWh197 kWh
501 – 1.000 m²206 kWh218 kWh191 kWh86 kWh
über 1.000 m²199 kWh215 kWh187 kWh85 kWh
Quelle: Bundesweiter Heizspiegel 2023

Heizwert umrechnen: 10 kWh entsprechen etwa 1 m³ Erdgas bzw. 1 l Heizöl – für den Fall, dass die Heizkostenabrechnung den Verbrauch in m³ oder l und nicht in KWh angibt.

Dezentrale Warmwasseraufbereitung

Wird das Warmwasser dezentral über Durchlauferhitzer oder Boiler erhitzt, sind von den zuvor genannten Verbrauchswerten 24 kWh / m² bei Gas, Öl und Fernwärme sowie 9,6 kWh / m² bei Wärmepumpe abzuziehen. Wegen der erhöhten Stromkosten besteht jedoch Anspruch auf Mehrbedarf für Warmwasser.

Heizkosten zu hoch bzw. nicht angemessen

Alleinstehende Person mit Bürgergeld-Bezug bewohnt beispielhaft eine 45 m² große Wohnung in einem Mehrparteienhaus mit 400 m² Gesamtwohnfläche, zentrale Gasheizung für Raumwärme und Warmwasser. Der angemessene Jahresverbrauch gemäß Heizkostenspiegel liegt bei 217 kWh je m² Wohnfläche des Wohnflächenhöchstwertes, hier 50 m² = 10.850 kWh.

Aus der Jahresabrechnung ergibt sich ein Verbrauch für Heizung und Warmwasser von 13.500 kWh. Da der Heizverbrauch 2.650 kWh (13.500 – 10.850) über der Angemessenheitsgrenze des Jobcenters liegt, erfolgt durch das Jobcenter eine individuelle Einzelfallprüfung.

Jobcenter muss persönliche Situation berücksichtigen

Das Jobcenter darf die Übernahme der Heizkosten über dem Angemessenheitsrichtwert nicht einfach ablehnen, es muss individuell prüfen, ob der vermeintlich zu hohe Verbrauch der Bedarfsgemeinschaft nicht doch als angemessen eingestuft werden kann. Der Heizspiegel bspw. gibt nur Durchschnittswerte an, dabei wird für einen Neubau nach aktuellen Standards deutlich weniger Heizenergie benötigt als für eine Altbau-Wohnung mit schlecht isolierten Fenstern und nicht zeitgemäßer Dämmung. Ebenso können persönliche Gründe höhere Heizkosten rechtfertigen, etwa ein erhöhter Wärmebedarf aus gesundheitlichen Gründen.

Übernahme der Bürgergeld Heizkosten – Anlage KDU

Empfängern von Bürgergeld steht nach § 22 SGB II neben dem Regelsatz auch eine angemessene Unterkunft inklusive Nebenkosten und Heizung zu. Neben dem Hauptantrag muss hierfür die Anlage KDU (Kosten der Unterkunft und Heizung) ausgefüllt werden.

Wichtig: Wird der Brennstoff (beispielsweise Holz oder Kohle) selbst besorgt, kann dies unter Punkt 3 des Antrags angegeben werden. Zusätzlich muss ein Antrag auf Brennstoffbeihilfe gestellt werden.

Welche Kosten für eine Unterkunft allgemein als angemessen gelten erfahren Sie unter Angemessene Wohnkosten bei Bürgergeld Bezug.

Kostensenkungsverfahren bei zu hohen Heizkosten

Wenn die Heizkosten laut Heizspiegel bzw. örtlichen Vergleichswerten zu hoch sind und auch keine individuelle Angemessenheit vorliegt, kann das Jobcenter den Mieter im Rahmen eines Kostensenkungsverfahrens auffordern, künftig seine Heizkosten zu verringern.

Tut er dies nicht innerhalb der gesetzten Frist (in der Regel 6 Monate), werden fortan nur die angemessenen Kosten übernommen. Die fehlende Differenz muss vom Betroffenen bezahlt werden.

Was ist, wenn mehr Heizkosten verursacht wurden (Heizkostennachzahlung) ?

Sollten am Ende der Heizperiode mehr Heizkosten verbraucht worden sein, als im Voraus gezahlt wurde, kann ein Antrag auf Nachzahlung der Nebenkosten beim Jobcenter gestellt werden. Es gilt zu beachten, dass die Nachzahlung ebenfalls im Rahmen der Angemessenheit liegen muss.

Sollten die monatlichen Heizkostenabschläge bereits beim Grenzwert liegen und kommt es zu einer Heizkostennachzahlung, wird das Jobcenter in der Regel nicht für die Nachzahlung aufkommen. Ausnahme: Wenn in der Vergangenheit noch kein Kostensenkungsverfahren durchgeführt wurde, ist die Heizkostennachzahlung zu übernehmen, auch wenn die Heizkosten unangemessen hoch sind.

Wie die Nebenkostennachzahlung abläuft und welche Voraussetzungen gegeben sein müssen erfahren Sie im Detail unter Nebenkostennachzahlung bei Bürgergeld.

Heizkostenguthaben

Ergibt sich aus der Heizkostenabrechnung ein Guthaben, muss das Jobcenter darüber informiert werden. Wurden die Heizkosten in voller Höhe vom Jobcenter übernommen, wird das Heizkostenguthaben im Monat nach der Auszahlung auf die Leistungen des Jobcenters angerechnet (§ 22 Abs. 3 SGB II).

Hat der Hilfebedürftige hingegen einen Teil der Heizkosten selbst aus dem Regelsatz bezahlt, ist dieser Anteil anrechnungsfrei.

Heizen mit Erdgas – Gastherme und Zentralheizung

Die Heizkosten für die Gastherme gehören zu den sogenannten warmen Betriebskosten und sind Teil der Nebenkosten, die im Mietvertrag aufgeführt sind. Sie werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen bezahlt, sofern die Kosten angemessen sind.

Regelmäßige Wartung

Die Gastherme muss regelmäßig gewartet und vom Schornsteinfeger überprüft werden. Die Wartung der Gas-Zentralheizung ist in den meisten Fällen Vermieter-Sache, die Kosten für die Wartung und Überprüfung der Gasetagenheizung müssen hingegen oft vom Mieter getragen werden.

Wenn die regelmäßige Wartung und eigenständige Kostenübernahme der Gasetagenheizung im Mietvertrag festgelegt und vorgeschrieben sind, müssen die Wartungskosten vom Jobcenter übernommen werden (Sozialgericht Augsburg – AZ: S 9 AS 271/07). Die Abrechnung der Wartungskosten erfolgt entweder über die Nebenkostenabrechnung oder direkt über den Gas-Versorger.

Mehr zum Thema Nebenkostenabrechnung finden Sie im Ratgeber auf mietrecht.de.

Heizen mit selbst beschafften Brennstoffen

Auch bei selbst beschafften Brennstoffen, wie beispielsweise Kohle oder Holz, muss das Jobcenter im angemessenen Rahmen für die Beheizung der Unterkunft aufkommen. Der Hilfebedürftige muss hierfür einen Antrag auf Brennstoffbeihilfe beim Jobcenter stellen.

Der jeweilige angemessene Bedarf wird vom Jobcenter individuell berechnet. Hinterher darf sich der Antragssteller entsprechendes Material für die bevorstehende Heizperiode besorgen.

Alles Wichtige zur Brennstoffbeihilfe und dem angemessenen Bedarf bei selbst beschafften Brennstoffen erfahren Sie unter Heizkosten bei selbst beschafften Brennstoffen – Brennstoffbeihilfe.

Heizen mit Strom

Wenn die Unterkunft des Hilfebedürftigen lediglich über eine Heizung verfügt, die mit Strom betrieben wird (Elektroheizung, Elektrospeicherheizung, elektrisch betriebene Bodenheizung, Nachtspeicheröfen etc.), besteht trotzdem Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen, angemessenen Heizkosten nach § 22 SGB II.

Damit das Jobcenter die Kosten für den Heizstrom und nicht auch die Kosten für den Haushaltsstrom (Waschmaschine, Kühlschrank, etc.) übernimmt, müssen die Kosten aber differenziert werden.

Alles Wichtige zum Thema „Heizen mit Strom“ erläutern wir Ihnen unter Strom bei Bürgergeld.

Titelbild: Christian Horz / shutterstock.com

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