Auch Bürgergeld Bedürftige dürfen ein angemessenes Auto (Kraftfahrzeug) besitzen, sofern es angemessen ist, ohne dass es als Vermögen berücksichtigt wird und die Leistungen mindert. Mit Einführung des Bürgergeldes wurde die Angemessenheitsgrenze für jedes erwerbsfähige Mitglied der Bedarfsgemeinschaft auf 15.000 Euro pro Fahrzeug erhöht.
Die Euphorie über den höheren Freibetrag hält sich allerdings in Grenzen, denn Bürgergeld Bedürftige, die bereits (seit Längerem) im Bezug stehen, können sich ein Fahrzeug nicht leisten, nicht einmal als Aufstocker. Diese Regelung ist daher vielmehr für Hilfebedürftige gedacht, die „neu“ in das Bürgergeld „reinrutschen“, um nicht sofort alles verwerten zu müssen.
Hinweis: Zwar dürfen Hilfebedürftige zum Erhalt der Mobilität zur Arbeitsaufnahme ein Auto besitzen, im Bürgergeld Regelsatz ist jedoch kein Bedarf speziell für den Kauf sowie die laufenden Kosten eines Autos (Versicherung, Steuer, Reparatur etc.) vorgesehen. Kosten können nur geltend gemacht werden, wenn diese beruflich veranlasst sind. In diesem Fall können diese als Werbungskosten (oder Betriebsausgaben) bei der Einkommensanrechnung als Aufstocker beim Bürgergeld in sehr eng gestecktem Rahmen geltend gemacht werden.
Inhaltsverzeichnis
Wie teuer darf ein Auto bei Bürgergeld sein?
Mit dem Übergang von Hartz IV zum Bürgergeld im Jahreswechsel 2022 / 2023 wurden die Angemessenheitsgrenzen für ein Auto beim Bezug der Grundsicherung erhöht:
- 15.000 Euro mit Bürgergeld
- 7.500 Euro bis 2022 (Hartz IV)
Im Vergleich zum Hartz IV bis 2022 wurde der Wert für ein angemessenes Auto für jedes erwerbsfähige Mitglied der Bedarfsgemeinschaft beim Bürgergeld auf 15.000 Euro verdoppelt.
Wichtig: So lange sich das Auto innerhalb der Angemessenheitsgrenze befindet, wird es nicht zum übrigen Vermögen gezählt, kann also neben dem Schonvermögen behalten werden. Dabei muss man berücksichtigen, dass es sich bei diesen 15.000 Euro um einen Freibetrag handelt, denn nur Beträge darüber hinaus reduzieren den Vermögensfreibetrag bzw. das Schonvermögen.
Freibetrag steht nicht im Gesetz
Fachliche Hinweise der Arbeitsagentur
Nach wie vor ist dieser Betrag allerdings nicht im Gesetz zu finden ebenso nicht in der Bürgergeld-Verordnung. Bereits die 7.500 Euro aus Hartz IV Zeiten bis 2022 basierten auf einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (B 14/7b AS 66/06 R vom 06.09.2007). Die 15.000 Euro Angemessenheitsgrenze findet sich allerdings in den Fachlichen Hinweisen der Arbeitsagentur zu § 12 SGB II, in der es heißt:
Ist ein Verkaufserlös abzüglich ggf. noch bestehender Kreditverbindlichkeiten von maximal 15.000,00 EUR erreichbar, ist von Angemessenheit auszugehen.
Anlage VM (Selbstauskunft zum Vermögen)
Die Fachlichen Hinweise verweisen dabei auf die Anlage VM (Anlage zur Selbstauskunft/Feststellung der Vermögensverhältnisse der Bedarfsgemeinschaft) mit der Erklärung, dass die Angemessenheit vermutet wird, wenn der Antragsteller dies in der Anlage VM erklärt. Diese Angaben sind evtl. unter Punkt 4 der Anlage VM zu machen:
Die Anlage VM beim Bürgergeld muss man hier im Umkehrschluss betrachten. Erfolgt keine Angabe zu Autos oder Motorrädern, geht das Jobcenter davon aus, dass die Kraftfahrzeuge in der Bedarfsgemeinschaft angemessen sind. Angaben müssen nur gemacht werden, wenn der Wert von 15.000 Euro (nach Abzug aller Kredite) für ein Mitglied der BG überschritten wird. Werden Angaben zum Auto gemacht, weil der Wert überschritten ist, muss auch der Name der Person in der Bedarfsgemeinschaft genannt werden.
Freibetrag für Auto nicht übertragbar
Hintergrund ist, dass der Freibetrag von 15.000 Euro je erwerbsfähiges Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gilt. Anders als bei den Freibeträgen auf das Schonvermögen, die innerhalb der Bedarfsgemeinschaft übertragen werden können, geht dies bei einem Auto nicht.
Zwei Personen in der Bedarfsgemeinschaft können zwei Autos mit jeweils einem Wert von 15.000 Euro haben, was in der Summe 30.000 ergeben würde – es ist aber nicht möglich, dass zwei Personen in der Bedarfsgemeinschaft nur ein Auto haben, das einen Wert von 30.000 Euro hätte.
Wie wird der Wert des Autos bestimmt?
Entscheidend ist der Wiederverkaufswert des Fahrzeugs, den eine Privatperson erzielen kann – nicht der Händlerverkaufswert, da die Händlerpreise meist höher ausfallen als jene von privaten Verkäufern, was auch teilweise mit der Haftung und Gewährleistungen etc. zu tun hat.
Früher bediente man sich der sog. Schwacke-Liste, die eine umfangreiche Datenbank angelegt hat, um relativ genau die Preise von Gebrauchtwagen zu ermitteln. Dieses Angebot können allerdings seit 2020 nur noch gewerbliche Kunden nutzen. Daher müssen Hilfebedürftige auf andere Alternativen ausweichen, um den Wert der Autos zu ermitteln.
Wir empfehlen Hilfebedürftigen, die feststellen müssen, was ihr Fahrzeug noch wert ist, in erster Linie die einschlägigen Kfz-Verkaufsportale wie Autoscout24 oder Mobile zu nutzen, da hier mit den Filtereinstellungen ein sehr guter Durchschnittspreis ermittelt werden kann.
Beweislast liegt beim Jobcenter
Sollte das Jobcenter Zweifel an der Bewertung haben, kann und muss es selbst Untersuchungen vornehmen und beispielsweise Wertgutachten für Fahrzeuge erstellen lassen – was erst Sinn bei sehr hochpreisigen Autos macht. Die Beweislast liegt hier beim Jobcenter. Auf keinen Fall sollten sich Bürgergeld-Bedürftige vom Jobcenter zwingen lassen, ein teures Wertgutachten über einen Kfz-Sachverständigen etc. erstellen zu lassen, dazu sind sie nicht verpflichtet.
Fahrzeug übersteigt 15.000 Euro Freibetrag
Auch wenn ein (oder mehrere Fahrzeuge) die Angemessenheit von 15.000 Euro übersteigen, ist damit der Bürgergeld Anspruch nicht zwangsläufig gefährdet, denn in nächster Instanz greift der Freibetrag für das Schonvermögen. Der übersteigende Betrag (über 15.000 Euro) wird dann vom Schonvermögen abgezogen.
Höhe des allgemeinen Schonvermögens
Im ersten Jahr des Bürgergeld Bezuges greift für ein Jahr – sog. Karenzzeit – ein Freibetrag für das Schonvermögen in Höhe von 40.000 Euro für den Antragsteller sowie jeweils 15.000 Euro für jedes weitere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Nach Ablauf der einjährigen Karenzzeit gelten 15.000 Euro je Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Eine vierköpfige Familie hätte also in der Karenzzeit einen Gesamtfreibetrag auf das Schonvermögen in Höhe von 85.000 Euro und nach Ablauf eines Jahres immer noch 60.000 Euro.
Hat nun eine vierköpfige Bedarfsgemeinschaft zum Zeitpunkt des Antrags auf Bürgergeld ein Fahrzeug im Wert von 23.000 Euro, beträgt der Überhang 8.000 Euro (23.000 – 15.000 Euro). Dieser Betrag würde nun das Schonvermögen mindern, so das im ersten Jahr noch ein restlicher Vermögensfreibetrag von 77.000 Euro und nach Ablauf eines Jahres 52.000 Euro übrigen blieben. Allerdings müsste das Fahrzeug nach Ablauf des Bewilligungszeitraums von einem Jahr bzw. bei einem Weiterbewilligungsantrag unter Berücksichtigung des Wertverlustes neu bewertet werden.
Nach aktuellen Informationen beträgt der Wertverlust bei Neuwagen durchschnittlich 25 Prozent im ersten Jahr. Bei Gebrauchtwagen etwa fünf bis sechs Prozent jährlich. Hier kommt es aber immer auf Model, Ausstattung, Laufleistung und allgemeinen Pflege- und Wartungszustand an.
Höherer Wert als 15.000 Euro möglich
Auch wenn der angemessene Freibetrag von 15.000 Euro überschritten wurde, muss dies nicht zwingend eine Anrechnung zur Folge haben, wie bmas.de angibt. Bei jedem Fahrzeug handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, bei dem auch das Jobcenter alle Umstände der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen hat. So können bspw. bei einer körperlichen Behinderung Umbauten am Fahrzeug vorgenommen worden sein, die den Verkaufswert erhöhen – das Auto aber dennoch als angemessen anzusehen ist. Ebenso beispielsweise bei größeren Bedarfsgemeinschaften mit Kindern, die in der Regel größere Fahrzeuge benötigen.
In der Vergangenheit – zu Zeiten von Hartz IV mit einem angemessenen Freibetrag von 7.500 Euro pro Auto – haben auch Sozialgerichte entschieden, dass ein Verkauf eines Autos dem Hilfebedürftigen nicht zuzumuten ist, wenn in Folge dessen ein günstigeres und qualitativ minderwertigeres Fahrzeug angeschafft werden muss, bei dem möglicherweise die Reparatur- und Wartungskosten höher wären. Aber wie bereits angeführt, handelt es sich um Einzelfallentscheidung, die nötigenfalls selbst im Widerspruchsverfahren und vor den Sozialgerichten erstritten werden müssen.
Sozialgericht: Jobcenter muss im Einzelfall Darlehen für Auto gewähren
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