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Jobcenter fordert 14.000 Euro wegen verschwiegener LV zurück

Hände verstecken Geldscheine unter Matratze

Ehrlich währt am längsten. Wer dem Jobcenter eine Kapitallebensversicherung verschweigt, muss damit rechnen, dass die gezahlten Leistungen zurückgefordert werden. Diese Forderung kann dann auch deutlich über dem Wert der Versicherung liegen. Das bestätigte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in einem Fall, bei dem eine Frau 14.000 Euro Hartz IV (heute Bürgergeld) zurückzahlen musste.

Lügengerüst fällt in sich zusammen

Die Frau, Jahrgang 1958, hatte 2013 einen Antrag auf Hartz IV gestellt. Gleich zwei Kapitallebensversicherungen mit einem Gesamtwert von etwa 13.500 Euro blieben dabei unerwähnt, ebenso in Folgeanträgen. Das fiel aber erst im Jahr 2019 auf, als der Mann die Hälfte der gezahlten Versicherungsleistungen für sich beanspruchte. Der Aussage, sie habe nicht von den Policen gewusst, glaubten der Frau weder die Behörde noch die Gerichte, da sie regelmäßig Wertmitteilungen erhalten habe.

Daraufhin forderte das Jobcenter von der Bürgergeld Bedürftigen knapp 14.000 Euro zurück. Weil die Versicherungen den Freibetrag von 9.600 Euro überschritten, sei die Frau nicht hilfebedürftig gewesen und habe über ein Jahr Hartz IV Leistungen bezogen, obwohl sie keinen Anspruch darauf hatte.

Vermögen muss erst aufgebraucht werden

Gegen die Rückforderung zog die Bürgergeldempfängerin vor Gericht. Sie mahnte an, dass der Freibetrag nicht berücksichtigt worden sei und daher nur 4.000 Euro zurückgefordert werden dürften. Das Sozialgericht Lüneburg widersprach diesem Wunsch ebenso wie das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen.

Die Begründung: Übersteigt das verwertbare Vermögen die Freigrenze, muss es erst komplett verwertet werden. Oder anders ausgedrückt: Ein die Freibeträge übersteigendes Vermögen ist solange auf den Leistungsanspruch anzurechnen, bis es tatsächlich verbraucht ist. Erst danach bestehe ein Anrecht auf staatliche Leistungen. Gebe man wenig aus, lebe man länger von der Versicherung – da nicht von einem fiktiven Verbrauch ausgegangen werde.

Frau hätte vom Geld leben können

Die Richter des LSG machten in ihrem Urteil unmissverständlich deutlich, dass die Frau zu jedem Zeitpunkt des streitbefangenen Zeitraums von 1. Juni 2018 bis zum 10. Juli 2019 „ihren grundsicherungsrechtlichen Bedarf (…) jeweils für den gesamten Monat aus dem vorhandenen Vermögen bestreiten“ hätte können. Deshalb laufe der Hinweis auf die Vermögensanrechnung nur auf den Betrag oberhalb der Freigrenze ins Leere. Auch ein Vertrauensschutz bestehe nicht, da schon beim Antrag auf Hartz IV die Versicherungen verschwiegen worden waren.

Geschütztes Altersvorsorge-Vermögen

Hinweis: Nicht jede Altersvorsorge wird als Vermögen gewertet und auf den Leistungsanspruch angerechnet. Das gilt etwa für Rürup- und Riester-Renten sowie die betriebliche Altersvorsorge. Kapitallebensversicherungen hingegen, bei denen ein Kapitalwahlrecht besteht, fallen nicht unter diese Ausnahme – sie sind kein geschütztes Altersvorsorge-Vermögen. Das wäre nur der Fall, wenn man einen Verwertungsausschluss vereinbart und erst bei Renteneintritt auf das Vermögen zugreifen kann. Dafür gibt es einen Freibetrag von 750 Euro je Lebensjahr.

Verfahrensgang: S 30 AS 324/20 Sozialgericht Lüneburg; LSG, Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. April 2023, L 11 AS 221/22.

Titelbild: Martin Novak / shutterstock.com