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Bürgergeld Urteil: Jobcenter muss unter Umständen Autoreparatur bezahlen

Reparatur Auto in Werkstatt Hebebühne

Viele Bürgergeld Bedürftige arbeiten und stocken auf, um über die Runden zu kommen. Ohne Auto wären sie oft aufgeschmissen. Doch wer kommt für die Reparatur auf? Jobcenter machen es sich diesbezüglich gerne einfach und verweisen auf die Möglichkeit, für den Fall der Fälle zu sparen. Das Sozialgericht Mainz fordert indes mehr Weitsicht seitens der Behörde. Denn der Verlust des Autos kommt schnell dem Verlust der Arbeit gleich – und damit weitaus höheren Kosten für den Staat.

Für Arbeit auf Auto angewiesen

Der vorliegende Fall aus dem Jahr 2018 ist schnell umrissen. Die Klägerin arbeitet bei zwei Stellen als Reinigungskraft. Da das Geld nicht reicht, sind sie und ihr Mann auf Hartz IV (heute Bürgergeld) angewiesen. Den Weg zu ihren Arbeitgebern bestreitet die Frau mit dem Auto, das auf ihren Mann zugelassen ist. Während das Amt 2017 bereits die Übernahme von notwendigen Reparaturkosten in Höhe von 572,89 Euro als Zuschuss bewilligte, lehnte es eine weitere Übernahme der Kosten in Höhe von 585,93 Euro – unter anderem für die Hauptuntersuchung – im Juli 2018 ab.

Frau hätte sparen können

Begründet wurde die Absage damit, dass der Wagen aufgrund des Verschleißes ohnehin keinen TÜV mehr erhalte und die Reparatur unwirtschaftlich sei. Allein schon aufgrund des Alters des Fahrzeugs seien die nötigen Reparaturen absehbar gewesen und hätten Rücklagen – unter Anderem aus den Freibeträgen beim Einkommen von 100 Euro monatlich – gebildet werden müssen. Schließlich obliege die Instandhaltung dem Fahrzeughalter. Das Jobcenter wertete die Kostenübernahme weder als notwendig noch als zweckmäßig.

Side Fact: Der Bürgergeld Regelsatz sieht bei einem Single 50,50 Euro für den Bereich Verkehr vor – unter anderem für das eigene Auto. Davon müssen allerdings auch Sprit & Co. bezahlt werden. Somit bleibt nur wenig Geld übrig, um für Vorsorge für Reparaturen zu betreiben.

Ohne Fahrzeug kein Einkommen

Der Fall landete vor dem Sozialgericht Mainz. Die Frau monierte, dass sie ohne Auto nicht arbeiten könne und der Regelsatz die Kosten für die Reparatur nicht decke. Sie habe auch keine Möglichkeit gehabt, den entsprechenden Betrag zu sparen. Entscheidend dabei ist, so die Richter, der erste Punkt: der Job.

Amt muss Hilfebedürftigkeit vermeiden

Das Amt müsse Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erbringen, sofern die Hilfebedürftigkeit damit vermieden, beendet oder verkürzt werden könne – dieser Anspruch ergibt sich aus § 16f Abs 1. SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 SGB II. Die Entscheidung darüber falle aufgrund einer Prognose. Sind die Chancen besser als vorher, müssten die entsprechenden Leistungen erbracht werden. Das treffe im Fall der Bürgergeld Bedürftigen zu. Denn ohne Auto könnte sie nicht weiter als Reinigungskraft arbeiten. Und da sie einen zumutbaren Job nicht mit der Begründung ablehnen dürfe, sie habe kein Auto, könne auch das Jobcenter die Förderung nicht einfach verweigern.

Job spart Sozialleistungen

Das Amt habe sich nur darauf fokussiert, dass die Reparatur unwirtschaftlich sei und die Bürgergeld Bedürftige hätte sparen können. Dabei habe man übersehen, dass die Frau für ihre Berufstätigkeit auf das Auto angewiesen sei, und es ebenfalls unterlassen, Alternativen aufzuzeigen. Konkret hätte das Jobcenter die Reparaturkosten der Ersparnis bei den Sozialleistungen gegenüberstellen müssen. Daher sei die Ablehnung rechtswidrig.

Der Fall, in dem der DGB Rechtsschutz Bad Kreuznach aktiv war, wurde nur vor dem Sozialgericht verhandelt. Das Urteil (Az.: S 10 AS 654/18 vom 26.11.2020) ist für andere Jobcenter oder andere ähnlich gelagerte Fälle nicht bindend, sondern lediglich als Beispiel im Rahmen eines Antrags oder Widerspruchs nutzbar.

Bild: guruXOX/ shutterstock

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