Erwerbsminderungsrente und Grundsicherung bei Erwerbsminderung sind finanzielle Hilfen für Menschen, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr (voll) arbeiten können. Obwohl beide Leistungen ähnlich klingen, unterscheiden sie sich in ihren Voraussetzungen, Trägern und Berechnungsgrundlagen. Dieser Artikel erläutert die Unterschiede.
Erwerbsminderungsrente – Voraussetzungen und Antrag
Die Erwerbsminderungsrente ist eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung für Personen, die aufgrund gesundheitlicher Probleme wie Krankheit oder Unfall nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten können. Anspruchsberechtigt sind Personen, die mindestens fünf Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge geleistet haben.
Die Deutsche Rentenversicherung unterscheidet zwei Stufen:
- Volle Erwerbsminderung – wenn Betroffene dauerhaft weniger als drei Stunden täglich arbeiten können,
- Teilweise Erwerbsminderung – wenn sie noch drei bis sechs Stunden täglich arbeiten können
Der Antrag erfolgt mit dem Formular G0100 (Vordruck der DRV). Ein ärztliches Gutachten ist obligatorisch.
Rentenwert & Durchschnittsrente
Zum 1. Juli 2025 steigen alle Renten um 3,74 Prozent. Der aktuelle Rentenwert erhöht sich von 39,32 Euro auf 40,79 Euro. Für einen schnellen Eindruck der Höhe der EM-Rente dienen die jüngsten vollständigen DRV‑Statistiken: Im Rentenzugang 2023 lag die durchschnittliche volle EM‑Rente bei 1.056 Euro netto im Westen und 935 Euro netto im Osten (bundesweiter Schnitt: 1.001 Euro). Neuere Zahlen für das Jahr 2024 veröffentlicht die DRV voraussichtlich erst im Laufe des Jahres 2025.
Zuschlag für Bestandsrentner (Bestandsverbesserungsgesetz)
Der Zuschlag richtet sich an alle EM‑Rentner, deren Rente zwischen 1. Januar 2001 und 31. Dezember 2018 begonnen hat. Damit werden die ab 2019 eingeführten Verbesserungen rückwirkend ausgeglichen.
Berechnung: Die DRV erhöht die persönlichen Entgeltpunkte um bis zu 0,4 EP (Rentenbeginn 2001 – 2018) bzw. bis zu 0,8 EP (Rentenbeginn vor 2001). Bei einem Rentenwert von 40,79 € entspricht das maximal etwa 70 € brutto monatlich.
Auszahlung: Die Aufwertung erfolgt automatisch. Erstmals ausgewiesen wird der Zuschlag mit der Rentenzahlung Januar 2026; ein separates Informationsschreiben geht den Betroffenen im Dezember 2025 zu.
Ein zusätzlicher Antrag oder Widerspruch ist nicht erforderlich – die DRV prüft alle Bestandsfälle eigenständig.
Grundsicherung bei Erwerbsminderung – Voraussetzungen und Antrag
Die Grundsicherung bei Erwerbsminderung ist Teil der Sozialhilfe nach dem SGB XII. Sie richtet sich an Menschen, die auf Dauer voll erwerbsgemindert sind, die Altersgrenze für die Regelaltersrente noch nicht erreicht haben und deren Einkommen / Vermögen nicht für den Lebensunterhalt reicht. Die Beantragung erfolgt beim kommunalen Sozialamt.
Im Gegensatz zum Bürgergeld, das die Erwerbsfähigkeit voraussetzt, zielt die Grundsicherung darauf ab, die Existenz von Personen zu sichern, die weniger als drei Stunden täglich arbeiten können.
Unterschied zwischen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit
Erwerbsminderung betrifft die allgemeine Arbeitsfähigkeit; Berufsunfähigkeit bezieht sich hingegen nur auf den erlernten oder zuletzt ausgeübten Beruf. Wer berufsunfähig ist, kann unter Umständen eine andere Tätigkeit ausüben, wer erwerbsgemindert ist, in der Regel nicht.
Höhe der Leistungen
Höhe der Erwerbsminderungsrente
Die Rentenhöhe hängt von den Entgeltpunkten ab. Beispiel: Ein Versicherter mit einem Durchschnittseinkommen (1,0 EP / Jahr) und 40 Beitragsjahren erreicht 40 EP. Bei der Erwerbsminderungsrente wird darauf ein gesetzlicher Abschlag von 10,8 Prozent erhoben, weil sie vor der Regelaltersgrenze beginnt: 40 EP × 40,79 Euro × 0,892 ≈ 1.456 Euro brutto monatlich. Nach Kranken‑ und Pflegeversicherungsbeiträgen (ca. 11 Prozent) bleiben netto rund 1.295 Euro. Die gesetzliche Zurechnungszeit bis 67 erhöht den EP-Wert noch, sofern weniger Beitragsjahre vorliegen.
Zum Vergleich: Laut DRV‑Statistik für den Rentenzugang 2023 betrug der durchschnittliche Zahlbetrag einer vollen EM‑Rente 1.056 Euro netto im Westen und 935 Euro netto im Osten (bundesweit 1.001 Euro). Bei der teilweisen EM‑Rente lag der Durchschnitt bei rund 630 Euro netto (West) bzw. 560 Euro netto (Ost); bundesweit etwa 595 Euro. Mit der Rentenanpassung zum 1. Juli 2025 (+3,74 %) steigen diese Durchschnittsbeträge proportional.
Höhe der Grundsicherung
Die Grundsicherung orientiert sich an den Regelsätzen der Sozialhilfe plus Wohnkosten. Ein alleinlebender Leistungsberechtigter mit durchschnittlicher Warmmiete von 500 Euro erhält 563 Euro + 500 Euro = 1.063 Euro. Für die Berechnung kann man die Zahlen des Bürgergelds heranziehen, dabei ergibt sich ein Betrag von über 1.000 Euro im Monat für alleinstehende Bedürftige.
Schonvermögen 2025
- Grundsicherung / SGB XII: 10.000 Euro pro leistungsberechtigter Person, Riester/Rürup zusätzlich geschützt
- Bürgergeld / SGB II: 15.000 Euro pro leistungsberechtigter Person, Riester/Rürup zusätzlich geschützt
Diese Freibeträge bleiben 2025 unverändert. Wer mehr Vermögen besitzt, muss es zunächst bis auf diese Grenze einsetzen, bevor Grundsicherung gewährt wird.
Dauer der Zahlungen
- EM‑Rente: zunächst befristet (typisch 3 Jahre), Verlängerung möglich; spätestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze erfolgt die Umwandlung in Altersrente.
- Grundsicherung: Bewilligung für 12 Monate, danach Folgeantrag; läuft bis Regelaltersgrenze und geht dann in Grundsicherung im Alter über.
Möglicher Hinzuverdienst
Die Grenzen der Erwerbsminderungsrente werden jährlich dynamisiert und gelten brutto – Werte für 2025:
- Teilweise EM‑Rente: mindestens 39.322,50 Euro jährlich.
- Volle EM‑Rente: 19.661,25 Euro jährlich.
Wird die Grenze überschritten, erfolgt eine anteilige Kürzung. Mehr dazu unter EM-Rente und Hinzuverdienst – was ist erlaubt?
Bei der Grundsicherung gelten die Freibeträge des SGB XII; realistisch bleiben nur wenige Hundert Euro im Jahr anrechnungsfrei.
EM-Rente mit Bürgergeld kombinieren
Eine Kombination von Bürgergeld und Erwerbsminderungsrente kommt nur bei der teilweisen EM‑Rente in Betracht, da hier die Erwerbsfähigkeit (> 3 Std. / Tag) nicht völlig aufgehoben ist.
EM-Rente mit Sozialhilfe aufstocken
Reicht die EM‑Rente nicht für den Lebensunterhalt, kann ergänzende Grundsicherung beantragt werden. Die Rente wird als Einkommen angerechnet, die Sozialhilfe stockt bis zum Existenzminimum auf.
EM-Rente oder Grundsicherung – gibt es eine Wahl?
Nein. Wer die Versicherungszeiten erfüllt, erhält vorrangig die EM‑Rente. Reicht sie nicht, kann Grundsicherung ergänzen.
Häufige Fragen
Gibt es ein Mindestalter für die Erwerbsminderungsrente?
Ein festes Mindestalter gibt es nicht. Entscheidend ist, dass mindestens fünf Jahre Versicherungszeit bestehen – davon drei Jahre mit Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren. Realistisch ist ein Anspruch ab etwa 23 Jahren.
Wie hoch ist die Hinzuverdienstgrenze 2025 bei voller EM-Rente?
Für das Jahr 2025 liegt die Grenze bei 19 661,25 € brutto pro Kalenderjahr. Überschreitungen führen zu anteiligen Kürzungen.
Muss ich auf meine EM-Rente Steuern zahlen?
Ja. Die EM-Rente gehört zum steuerpflichtigen Einkommen. Erst wenn dein Jahreseinkommen 2025 den Grundfreibetrag von 11.784 Euro übersteigt, fällt Einkommensteuer an.
Bleibe ich in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versichert?
In der Regel ja. EM-Rentner sind pflichtversichert in der GKV; Beiträge werden direkt von der Rente abgezogen. Privatversicherte können unter bestimmten Bedingungen in die GKV wechseln.
Kann ich EM-Rente und Grundsicherung gleichzeitig erhalten?
Ja. Wenn die EM-Rente allein nicht zum Lebensunterhalt reicht, stockt die Grundsicherung nach SGB XII auf.
Wie lange dauert die Bearbeitung eines EM-Rentenantrags?
Im Schnitt dauert es 3–6 Monate. Bei komplizierten medizinischen Gutachten kann sich das Verfahren verlängern.
Muss ich den Zuschlag für Bestandsrentner 2025 selbst beantragen?
Nein. Die Deutsche Rentenversicherung prüft den Anspruch automatisch und zahlt den Zuschlag mit der Januar-Rente 2026 aus.
Welche Unterlagen verlangt das Sozialamt beim Antrag auf Grundsicherung?
Personalausweis, DRV-Rentenbescheid, Miet- und Nebenkostennachweis, Kontoauszüge der letzten drei Monate sowie Nachweise über Vermögen (z. B. Sparbücher, Lebensversicherungen).
Quellen: bmas.de, deutsche-rentenversicherung.de