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Noch mehr Druck beim Bürgergeld?

Unterdrückung von Bürgergeld Bedürftigen Finger zeigt auf Frau

Peitsche raus, immer fleißig auf die ärmsten der Gesellschaft einschlagen und schon sind alle Probleme gelöst. Das mag übertrieben klingen, ist letztlich aber der Weg, den die Union für fast alle Bürgergeldempfänger vorschlägt. Mehr Druck, dann wird das schon was mit dem neuen Job. Dass sich CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann damit auf dem Holzweg befindet, belegen gleich mehrere Studien – und irgendwie auch der gesunde Menschenverstand.

Kein bedingungsloses Grundeinkommen

Zunächst einmal verkennen alle Bürgergeld-Kritiker, dass es sich bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende eben nicht um ein bedingungsloses Grundeinkommen handelt. § 2 Absatz 1 SGB II betont:

„Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen.“

Fast jeder Job muss angenommen werden

Heißt: Wenn das Jobcenter einen Bürgergeldempfänger auffordert, einen bestimmten Job anzunehmen, dann muss dieser Job auch angenommen werden. Auf diesen Umstand weist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in seinen Bürgergeld-FAQ unmissverständlich hin. Bedingung: Die Arbeit muss zumutbar sein. Wann eine Arbeit zumutbar ist und wann nicht, erklärt § 10 des SGB II.

Leistungsminderung bis 30 Prozent

Wenn man sich weigert, einen solchen Job anzunehmen, dann passiert schon jetzt genau das, was die Union sich wünscht: Bürgergeld Bedürftige werden mit Leistungsminderungen von bis zu 30 Prozent bestraft – in Schritten von zehn Prozent bei der ersten Pflichtverletzung über 20 Prozent bei der zweiten bis zur „Höchststrafe“ von 30 Prozent. Höhere Sanktionen sind laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht erlaubt.

Druck und Sanktionen machen krank

Was die CDU dabei verkennt: Bürgergeld Sanktionen helfen nicht, Menschen in Arbeit zu bringen. Sie schüren laut Studien Ängste. Das macht krank und hilft niemandem. Ähnliches droht, wenn man Betroffene in Jobs steckt, für die sie gar nicht geeignet sind. Ein Maurer, der sich 30 Jahre lang den Rücken krumm und kaputt gearbeitet hat, wird nicht über Nacht zur Pflegefachkraft. Oder anders ausgedrückt: Wenn das Deckelchen nicht auf den Topf passt, steht man ganz schnell wieder auf der Straße und damit beim Jobcenter.

Fehlende Qualifikationen nachholen

Dabei geht es nicht darum, dass Bürgergeld Bedürftige nicht arbeiten wollen. Das ist ein Irrglaube, betont auch Professor Marcel Fratzscher, Präsident des DIW-Berlin (Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung). Die meisten würden liebend gerne einen Job annehmen, können aber nicht, wegen Krankheit, der Pflege Angehöriger oder aber fehlender Qualifikationen.

Blinder Aktionismus löst nicht den Fachkräftemangel

Der letzte Punkt ist entscheidend: Dem Personalmangel begegnet man nicht mit ungelernten Kräften. Dazu bedarf es gut ausgebildeter Mitarbeiter. Daher setzt das Bürgergeld gezielt auf Qualifikation. Dieses sehr junges Pflänzchen hatte bislang noch überhaupt keine Chance, sich zu beweisen – und wird es dank der Sparmaßnahmen auch sehr schwer haben.

Dass die gezielte Förderung Betroffener und die Investition in Weiterbildung, um Menschen für Jobs zu qualifizieren, für die sie brennen und auf die sich freuen, mehr Früchte trägt als blinder Aktionismus, sollte selbst Carsten Linnemann und der Union einleuchten.

Bild: Jirsak/ shutterstock.com