Das zehn Jahre gültige Dokument kostet 37 Euro und für Personen unter 24 Jahren 22,80 Euro – zuzüglich Kosten für Passbilder, die im Schnitt noch einmal mit 10 Euro zu Buche schlagen. Knapp 40 Cent im Monat sorgen allerdings dafür, dass Bürgergeld-Empfänger nicht als bedürftig gelten – zumindest nicht im Hinblick auf die Kosten für einen Personalausweis. Die entsprechende Gebührenverordnung sieht eine Ermäßigung bei Bedürftigkeit vor. Personen im Bürgergeld-Bezug dürfen sich allerdings nicht auf diesen Passus berufen – weil die Ausweisgebühren im Regelsatz berücksichtigt werden.
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Ein Personalausweis ist Pflicht
Ein Personalausweis ist unverzichtbar. Ob man nun ein Konto eröffnen oder die Dienste von jobcenter.digital in Anspruch nehmen möchte: Ohne Ausweis kommt man nicht weit. Generell gilt, so das Bundesinnenministerium: „Jeder Bundesbürger muss ab Vollendung des 16. Lebensjahres einen amtlichen Identitätsnachweis besitzen.“ Dies kann ein Personalausweis oder ein Reisepass sein.
Studie zeigt: Bürgergeld reicht nicht für das Nötigste
Gebührenermäßigung möglich
Kostenlos gibt es das amtliche Dokument nicht. Die Gebühren werden über die Personalausweis- und eID-Karten-Gebührenverordnung, kurz PauswGebV, definiert. §1 listet jedoch nicht nur die Kosten auf, sondern erklärt in Absatz 6 auch, dass die Gebühr ermäßigt werden kann, wenn die Person bedürftig ist. Regelmäßig erhalten Bürgergeld Bedürftige aber Absagen zum Antrag auf die Absenkung der Gebühren, da sie nicht in diesem Sinne als bedürftig gelten.
0,40 Euro im Regelsatz für Personalausweis
Die Absagen basieren auf dem Umstand, dass die Gebühren im Regelbedarfsermittlungsgesetz als regelbedarfsgerechte Verbrauchsausgaben in Abteilung 12 unter der laufenden Nr. 82, Code 1270900 (Sonstige Dienstleistungen, nicht genannte) bereits im Regelbedarf eingepreist sind. Aktuell sind es dank der regelmäßigen Fortschreibung rund 0,40 Euro sein, die man Monat für Monat zur Seite legen soll, um sich alle zehn Jahre einen neuen Personalausweis leisten zu können. Diese 40 Cent stehen der Bedürftigkeit entgegen – eigentlich. Denn trotzdem kann man bedürftig sein, sofern Härtegründe vorliegen.
Eine Frage der Auslegung
Klingt kompliziert, ist es auch. Maßgeblich sind hierbei die Definition von Bedürftigkeit und der Grundgedanke hinter dem Regelbedarf. Das geht aus einem zugegebenermaßen älteren Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hervor (OVG 5 B 3.16 vom 23. November 2017). Seinerzeit ging es ebenfalls um eine Ermäßigung der Personalausweisgebühr.
Unterschiedliche Auslegungen
Dazu sezierten die Richter zunächst den Begriff „bedürftig“, für den es in den unterschiedlichen Regelwerken hinsichtlich des Existenzminimums keine einheitliche Definition gibt. Der Begriff der Hilfebedürftigkeit im Sinne des Sozialhilferechts müsse daher klar von der Begriffsdefinition in der Begründung zur Gebührenverordnung abgegrenzt werden.
Keine Regel ohne Ausnahme
Laut Gesetzesbegründung kann die Gebührenbefreiung (oder Ermäßigung) entfallen, wenn die Kosten durch Sozialleistungen abgedeckt werden. Daher sind Bürgergeld Empfänger im Sinne der Personalausweisgebührenverordnung nicht pauschal bedürftig. Das hatte auch die Bundesregierung 2011 auf eine schriftliche Anfrage hin erklärt. Da die Ausweisgebühren in die Berechnung der Regelsätze einfließen, sei eine Ermäßigung oder Befreiung nicht mehr zwingend gegeben, aber auch nicht zwingend ausgeschlossen.
Wirtschaftliche Vorausplanung
Dabei spielt die Tatsache, dass der Regelsatz als monatliches Budget in Form einer Pauschale gewährt wird, eine entscheidende Rolle. Denn: Leistungsempfänger seien verpflichtet, auch unregelmäßige Ausgaben wie den Ausweis zu berücksichtigen und angesparte Mittel für einen gerade entstandenen konkreten Bedarf einzusetzen.
Wie das Bürgergeld Bedürftige zu absurdem Sparen zwingt
Kurzum: Bürgergeld Bedürftige müssen in wirtschaftlicher Vorausplanung entscheiden, für welchen nicht laufend anfallenden Bedarf sie den Ansparbetrag zur Seite legen. Das gelte auch für die rund 40 Cent für den Ausweis. Dabei seien einzelne Positionen aus dem Warenkorb nicht nur austauschbar, sondern auch austauschpflichtig. Für den Ausweis an sich gelte: Aufgrund der normierten Gültigkeitsdauer von zehn Jahren seien die Ausgaben planbar und vorhersehbar.
Wann gilt man als bedürftig?
Um nun dennoch als bedürftig zu gelten, müssen Härtegründe vorgebracht werden. Denkbar wäre es, wenn im selben Monat oder im Zeitraum davor bereits hohe und unplanbare Ausgaben angefallen sind, die dazu führen, dass man – trotz Bürgergeld – nicht mehr finanziell in der Lage ist, sich selbst zu versorgen bzw. das vom Gesetzgeber definierte Existenzminimum nicht mehr gewahrt sei.
Letztlich bleibt es eine Ermessenssache – mit wenig Aussicht auf Erfolg. Dank 40 Cent, die man in den vergangenen Monaten aufgrund der Austauschpflicht wohl eher in Grundnahrungsmittel oder Strom investiert hat. Denn diese Ausgaben sind über den Regelbedarf nach wie vor nicht zu 100 Prozent gedeckt.