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Erreichbarkeit – Urlaub bei Bürgergeld Bezug

Jeder Bürgergeld Leistungsbezieher hat die Möglichkeit, sich drei Wochen Urlaub zu nehmen – zusammenhängend oder verteilt aufs ganze Jahr. Die sogenannte Ortsabwesenheit muss jedoch im Vorfeld beim zuständigen Jobcenter beantragt und bewilligt werden, da ansonsten die komplette Streichung der Grundsicherung für den Zeitraum des Erholungsurlaubes droht.

Ortsabwesenheit vom Jobcenter – drei Wochen pro Jahr

Nach § 7 Abs. 4a SGB II haben erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen Urlaubsanspruch von 21 Kalendertagen (3 Wochen) pro Jahr.

Hinweis: Zu den Kalendertagen zählen auch Wochenenden und Feiertage.

Das Jobcenter muss einem Antrag auf Ortsabwesenheit zustimmen, sofern die Eingliederung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird und ein wichtiger Grund vorliegt. Darunter fallen:

  • Die Teilnahme an einer ärztlich verordneten Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation
  • Die Teilnahme an einer Veranstaltung, die staatspolitischen, kirchlichen oder gewerkschaftlichen Zwecken dient oder sonst im öffentlichen Interesse liegt
  • Die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit

Die Zustimmung kann vom Jobcenter auch erteilt werden, wenn kein wichtiger Grund vorliegt, die Eingliederung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird.

Ortsabwesenheit länger als drei Wochen

Bei einer Ortsabwesenheit über die drei Wochen hinaus werden Leistungen nur für drei Wochen ausgezahlt – für die restliche Zeit besteht kein Bürgergeld Anspruch. Sollte die Abwesenheit jedoch sechs Wochen überschreiten, entfällt der Anspruch bis zum Ende der Abwesenheit gänzlich, auch für die ersten drei Wochen. Dies bedeutet, dass alle Leistungen eingestellt werden, was sich auf Regelsatz, Mehrbedarfe, Unterkunftskosten etc. bezieht.

In Härtefällen, die aufgrund unvorhersehbarer und für den Arbeitssuchenden unvermeidbarer Ereignisse entstehen, kann das Jobcenter die dreiwöchige Frist tageweise – höchstens jedoch um drei Tage – verlängern. Als Ausnahmefälle werden angesehen:

  • Pilotenstreik
  • Unfall

Erkrankung am Urlaubsort

Erkrankungen am Urlaubsort werden nur als Härtefall gewertet, wenn der Leistungsempfänger nicht transportfähig ist.

Zustimmung des Jobcenters erforderlich

Jede Ortsabwesenheit muss im Vorfeld durch das Jobcenter schriftlich genehmigt werden. Dabei sollte der Antrag auf Ortsabwesenheit höchstens 14 Tage, mindestens aber 7 Tage vorher im Jobcenter eingereicht werden. 

Wird dem Antrag stattgegeben, besteht der Anspruch auf Leistungserhalt ganz normal weiter und es kommt zu keiner Kürzung der Grundsicherung, da keine Verletzung der Mitwirkungspflichten vorliegt.

Wenn sich jedoch vor der Ortsabwesenheit keine Zustimmung eingeholt wird oder das Jobcenter den Antrag nicht bewilligt, entfällt der Leistungsanspruch für den Zeitraum, in dem man den „zeit- und ortsnahmen Bereich“ verlässt.

Ausnahmen

Nur erwerbsfähigen Bürgergeld Empfängern können die Bezüge bei unerlaubter oder zu lang andauernder Ortsabwesenheit gekürzt bzw. gestrichen werden. Ausgenommen davon sind:

  • Kinder unter 15
  • Aufstocker, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen (Vollzeit/Teilzeit)
  • Vorübergehend Erwerbsunfähige
  • Alleinerziehende, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen können, weil sie ihre Kinder nicht anderweitig betreuen lassen können
  • Frauen im Mutterschutz
  • Schul-/Berufsschulpflichtige Kinder
  • Schüler, die auch nach Ablauf der Schulpflicht einen Schul- bzw. Berufsschulabschluss anstreben
  • Auszubildende

Urlaubsanspruch während einer Maßnahme / für Personen im Beschäftigungsverhältnis

Für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte, die ihren Lohn mit Bürgergeld aufstocken müssen oder für Personen in Eingliederungsmaßnahmen besteht der Urlaubsanspruch, wie dieser durch den Arbeitgeber/ den Träger der Maßnahme festgelegt wurde und nicht die drei Wochen, die das Jobcenter gewährt.

Der anstehende Urlaub ist dem Jobcenter dennoch mitzuteilen.

Rückmeldung

Für den Zeitraum der genehmigten Ortsabwesenheit vom Jobcenter ist der Bürgergeld Bedürftige von seinen Mitwirkungspflichten freigestellt. Nach der fristgerechten Rückkehr an den Heimatort muss er sich jedoch beim Jobcenter zurückmelden. 

Wichtig: Bürgergeld Sanktionen drohen nicht nur bei ungenehmigtem Fernbleiben oder bei zu langer Ortsabwesenheit, sondern auch, wenn die Rückmeldung beim Jobcenter verspätet oder gar nicht erfolgt.

Nach § 32 SGB II zieht jedes Meldeversäumnis Sanktionen von zehn Prozent des maßgeblichen Bürgergeld Regelsatzes nach sich – sofern kein wichtiger Grund vorliegt. Gründe, die ein Meldeversäumnis entschuldigen sind:

  • Vorstellungsgespräche
  • unvorhersehbare Ereignisse wie Ausfall der öffentlichen Verkehrsmittel
  • keine Freistellung durch Arbeitgeber – bei Aufstockern
  • Arbeitsunfähigkeit belegt durch ein Attest

Urteile zu diesem Thema

Urteil vom 28.04.2016 SG Heilbronn (Az.: S 11 R 4362/15): Das Gericht entschied zugunsten eines Leistungsempfängers, dessen Bezüge gekürzt wurden, weil in den Unterlagen des Jobcenters kein Vermerk über seine Rückmeldung vorhanden war. Aufgrund dieses vermeintlichen Meldeversäumnisses wurden seine Bezüge um 120 Euro gekürzt. Ein Freund, der ihn zum Empfangstresen des Jobcenters – wo er sich zurückmelden sollte – begleitet hatte, bestätigte allerdings seine fristgerechte Rückmeldung.

Erreichbarkeit-Anordnung

Die Erreichbarkeits-Anordnung oder auch EAO (vom 23. Oktober 1997 – letzte Änderung vom 26.09.2008 in Kraft getreten) ist eine Anordnung, die der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit (heute: Bundesagentur für Arbeit) mit Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung erlassen hat, um die Richtlinien zur Erreichbarkeit von Leistungsbeziehern zu definieren.

Grundsatz der EAO

In § 1 der EAO wird zuerst einmal der zugrunde liegende Begriff von Erreichbarkeit genauer definiert:

Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung kann derjenige zeit- und ortsnah Folge leisten, der unverzüglich in der Lage ist,

  1. Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen
  2. das Arbeitsamt aufzusuchen
  3. mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesem zusammenzutreffen
  4. eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen

Der Arbeitslose hat deshalb sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn der Arbeitslose die an einem Samstag oder an einem Tag vor einem gesetzlichen Feiertag eingehende Post erst am folgenden Sonn- bzw. Feiertag zur Kenntnis nehmen kann.

Aufenthalt im Nahbereich

In § 2 der EAO ist beschrieben, was unter einem Aufenthalt innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs zu verstehen ist:

So kann sich der Arbeitssuchende von seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort entfernen, wenn

  1. er dem Arbeitsamt rechtzeitig seine Anschrift für die Dauer der Abwesenheit mitgeteilt hat
  2. er auch an seinem vorübergehenden Aufenthaltsort in der Lage ist, dem Jobcenter, einem Arbeitgeber oder einer Eingliederungsmaßnahme unverzüglich zur Verfügung zu stehen
  3. er sich im Nahbereich des Arbeitsamtes aufhält (zum Nahbereich gehören alle Orte in der Umgebung des Jobcenters, von denen aus der Arbeitslose in der Lage wäre, das Jobcenter täglich ohne unzumutbaren Aufwand zu erreichen)

Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs

§ 3 der EAO befasst sich mit der Regelung zum Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs.

Um drei Wochen pro Kalenderjahr Urlaub machen zu können, ist es unabdingbar, dass sich der Leistungsempfänger im Voraus die Zustimmung des Jobcenters einholt. In den ersten drei Monaten einer Arbeitslosigkeit erteilt das Jobcenter diese Zustimmung jedoch nur in begründeten Ausnahmefällen. Zusätzlich wird einer Ortsabwesenheit nur stattgegeben, wenn durch die Zeit der Abwesenheit die berufliche Eingliederung eines Arbeitssuchenden nicht beeinträchtigt wird.

Anmerkung der Redaktion: Hierbei handelt es sich lediglich um eine auszugsweise Zusammenfassung der „Erreichbarkeits-Anordnung“.