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CDU drängt auf schnellen Bürgergeld-Stopp für Ukrainer

Ukraine Flüchtlinge besteigen einen Bus an der Grenze Polen

Sie reisen direkt ins Bürgergeld ein – so beschreibt es CDU-Politiker Florian Oest nach einem Grenzbesuch. Der stark gestiegene Zuzug junger Männer aus der Ukraine, ausgelöst durch eine gelockerte Ausreiseregelung der Ukraine, sorgt für massiven politischen Druck in Berlin. Die Union fordert die schnelle Umsetzung des Koalitionsvertrags und den sofortigen Stopp des Bürgergelds für Neuankömmlinge. Ein entsprechender Referentenentwurf zum Leistungsrechtsanpassungsgesetz (Rechtskreiswechsel beim Bürgergeld) liegt seit dem 8. August 2025 vor und befindet sich in der Ressortabstimmung.

Bürgergeld-Stopp für Ukrainer – Gesetzentwurf steht

Der CDU-Abgeordnete für den Landkreis Görlitz, Florian Oest, formuliert seine Position in einer Veröffentlichung auf seiner Website und berichtet dabei von seinem gemeinsamen Besuch mit der Staatssekretärin des Bundesinnenministeriums, Daniela Ludwig (CSU), bei der Bundespolizei an der deutsch-polnischen Grenze in Görlitz.

Er warnt vor einem Magneteffekt: „Polen hat die Bedingungen für Ukrainer verschärft. Auch wir müssen handeln. Einen Sonderstatus für Ukrainer darf es in Deutschland nicht länger geben.“ Zugleich drängt er auf schnelle Arbeitsaufnahme: „Unterstützung für drei Monate ist ausreichend, um sich zu orientieren. Wer danach arbeitsfähig ist und nicht arbeitet, kann nicht dauerhaft auf unser Sozialsystem setzen.“ Ergänzend schilderte der Politiker gegenüber der Bild von seinen Eindrücken beim Ortsbesuch: Mehrfach hätten Kleinbusse mit Dutzenden jungen Männern die Grenze nach Deutschland überquert. Er betonte ausdrücklich, das sei legal. Zugleich kritisierte er, die jungen Männer reisten direkt ins Bürgergeld ein – das könne so nicht weitergehen.

Was die Debatte neu entfacht hat

Auslöser der neuen Entwicklung ist eine Entscheidung der ukrainischen Regierung in Kiew von Ende August 2025, Männern im Alter von 18 bis 22 Jahren wieder die Ausreise zu erlauben.

Polen ist das wichtigste Eintrittstor in die EU. Seit Ende August 2025 registriert die polnische Grenzschutzbehörde in zwei Monaten knapp 100.000 Einreisen ukrainischer Männer zwischen 18 und 22 Jahren – zuletzt rund 1.600 pro Tag, berichtet „The Telegraph„. Gezählt werden Grenzübertritte an der polnisch-ukrainischen Grenze, nicht zwingend einzigartige Personen; Mehrfachübertritte sind möglich. Die Zahl betrifft den EU-Einstieg über Polen und ist nicht gleichzusetzen mit Ankünften in Deutschland, zeigt aber die Dimension des Abwanderungseffekts.

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Nach den Grenzzahlen aus Polen richtet sich der Blick auf Deutschland. Auch hier bestätigen Regierungszahlen den Trend: Laut Bundesinnenministerium auf die sich die „Bild“ in ihrer Berichterstattung beruft, steigen die Ankünfte im Bundesgebiet deutlich:

  1. Die Zahl der wöchentlichen Ankünfte (speziell der jungen Männer) stieg von rund 100 auf 1.000.
  2. Die monatlichen Gesamtzahlen der Ankünfte aus der Ukraine stiegen von 7.961 im Mai auf fast 19.000 im September.

Da der Rechtskreiswechsel noch nicht gilt, haben Neuankömmlinge nach Registrierung grundsätzlich Anspruch auf Bürgergeld und werden nach Antragstellung beim Jobcenter ins SGB II übernommen. Arbeiten dürfen sie erst, wenn die Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG oder zumindest eine Fiktionsbescheinigung mit dem Vermerk „Erwerbstätigkeit gestattet“ ausstellt – in der Praxis oft erst nach einigen Tagen oder Wochen. In dieser Zwischenzeit sichern Leistungen den Lebensunterhalt. Genau diese Automatik ins SGB II will die Union beenden.

Datenlage bis Juli 2025 zeigt Ruhe vor dem Anstieg

Wie die Grafik auf Basis der BA-Statistiken zeigt, war die Zahl der ukrainischen Bürgergeld-Empfänger bis einschließlich Juli 2025 – dem letzten verfügbaren Datenmonat – bei beiden Geschlechtern leicht rückläufig.

Liniengrafik: Entwicklung der Bürgergeld-Empfänger aus der Ukraine in Deutschland 2023–2025, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Gesamtzahl.

Im Juli 2025 bezogen 272.730 ukrainische Männer Bürgergeld (Regelleistungen), im Januar 2025 waren es noch 285.390. Diese offizielle Datenlage dient nun als Referenzpunkt für die Entwicklung der kommenden Monate.

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Koalitionsvertrag vs. blockierte Umsetzung

Festgeschrieben ist die Linie im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD: Neuankömmlinge aus der Ukraine, die nach dem 1. April 2025 einreisen, sollen die niedrigeren Sätze des AsylbLG (441 Euro) statt Bürgergeld (563 Euro Regelsatz für Alleinstehende) erhalten. Für Einreisen zwischen dem 1. April und Inkrafttreten der Reform soll es eine Übergangsregelung geben.

Mit dem Wechsel würden statt Jobcentern die kommunalen Sozialämter zahlen – die Arbeitsvermittlung wäre nicht mehr automatisch im Jobcenter verankert.

Der Unterschied ist nicht nur finanzieller Natur: Im Bürgergeld-Bezug sind Empfänger regulär in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert. Im AsylbLG hingegen besteht – zumindest in den ersten 36 Monaten – nur ein eingeschränkter Anspruch auf medizinische Versorgung bei akuten Erkrankungen und Schmerzen.

Das Problem: Das zuständige Bundesarbeitsministerium (BMAS) blockiert die Umsetzung dieses Wechsels. Auf „Bild“-Anfrage räumte ein Sprecher von Ministerin Bärbel Bas (SPD) ein, dass der Entwurf sich „derzeit in der regierungsinternen Abstimmung“ befinde. Die Union wirft dem Ministerium nun vor, die Umsetzung zu verschleppen, während die Ankunftszahlen steigen.

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Zweifel an Einsparung und Integration

Die Verzögerung im Gesetzgebungsprozess liegt auch an fachlichen Zweifeln. Wie Focus Online berichtet, gibt es selbst innerhalb der CDU Bedenken. Praktiker warnen, dass die Betreuung durch die Jobcenter effektiver für die Arbeitsintegration sei als die Strukturen im AsylbLG, da Jobcenter einen schnelleren Zugang zu Arbeit sichern können.

Der Spiegel berichtete zudem unter Berufung auf den BMAS-Referentenentwurf, dass die Reform finanziell ein Nullsummenspiel sei. Für 2026 würden Einsparungen beim Bürgergeld (Bund) von rund 1,32 Milliarden Euro erwartet. Dem stünden jedoch geschätzte Mehrkosten für Leistungen nach dem AsylbLG (Länder/Kommunen) von 1,375 Milliarden Euro gegenüber.

Was das für Betroffene bedeutet

Die aktuelle Debatte zielt, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, nur auf Neuankömmlinge. Wer bereits Bürgergeld erhält und vor dem 1. April 2025 eingereist ist, bleibt nach jetzigem Stand im SGB II.

Die Befürchtung der Union ist nun, dass die BA-Statistiken (ab September/Oktober) – anders als der Trend bis Juli – bald die gemeldeten Anstiegszahlen widerspiegeln werden, wenn der Rechtskreiswechsel nicht schnell vollzogen wird.