Zum Inhalt springen

Bürgergeld Klage wegen 10 Euro durch 3 Instanzen für Schulprojekt erfolgreich

Kind wird beim Schulprojekt Zirkuswoche geschminkt

Im vorliegenden Fall geht es um die Klage einer minderjährigen Klägerin – vertreten durch ihre Rechtsanwälte – auf Erstattung von 10 Euro, die für ihre Teilnahme an einer Zirkusprojektwoche der Schule angefallen sind. Das Jobcenter Oberspreewald-Lausitz hatte die Kostenübernahme abgelehnt, da es sich nach dessen Auffassung nicht um einen Schulausflug im Sinne des § 28 Abs. 2 SGB II handele.

In erster Instanz hatte das Sozialgericht Cottbus die Klage auf Kostenerstattung zunächst zugunsten der Klägerin bereits am 28.11.2019 entschieden. Doch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hob dieses Urteil in der Berufung mit Datum vom 05.04.2022 wieder auf und verneinte den Kostenerstattungsanspruch von 10 Euro. Es stützte sich dabei auf den Wortlaut des § 28 Abs. 2 SGB II und argumentierte, dass Aufwendungen, die in der Schule anfallen, nicht als Schulausflüge im Sinne der Regelung anzuerkennen seien.

Mit ihrer Revision vor dem Bundessozialgericht rügte die Klägerin eine Verletzung des § 28 Ab. 2 SGB II. Sie betonte das Ziel der Regelung, eine gleichberechtigte Teilhabe aller Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation. Die Klägerin argumentierte, dass die Projektwoche als Schulausflug betrachtet werden sollte, da dieser Bedarf im schulischen Kontext Teil des Existenzminimums von Kindern und Jugendlichen sei.

Entscheidung des Bundessozialgerichts

Der Revision wurde vom Bundessozialgericht stattgegeben und gleichzeitig ein Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber dem Jobcenter Oberspreewald-Lausitz zugesprochen. Die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach §§ 30 in Verbindung mit 28 Abs. 2 SGB II seien nach Überzeugung Deutschlands höchster Sozialrichter gegeben, da es sich um berechtigte Selbsthilfe handele. Die begehrte Leistung sei rechtzeitig beantragt, vom Jobcenter abgelehnt worden und die Klägerin sei in Vorleistung getreten.

Auslegung des Begriffs „Schulausflüge“

Das Bundessozialgericht erläuterte, dass der Begriff „Schulausflüge“ im SGB II nicht explizit definiert sei. Anders als bei mehrtägigen Klassenfahrten gebe es keine ausdrückliche Bezugnahme auf landesschulrechtliche Bestimmungen. Dem allgemeinen Sprachverständnis nach handele es sich bei einem Schulausflug um eine schulische Veranstaltung, die das Schulgelände verlasse und mit dem „Lernen an einem anderen Ort“ verbunden sei.

Ziel der Regelung

Ziel der Vorschrift sei, so das Bundessozialgericht in seiner Begründung, eine gleichberechtigte Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an Bildung zu ermöglichen. Es solle ihnen durch Leistungen nach § 28 SGB II ermöglicht werden, typische schulische Bedarfe ergänzend zu decken, da diese zum Existenzminimum gehören. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Veranstaltung außerhalb des Schulgeländes stattfinde, solange sie dem „Lernen an einem anderen Ort“ vergleichbar sei und von der Schule organisiert und verantwortet werde.

Ausschluss anderer Anspruchsgrundlagen:
Das Gericht stellte klar, dass schulische Bedarfe durch Leistungen nach § 28 SGB II abgedeckt werden sollten. Andere Anspruchsgrundlagen wie § 28 Abs. 7 SGB II (Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft) oder § 21 Abs. 6 SGB II (Mehrbedarfe) seien nicht anwendbar, da diese keine schulischen Bedarfe erfassen. Somit stellten die Richter klar, dass die Zirkusprojektwoche als Schulausflug im Sinne des § 28 Abs. 2 SGB II betrachtet werden kann und eine gleichberechtigte Teilhabe an Bildung gewährleistet sein sollte.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Cottbus, S 31 AS 1129/18, 28.11.2019
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, L 3 AS 39/20, 05.04.2022
Bundessozialgericht, B 7 AS 9/22 R, 08.03.3023

Bild: Mira Arnaudova/ shutterstock.com