Wer 30 Jahre lang in Vollzeit den Durchschnittslohn verdient, zahlt zwar brav in die Rentenkasse ein – landet im Alter aber trotzdem nur knapp beim Bürgergeld-Niveau. Was wie eine überzogene Schlagzeile klingt, ergibt sich aus wenigen, leicht nachvollziehbaren Zahlen.
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Rentenwert
Die Rechnung beginnt beim vorläufigen Durchschnittsentgelt 2025 von 50.493 Euro brutto pro Jahr (etwa 4.208 Euro im Monat). Auf dieser Größe beruht die Rentenformel: Verdient man genau diesen Betrag, bekommt man je Kalenderjahr 1,0 Entgeltpunkt gutgeschrieben. Liegt der Jahresverdienst darunter, wächst das Punktekonto anteilig weniger, liegt er darüber, gibt es entsprechend mehr Punkte. Seit der Rentenanpassung zum 1. Juli 2025 ist jeder Rentenpunkt monatlich 40,79 Euro brutto wert – und damit lässt sich schnell errechnen, wie viele Beitragsjahre nötig sind, um das Bürgergeld-Niveau zu erreichen.
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Was bedeutet das in der Praxis? Um etwa als alleinstehender Rentner auf die durchschnittliche Bürgergeld-Höhe für einen Ein-Personen-Haushalt von derzeit rund 1.050 Euro pro Monat zu kommen – der Betrag umfasst Regelsatz plus Wohnkosten – braucht es eine monatliche Rente von etwa 1.180 Euro brutto. Denn von der gesetzlichen Rente gehen noch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab – unterm Strich bleiben knapp 89 Prozent vom Bruttobetrag übrig.
Teilt man die 1.180 Euro nun durch den aktuellen Rentenwert in Höhe von 40.79 Euro, ergibt sich ein rechnerischer Bedarf von 29 Entgeltpunkten. Anders ausgedrückt: Ein Durchschnittsverdiener muss 29 Jahre lang lückenlos in die Rentenversicherung einzahlen, um später eine Rente zu bekommen, die den Leistungen entspricht, die das Bürgergeld ganz ohne Beitragshistorie gewährt.
55 Jahre mit Mindestlohn
Noch dramatischer ist das Bild am unteren Rand des Lohngefüges. Seit dem 1. Januar 2025 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 12,82 Euro pro Stunde. Bei einer 40-Stunden-Woche sind das etwa 2.220 Euro brutto im Monat – umgerechnet nur rund 0,53 Entgeltpunkte pro Beitragsjahr. Ein Arbeitnehmer, der sein gesamtes Erwerbsleben zum Mindestlohn arbeitet, müsste deshalb gut 55 Jahre dauerhaft vollzeitbeschäftigt sein, um dieselben 29 Rentenpunkte – und damit eine Rente auf Höhe der Grundsicherung – zu erreichen.
Private Vorsorge kaum machbar
Politik und Finanzwirtschaft verweisen gerne auf private Vorsorge als Ausweg aus der Altersarmut. Doch genau jene Beschäftigten, die absehbar auf eine Rente in Bürgergeld-Höhe zusteuern, haben heute meist keinen finanziellen Spielraum für einen Riester-Vertrag oder ETF-Sparplan. Steigende Mieten und Energiekosten drücken das verfügbare Einkommen, während der Rentenwert nur im Tempo der Lohnentwicklung wächst. So beißt sich die Katze in den Schwanz: Wer besonders dringend zusätzlich vorsorgen müsste, kann es am wenigsten bewerkstelligen.
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Bürgergeld ist nicht das Problem
Auch wenn die Zahlen eine reine Momentaufnahme darstellen – die Rechengrößen ändern sich laufend mit der Lohnentwicklung – wird eins deutlich: Ein knappes Drittel eines durchschnittlich entlohnten Berufslebens oder mehr als ein halbes Jahrhundert Mindestlohn reichen 2025 gerade einmal aus, um im Alter die gleiche Summe zu erhalten wie Menschen ohne Beitragshistorie. Das Problem ist hier aber nicht ein zu hohes Bürgergeld, sondern ein Rentensystem, das bei durchschnittlicher Erwerbsbiografie kaum mehr als das Existenzminimum abwirft.
Niedrige Rente aufstocken
Immer öfter reicht die gesetzliche Rente nicht zum Leben: Bereits im Dezember 2024 mussten rund 739.000 Rentner Grundsicherung im Alter beantragen – das sind gut 7 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Doch die sichtbare Zahl erzählt nur die halbe Geschichte. Studien gehen davon aus, dass viele der eigentlich Anspruchsberechtigten aus Scham oder Unwissenheit keinen Antrag stellen und so unbeachtet unterhalb des Existenzminimums bleiben.