Zum Inhalt springen

Für viele kommt das Bürgergeld zu spät

Ältere Frau zählt ihr weniges Geld

Mehr Geld einerseits und ein weitgehend neues Konzept andererseits prägen das Bürgergeld. Teil dieses Konzepts ist der Fokus auf Aus- und Weiterbildung, den viele Betroffene sich schon deutlich eher gewünscht hätten. Denn zu Zeiten von Hartz IV standen alle Zeichen auf Vermittlung – auch, um die Statistik zu schönen. Was das heißt, zeigt ein Beispiel von rbb24.

Das Beispiel einer Betroffenen

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg hat mit einer 59-Jährigen gesprochen. Die ehemalige Erzieherin ist chronisch krank. Schmerzfrei sei sie nur beim Gehen. Stehen falle ihr schwer und Bücken gehe gar nicht. Deshalb ist sie seit zwölf Jahren auf Grundsicherung angewiesen und hat seither einige Höhen und Tiefen im System erlebt.

Regelsatz bleibt zu niedrig

Als der Sender die 59-Jährige im Oktober 2021 zum ersten Mal besuchte, ging es noch um den Hartz IV Regelsatz. Inzwischen hat das Bürgergeld Einzug gehalten. Dadurch habe sich allerdings kaum etwas geändert: Zwar werde die Inflation berücksichtigt. Der Regelsatz sei aber mit 502 Euro nach wie vor zu niedrig, zumal die Kaufkraft immer weiter sinke.

Weiterbildung und Qualifizierung

Positiv wertet die Bürgergeldempfängerin die Tatsache, dass jetzt Weiterbildung und Qualifizierung Priorität haben. Nur leider komme diese Neuerung für sie zu spät. Sie hätte gerne eine Ausbildung zur Gebärdendolmetscherin gemacht.

„Das Amt wollte mir das aber nur als Teil einer Ausbildung zur Tourismusassistentin genehmigen“,

so Friederike B. im Gespräch mit dem Sender.

Viele sinnlose Angebote

Auch der Wunsch, als Bürokauffrau zu arbeiten, wurde ihr verwehrt. Die Alternativen des Jobcenters: Bewerbungstraining und Computerkursus. Die Bürgergeld Betroffene nennt es „sinnlose Angebote“ und sieht den Grund dafür im Generalverdacht, dass man als Bedürftiger „faul und dumm“ sei.

Malen statt Fortbildung

Diese Erfahrung haben viele gemacht. Statt auf die Wünsche und Fähigkeiten der Betroffenen einzugehen, schickte man sie zu Kursen – in denen dann zum Beispiel Mandalas ausgemalt oder Grundschulrechnungen gemacht wurden. Oder anders ausgedrückt: Für eine Integration in den Arbeitsmarkt waren viele Maßnahmen völlig ungeeignet.

Weiterbildungsgeld und Bürgergeld-Bonus

Das soll sich mit dem Bürgergeld ändern. Berufsausbildungen werden mit dem Weiterbildungsgeld (150 Euro pro Monat) gefördert und Maßnahmen für die nachhaltige Integration mit dem Bürgergeldbonus (75 Euro pro Monat). Für Friederike B. und viele andere kommt diese Änderung zu spät. Sie sind schlichtweg zu alt, um noch von den Maßnahmen profitieren zu können. Der 59-Jährigen hat das Jobcenter geraten, in Rente zu gehen. Problematisch daran ist allerdings, dass eine Frührente mit massiven Abschlägen verbunden ist, wodurch man auch nicht aus der Grundsicherung herauskommt.

Bild: Maria Symchych/ shutterstock.com