Zahlen Mieter über einen längeren Zeitraum ihre Miete nicht, stellt dies einen Grund für eine fristlose Kündigung der Wohnung dar. Für Bürgergeld Empfänger ist es oft nicht einfach, im Nachhinein für nicht gezahlte Mieten aufzukommen. Muss das Jobcenter in diesen Fällen die Mietschulden begleichen?
Mietschulden bei Bürgergeld: Wie kommt es dazu?
Auch Bürgergeld Bedürftige können in die Lage kommen, dass Mietschulden entstehen. Die Vorgaben zur Angemessenheit für Wohnungsgröße und Mietpreis des Jobcenters sind oft nicht realistisch, wodurch Bedürftige häufig den „nicht angemessenen Teil“ der Kosten der Unterkunft und Heizung selbst aus dem Bürgergeld Regelsatz leisten müssen. Der ohnehin schon knapp bemessene Regelsatz reicht dann kaum noch zum Leben – die Schuldenfalle schnappt zu.
Da die Jobcenter den Betrag für Miete und Nebenkosten im Regelfall nicht an den Vermieter sondern an die Bürgergeld Bedürftigen auszahlen, kann es passieren, dass Betroffene in Notlagen diese Gelder für notwendige Ausgaben anstatt der Kosten für Unterkunft und Heizung einsetzen mit der Folge, dass ein Mietrückstand entsteht. Ist beispielsweise die Waschmaschine plötzlich defekt, lässt sich ein Ersatz nicht einfach vom Regelsatz bezahlen (buergergeld.org berichtete) und Hilfe vom Jobcenter gibt es hier nur in Ausnahmefällen. Die Konsequenz: Es bleibt kein Geld übrig, um die Miete zu zahlen womit die Mietschulden immer größer werden.
In seltenen Fällen kann es auch passieren, dass die Mietzahlung des Jobcenters gar nicht oder nicht rechtzeitig bei den betroffenen Bedürftigen ankommen – beispielsweise wenn die Antragsunterlagen nicht rechtzeitig bearbeitet wurden oder nicht vollständig sind. Hier muss das Jobcenter aber alle Mietkosten ab dem Monat der Antragstellung nachzahlen, sofern Leistungen bewilligt werden und die Kosten der Unterkunft angemessen sind.
Mietschulden können zur fristlosen Kündigung führen
Ist der Mieter mit der Zahlung von zwei aufeinanderfolgenden Mieten in Verzug, darf der Vermieter die fristlose Kündigung aussprechen. Diese Regelung gilt auch, wenn die Miete über einen längeren Zeitraum nicht voll bzw. nur in Teilen entrichtet wird. Erreicht der Betrag der nicht getätigten Mietzahlungen die Höhe von 2 Monatsmieten, droht auch dann die fristlose Kündigung aufgrund von Mietschulden (mietrecht.de).
Muss das Jobcenter Mietschulden zahlen?
Bürgergeld Bedürftige im Mietrückstand können einen Antrag auf Übernahme der Schulden beim Jobcenter stellen. Das Jobcenter gewährt Bedürftigen bei Mietschulden allerdings ausschließlich ein Darlehen, um die Schulden zu bezahlen. Gesetzliche Grundlage bildet dabei § 22 Abs. 8 SGB II zu Bedarfen für Unterkunft und Heizung, dort heißt es:
„Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.“
Darlehen vom Jobcenter bei Mietschulden
Das Jobcenter übernimmt zwar die Schulden beim Vermieter, allerdings in der betroffene Mieter dadurch nicht schuldenfrei – vielmehr werden durch das neue zinslose Darlehen neue Schulden gemacht, um die Mietschulden zu zahlen.
Rückzahlung des Darlehens für Mietschulden
Das zinslose Darlehen wird dann monatlich abgezahlt, indem das Jobcenter jeden Monat 5 Prozent des Regelsatzes als Tilgung ein – aktuell also 28,15 € monatlich bei einem alleinstehenden Erwachsenen – bis das Darlehen abgezahlt ist. In dieser Zeit fehlt den Betroffenen dann aber dieser Betrag für die Lebensführung.
Voraussetzungen für das Darlehen
Das Jobcenter gewährt das Darlehen zur Tilgung der Mietschulden nur unter diesen Voraussetzungen:
- Darlehen dient der Sicherung der Unterkunft
- Schuldner droht die Wohnungslosigkeit oder ähnliche Notlage (Nachweis über Räumungsklage oder Mietrückstand)
- Es bestehen keine eigenen Mittel (Einkommen oder Vermögen), mit denen die Schulden getilgt werden könnten
Außerdem gelten die folgenden Richtlinien:
- Der Wohnraum, den es durch das Darlehen zu sichern gilt, muss angemessen sein (Bei positiver Prognose für die Zukunft können auch Mietschulden für eine unangemessen teure Wohnung übernommen werden, siehe S 128 AS 2711/23 ER)
- Mietschulden sind nicht auf Grund sozialwidrigen Verhaltens entstanden, etwa durch Zweckenentfremdung der Mietzahlungen des Jobcenters (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 13.03.2013, Az. L 2 AS 842/13 ER-B )
Wichtig: Das Jobcenter muss laut Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (27.02.2020, Az.: L 3 AS 520/20 ER-B) kein Darlehen zur Tilgung von Mietschulden bei Kündigung gewähren. In diesem Fall würde das Darlehen nicht mehr der Sicherung der Unterkunft dienen, da diese bereits gekündigt wurde.
Jobcenter-Darlehen bei Mietschulden: Fazit
Das Jobcenter hat letzten Endes viel Handlungsspielraum bezüglich der Gewährung eines Darlehens zur Tilgung von Mietschulden. Zwar müssen Darlehen gemäß in Notlagen gewährt werden, allerdings entscheidet das Jobcenter dabei über die zugrundeliegende Notwendigkeit. Können Betroffene dem Jobcenter allerdings glaubhaft machen, dass andernfalls die Wohnungslosigkeit oder besondere Notsituationen drohen, stehen die Chance für eine Bewilligung des Darlehens gut. Hierbei empfiehlt sich die Vorlage der Räumungsklage oder eines Nachweises über den Zahlungsverzug.
Wissenswert: Um Mietschulden grundsätzlich zu vermeiden, könnte das Jobcenter die Miete für die Bedarfsgemeinschaft direkt an den Vermieter überweisen. Dies wird das Jobcenter i. d. R. auch tun, wenn es bereits ein Darlehen zur Deckung von Mietschulden geleistet hat.
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