Eine der wichtigsten Errungenschaften des Bürgergelds hat ihm das Genick gebrochen: die Idee eines besseren Inflationsausgleichs. Dadurch wurde die Grundsicherung plötzlich als zu hoch empfunden und eine Debatte losgetreten, die sich direkt in den Plänen der neuen Regierung widerspiegelt. Doch ist die Grundsicherung tatsächlich zu hoch? Betroffene kennen die Antwort. Für alle anderen räumt ein Video des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt der Evangelisch-Lutherischen Kirche (kda) in Bayern mit dem Mythos Bürgergeld auf.
Mehr Härte mit der neuen Grundsicherung
Weg mit dem Bürgergeld. Das ist eine der elementaren Forderungen der Union. Die SPD hat diese Kröte geschluckt und im Koalitionsvertrag einer neuen Grundsicherung zugestimmt. Dabei war das Bürgergeld erst 2023 an den Start gegangen. Seinerzeit mit dem Ansatz, die Anpassung der Regelsätze dahingehend zu überarbeiten, dass die Teuerung nicht erst Jahre später, sondern so schnell wie möglich berücksichtigt wird. Dazu wurde ein zweiter Berechnungsschritt eingeführt.
1.050 Euro im Monat – so viel Bürgergeld zahlt das Jobcenter Alleinstehenden
Kein direkter Inflationsausgleich mehr
Der soll jetzt gestrichen werden. Warum? Weil das Bürgergeld aus Sicht von CDU/CSU und inzwischen auch Teilen der SPD dadurch zu stark gestiegen ist. Das war Wasser auf die Mühlen all jener, die Betroffene gerne als faul und Schmarotzer beschimpfen. Diesen immer lauter werdenden Protest haben die Parteien nur allzu gerne aufgegriffen und mit dem Versprechen, mehr Härte walten zu lassen, in Wählerstimmen umgemünzt. Dieses Taktieren um Regelsätze und Sanktionen hat die Gesellschaft immer weiter auseinanderdriften lassen.
Informieren mit kreativen Bildern
Ein Zustand, dem sich der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern entgegenstellt. Dazu wurde ein Trickfilm produziert, unterstützt von der Diakonie Deutschland, dem Evangelischen Verband Kirche – Wirtschaft – Arbeitswelt (KWA), der Nationalen Armutskonferenz (nak) und dem Armutsnetzwerk e.V. Der knapp dreiminütige Film mit dem Titel „Die Grundsicherung ist viel zu hoch! Oder?“ informiert darüber, wie sich der Regelsatz in Höhe von 563 Euro für einen Single zusammensetzt, wie hoch der Lohnabstand tatsächlich ist und wer überhaupt Grundsicherung bezieht.
Aufgabe des Staates
Damit übernimmt der kda Bayern eine Aufgabe, die damals die Ampel gehabt hätte: Besser über das Bürgergeld zu informieren. Stattdessen hat man nackte Zahlen auf den Tisch gelegt und damit Betroffene den Löwen zum Fraß vorgeworfen. Zwölf Prozent mehr Geld (die Anpassung von 2023 zu 2024) nicht sachlich zu erklären und aufzuschlüsseln, war einer der Kardinalfehler des damaligen Bundesarbeitsministers Hubertus Heil (SPD).
Neue Berechnung des Bürgergeld Regelsatzes bringt sozialen Rückschritt
Gesellschaft wird weiter gespalten
Darunter werden Bürgergeld Bedürftige künftig noch mehr leiden, wenn erst die neue Grundsicherung am Start ist. Doch damit ist niemandem geholfen, sagt der wissenschaftliche Referent des kda Bayern, Philip Büttner: „Das ständige Schlechtreden der Grundsicherung und ihrer Bezieher, löst keine Probleme, aber verschärft die gesellschaftliche Spaltung.“ Dabei geht völlig unter, dass es sich beim Bürgergeld schlichtweg um das Existenzminimum handelt. Dass man damit nur schwer über die Runden kommt und kein „Dolce Vita“ möglich ist, kann jeder selbst mit einem Spiel testen, auf das im Video verwiesen wird, das Bürgergeld-Bingo.