Zum Inhalt springen

Sozialstaat versagt mit Bürgergeld beim Thema Armut

Armut als Massenphänomen und eine Politik, die nicht darauf reagiert. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Dr. Ulrich Schneider, wird nicht müde, auf diesen Missstand aufmerksam zu machen. In einem Interview mit dem Portal web.de warf er dem Sozial- und Verteilungsstaat angesichts von knapp 14 Millionen Armutsbetroffenen vor, auf ganzer Linie zu versagen. Auch das Bürgergeld helfe nicht, die Armut zu bekämpfen.

Das soziale Netz hängt zu tief

17 Prozent aller Menschen in Deutschland seien von Armut betroffen – ein Drittel Rentnerinnen und Rentner, ein Drittel Bürgergeld-Bedürftige und ein Drittel erwerbstätige Menschen. Und dank eines riesigen Niedriglohnsektor hätten viele Menschen zwar Arbeit, seien aber arm. Auch die Altersarmut wachse.

Für Dr. Ulrich Schneider steht daher fest: Das Netz der sozialen Sicherung hänge so tief, dass Betroffene arm blieben.

Reichtum wird nicht gleichmäßig verteilt

Deutschland werde zwar immer reicher, schaffe es aber nicht, den zunehmenden Reichtum gleichmäßiger zu verteilen. Das sei die Aufgabe der Sozialpolitik. Doch es passiere nicht genug. Kurzum: Sozial- und Verteilungsstaat versagen. Reiche würden reicher und Arme immer mehr.

Bürgergeld reicht nicht

Das macht der Chef des Paritätischen Gesamtverbandes am Beispiel Bürgergeld fest. Ein erwachsener Single erhalte einen Regelsatz von 502 Euro im Monat plus Wohnkosten, ein kleines Kind 318 Euro.

„Das reicht hinten und vorne nicht“,

so Dr. Ulrich Schneider im Interview. Aktuell profitierten vornehmlich Wohlhabende von Entlastungen. Das sorge für eine zunehmende Ungleichverteilung – auch, weil auf Steuererhöhungen für reiche Haushalte verzichtet werde.

Anpassung 2024 zu niedrig

Zwar hat die Bundesregierung nun eine Anhebung der Bürgergeld Regelsätze für 2024 bekanntgegeben – so soll der Eck-Regelsatz um etwa 12 Prozent auf 563 Euro steigen. Dennoch reichen die Regelsätze auch weiterhin nicht aus. Wie der Paritätische in eigenen Berechnungen ermittelt hat, müsste dieser bei 813 Euro für einen Alleinstehenden liegen, womit es immer noch bei einer monatlichen Unterdeckung von 250 Euro bleibt. Zudem komme die Anpassung erst zum neuen Jahr zu spät, die Menschen bräuchten das Geld jetzt.

Erhöhung 2024: Bürgergeld erst bei 813 Euro armutsfest

Gesellschaft fällt auseinander

Diese Armut bleibe nicht ohne Folgen.

„Die Gesellschaft fällt auseinander, weil immer mehr Menschen nicht mehr am normalen Leben teilhaben können“,

befürchtet Dr. Ulrich Schneider. Soziale Ängste nähmen zu, auch bei jenen, die gar nicht von Armut betroffen seien. Die Politik müsse endlich dafür sorgen, dass soziale Mindestleistungen wie das Bürgergeld auf ein Maß angehoben werden, die vor Armut schützen. Ferner spricht sich der Chef des Paritätischen Gesamtverbandes für eine Mindestrentenregelung und eine Bürgerrente aus, die alle einbezieht.