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Referendare in Bürgergeld getrieben – Lehrermangel trifft auf Sommerarbeitslosigkeit

junger Lehrer im leeren Klassenraum vor Tafel

In vielen deutschen Bundesländern werden angehende Lehrer, die sich in der zweiten Phase ihrer Ausbildung nach dem Studium befinden, während der Sommerferien in die Arbeitslosigkeit geschickt. Dies ist die Erfahrung von David Hanke, einem Referendar am Paul-Klee-Gymnasium in Rottenburg. Trotz der Tatsache, dass er nach den Ferien wieder vor den Schülern stehen wird, um Deutsch und Geschichte zu unterrichten, muss er Bürgergeld beantragen.

„Man fällt quasi wieder aufs Existenzminimum zurück und muss sich im Zweifelsfall – weil es ja auch ein bisschen dauert, bis das Bürgergeld wirklich kommt – dann Geld irgendwo leihen“,

sagt er.

Tausende Betroffene und unterschiedliche Regelungen

Laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sind allein in Baden-Württemberg zwischen 4.000 und 5.000 Referendare von dieser Situation betroffen. Ihr Vertrag endet mit dem letzten Schultag und wird erst nach den Sommerferien wieder aufgenommen. Deutschlandweite Zahlen gibt es keine, da jedes Bundesland seine eigene Regelung hat. Eine Umfrage des Bundesverbandes der GEW unter den eigenen Landesverbänden ergab, dass es in Bayern, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein keine Gehaltslücke für Referendare gibt. In anderen Bundesländern gibt es kürzere Lücken als die sechs Wochen Sommerferien, in einigen sogar bis zu sechs Monate.

Lehrerverband kritisiert Bürgergeld-Abhängigkeit

Der deutsche Lehrerverband verurteilt die Praxis, dass Referendare mehr oder weniger lang auf Bürgergeld angewiesen sind.

„Wer an Werktagen und Wochenenden für ein Bundesland gearbeitet hat, ihm und seinen Kindern gedient hat, der hat die Bezahlung der Sommerferien verdient“,

so der Präsident des Lehrerverbandes Stefan Düll.

Lehrkräftemangel trifft auf Sommerarbeitslosigkeit

Trotz des dramatischen Lehrkräftemangels schicken Bundesländer wie Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen die frisch gebackenen Lehrerinnen und Lehrer zunächst in die Arbeitslosigkeit. „Wertschätzung sieht anders aus“, so der GEW-Bundesverband. Das Kultusministerium argumentiert, dass die Referendare nach den Sommerferien eine lebenslange Jobgarantie hätten, wenn sie ein gewisses Maß an örtlicher Flexibilität zeigen würden. Und weiter:

„Sie erhalten ein sehr attraktives Gehalt, eine private Krankenversicherung, Beihilfe, Familienzuschläge und eine Pension im Alter.“

Unbezahlte Arbeit und bürokratische Hürden

Die GEW Baden-Württemberg berechnet, dass es das Land rund acht bis zehn Millionen Euro kosten würde, den 4.000 bis 5.000 Referendaren ihr Gehalt über die Sommerferien zu bezahlen. Das sei weniger als ein Tausendstel des Kultushaushalts. Darüber hinaus müssen die Referendare oft unbezahlt im Sommer für die Schule arbeiten, um den Unterricht für das neue Schuljahr vorzubereiten.

Zusätzlich zu diesen Herausforderungen müssen die Referendare eine Vielzahl von Dokumenten ausfüllen und verschicken, um das Bürgergeld zu erhalten und ihren neuen Vertrag zu beginnen. David Hanke muss beispielsweise rund 120 Dokumente ausfüllen und mit Anhängen verschicken. Dies ist notwendig, da das Land alle Informationen über ihn neu benötigt, weil er nicht durchgängig beschäftigt wird. Sein alter Vertrag endet mit dem Schuljahr und sein neuer beginnt erst im neuen Schuljahr. Dieser bürokratische Aufwand ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch belastend für die angehenden Lehrkräfte.

David Hanke hofft, dass diese Praxis bald geändert wird, idealerweise schon für die nachfolgende Generation an Referendaren.

„Dass die nachher nicht so dastehen wie wir jetzt“,

so seinWunsch für die Zukunft.

Bild: Melinda Nagy/ shutterstock.com