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Regierung muss bei Bürgergeld Weiterbildung nachsitzen

Schild am Zaun mit Aufschrift Fachkräfte gesucht

Nur, weil es sich gut anhört, in Gesetzesform gegossen und als Motto der Sozialreform ausgegeben wurde, muss es nicht funktionieren. Das Thema Weiterbildung beim Bürgergeld könnte zu einem dieser Brocken werden, an dem die Ampelkoalition und die Bundesagentur für Arbeit noch lange feilen müssen. Denn die jüngsten Daten belegen, dass die Zahl derer, die an einer Weiterbildung teilnehmen, stagniert. Damit sich daran etwas ändert, muss noch viel passieren.

Die Zahlen stagnieren

Die Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion offenbart schonungslos, wie es um das Ziel bestellt ist, das inländische Fachkräftepotenzial mittels beruflicher Weiterbildung zu heben. Dass in Corona-Zeiten ein Rückgang zu verzeichnen war, ist nachvollziehbar. Doch jetzt sollte der Zug langsam wieder Fahrt aufnehmen. Sonst verfehlt die Regierung ihre Ziele und muss vielleicht sogar nachsitzen.

Rückgang auch im Bereich des ALG I

Die Zahlen: Im Jahr 2019 begannen 135.279 Menschen, die seinerzeit auf Hartz IV, heute auf das Bürgergeld angewiesen sind, eine Weiterbildung. Ein Jahr darauf sank der Wert auf 98.802. In 2021 waren es 100.123 und in der Zeit von Januar bis Oktober 2022 lediglich 80.334. Ähnlich verhält es sich bei Personen, die Arbeitslosengeld I beziehen. Hier waren es 133.470, dann 122.051, 110.73 und im vorigen Jahr bis Oktober nur noch 83.904, die mit einer Weiterbildung starteten.

Daten seien nicht aussagekräftig

Besonders wichtig wäre eine berufliche Weiterbildung für alle, die keine abgeschlossene Ausbildung haben. Doch auch in diesem Personenkreis geht es nicht voran. Von 135.363 im Jahr 2019 sackte der Wert coronabedingt auf 108.003, später auf 107.912 und im vorigen Jahr auf 90.750. Die Zahlen seien, betont das Bundesministerium für Arbeit, aufgrund der Pandemie nicht aussagekräftig.

Benachteiligte Gruppen werden abgehängt

Für Jessica Tatti, die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, haben die Daten durchaus eine Botschaft.

„Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass diese benachteiligten Gruppen in den letzten Jahren noch weiter abgehängt wurden“,

sagt sie. Daran hätten auch die letzten Gesetze – gemeint ist wohl das Bürgergeldgesetz – nichts geändert.

Forderung: bessere Finanzierung

Nötig sei eine bessere Finanzierung für Weiterbildungsprogramme. Statt billige Fachkräfte aus dem Ausland zu holen, wäre es sinnvoller, gezielt Geld in Aus- und Weiterbildung zu investieren. Das ist so auch geplant: mit dem Weiterbildungsgeld (150 Euro monatlich) und dem Bürgergeldbonus (75 Euro monatlich). Das Weiterbildungsgeld soll für abschlussbezogene Maßnahmen gewährt werden, der Bonus für berufsbezogene Weiterbildung über mindestens acht Wochen.

Änderungen greifen erst ab Juli 2023

Diese Neuregelungen greifen jedoch erst ab dem 1. Juli 2023 und gehen Hand in Hand mit dem Verzicht auf den Vermittlungsvorrang. Das heißt: Statt Bürgergeld Empfänger in irgendeinen Job zu vermitteln, hat Weiterbildung künftig Vorfahrt. Fraglich ist, wie man damit kranken oder älteren Betroffenen hilft, ob ausreichend Mittel und Möglichkeiten zur Qualifizierung vorhanden sind und ob auch die Arbeitgeber und Jobcenter mitspielen. Viele Unbekannte also.

Bild: Heiko Kueverling/ shutterstock.com