Den Weiterbewilligungsantrag beim Jobcenter zu spät zu stellen, unterbricht den Anspruch auf Bürgergeld – kurzum: Man geht leer aus. Doch was gilt, wenn das Ende des Bewilligungszeitraums auf ein Wochenende fällt? Wann muss der Antrag spätestens gestellt werden? Mit dieser Frage hat sich das Hessische Landessozialgericht befasst, nachdem ein Bürgergeld Bedürftiger geklagt hatte, weil ihm die Leistung für einen Monat versagt blieb.
Leistung bis Ende Juni bewilligt
Der vermeintlich simple Fall: Dem 1960 geborenen Kläger wurde für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2021 Hartz IV (heute Bürgergeld) bewilligt. In dem Schreiben wurde unmissverständlich darauf hingewiesen, dass rechtzeitig vor Ablauf des Bewilligungszeitraums ein Weiterbewilligungsantrag gestellt werden muss.
Folgeantrag zu spät gestellt
Gestellt wurde der Folgeantrag schließlich am 1. August 2021, einem Sonntag. Die Begründung des Bürgergeld Bedürftigen: Er hatte sich am Freitag das Schlüsselbein gebrochen und konnte sich auch nicht an die Zugangsdaten für das Online-Portal erinnern. Einen Tag später informierte er das Jobcenter, dass es ihm jetzt doch gelungen sei, den Antrag online zu stellen, und bat darum, dass der Wiederholungsantrag auf Juli 2021 zurückwirkt. Dem entsprach das Amt nicht und bewilligte die Leistungen ab dem 1. August. Für Juli 2021 gab es kein Geld.
Bürgergeld Antrag bis zur letzten Minute fristgerecht möglich
Fristenregelung oder nicht?
Der Streit, ob das Vorgehen des Jobcenters zulässig ist, landete schließlich vor dem Sozialgericht Darmstadt und folgend beim hessischen Landessozialgericht. Dabei berief sich der Kläger darauf, dass der letzte Tag des Bewilligungszeitraums ein Samstag war. Gemäß § 26 SGB X würden die im Bürgerlichen Gesetzbuch definierten Fristen gelten. Demnach würde die Frist für den Antrag auf den nächstfolgenden Werktag fallen. Im vorliegenden Fall wäre das der 2. August 2021 gewesen.
Es gilt das Monatsprinzip
Dem widersprachen allerdings sowohl das Jobcenter, das Sozial- und das Landessozialgericht. Sie beriefen sich auf § 37 SGB II, konkret den zweiten Absatz. Demnach werden Leistungen „nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht“. Vielmehr wirke der Antrag auf den Ersten des Monats zurück. Weil der Antrag am 1. August gestellt worden sei, gelte er ab dem 1. August und nicht rückwirkend für Juli. Hier greife das Monatsprinzip bei der Bemessung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. „Damit würde sich eine Rückwirkung über eine Monatsgrenze, wie der Kläger sie geltend macht, (gerade) nicht vertragen“, heißt es im Urteil.
Bürgergeld rückwirkend beantragen – das müssen Sie wissen
Bürgergeld Gesetz definiert keine Frist
Entscheidend: Aus Sicht des LSG handelt es sich beim Ablauf des Bewilligungszeitraums nicht um eine gesetzliche oder behördlich gesetzte Frist, sondern lediglich um das Ende der Bewilligung. Daher könne sich der Bürgergeld Bedürftige nicht auf die Fristenregelung berufen. Der vom Kläger bemühte § 26 SGB X regle nur die Berechnung einer Frist, beinhalte aber nicht die Befugnis der Behörde, eine Frist zu setzen. Die Frage, bis wann der Antrag gestellt sein muss, sei über die spezifische Regelung des Sozialgesetzbuches (§ 37 SGB II Abs. 2 Satz 2) abschließend geregelt.
Antrag hätte eher gestellt werden können
Und selbst wenn es sich bei den Vorgaben von § 37 um eine gesetzliche Frist handeln würde, hätte der Bürgergeld Bedürftige keinen Anspruch auf rückwirkende Leistungen. Voraussetzung dafür wäre, dass die Frist ohne Verschulden versäumt worden sei. Der Kläger habe keine Gründe dafür genannt, „warum er zuvor an einer Antragstellung gehindert gewesen sein soll“.
Die Revision ist zulässig, damit das Bundessozialgericht klären kann, ob § 37 SGB II eine Fristenregelung darstellt oder nicht.
Verfahrensgang:
Hessisches Landessozialgericht: Az.: L 6 AS 305/23 vom 13.12.2023
Sozialgericht Darmstadt, Az.: S 1 AS 731/2 vom 21.07.2023
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