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Wegen Formfehler: Jobcenter streicht Bürgergeld

Ältere Frau mit ernstem Blick hält einen abgelehnten Bürgergeld-Bescheid des Jobcenters in die Kamera – Symbolbild für Behördenwillkür und Leistungsentzug.

Einer behinderten Frau das letzte bisschen Würde und Lebensmut zu nehmen: Das hat nichts mit Härte gegen Bürgergeld Bedürftige zu tun. Das ist menschenunwürdig. Ein Fall aus Wuppertal dokumentiert auf traurige Weise das Versagen der Behörden, den Gottkomplex und die beinahe schon sadistische Freude einiger Jobcentermitarbeiter daran, ihre vermeintliche Machtposition gegenüber Hilfebedürftigen auszuspielen. Wenn direkte Vorgesetzte diesbezüglich nichts hören, sehen und sagen wollen, sind wir an einem Punkt angelangt, an dem geltendes Recht bewusst gebrochen wird.

Totaler Leistungsentzug

Knallhartes Durchgreifen gegenüber Bürgergeldempfängern, die nicht sofort spuren. 100 Prozent Sanktionen und damit null Cent für Leistungsverweigerer. Diese Forderungen und Rufe aus der Politik und den Stammtischen der Republik sind hinlänglich bekannt. Nur: Wie lässt sich das mit einer 62-jährigen Frau vereinbaren, die schwerkrank, gehbehindert und Analphabetin ist? Kaum. Das Jobcenter in Wuppertal hat dennoch einen Weg gefunden. Weil die Frau beim Antrag auf Erwerbsminderungsrente einen Fehler gemacht hatte, wurden ihr die Leistungen komplett gestrichen.

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Nicht schnell genug reagiert

Konkret: Die Frau hatte nach der Aufforderung, sich um die Erwerbsminderungsrente zu bemühen, zunächst das falsche Formular ausgefüllt. Weil sie danach nicht schnell genug auf die erneute Aufforderung reagierte und damit aus Sicht des Jobcenters gegen ihre Mitwirkungspflichten verstieß, folgte am 6. März 2025 der Versagungs- und Entziehungsbescheid. Daran änderte sich auch nichts, als die Frau am 1. April das richtige Formular und einen Tag später den Nachweis darüber beim Jobcenter einreichte. Statt die „Strafe“ aufzuheben, erklärte die Sachbearbeiterin gegenüber einer Bekannten der Bürgergeld Bedürftigen: „Das ist jetzt halt so.“

Sachbearbeiterin mit schlechtem Ruf

Für den Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles ist das nicht der erste Fall, in dem die Sachbearbeiterin nicht rechtskonform agiert. Im vorliegenden Fall etwa gilt: Ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente fällt nicht unter die Mitwirkungspflichten. Allein deshalb schon wäre eine 100-prozentige Kürzung der Leistungen nicht statthaft. Und da man sich auf §66 SGB I beruft (Folgen fehlender Mitwirkung), muss es sich um eine begründete Ermessensentscheidung handeln. Der Bescheid lässt jedoch keine Gründe erkennen und ist damit schon aus formellen Gründen rechtswidrig. Außerdem hätte die Sachbearbeiterin auch selbst aktiv werden und die Rente für die Frau beantragen können. Die gesetzliche Grundlage dazu bietet §5 Absatz 3 SGB II. Das gilt umso mehr, weil die Frau Analphabetin ist.

Grenzen des Zumutbaren überschritten

Deshalb hat Tacheles einen Überprüfungsantrag gestellt und die Behörde aufgefordert, ein Dienstaufsichtsverfahren einzuleiten. Doch weder die Geschäftsstellen- noch die Teamleitung haben reagiert. „Die Grenze des Zumutbaren ist überschritten“, schreibt der Verein und fordert klare Konsequenzen.

Der Betroffenen droht Obdachlosigkeit

Denn: Währenddessen konnte die 62-Jährige zwei Monate lang die Miete nicht bezahlen. Ihr droht somit die Obdachlosigkeit. Die Betroffene hat Angst, auf der Straße zu landen und denkt offen darüber nach, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Ist es das, was Bürgergeld Kritiker wollen? Dass kranke Menschen sich ins Messer stürzen? Das kann es nicht sein und widerspricht allem, was die Bundesagentur für Arbeit (BA) verspricht und die Politik – darunter selbst die härtesten Bürgergeld Kritiker – fordert.

CDU will für die Schwächsten da sein

Laut BA ist eine „schnelle und zuverlässige Existenzsicherung“ auch künftig „eine wesentliche Säule unseres Dienstleistungsangebotes“. Und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der das Bürgergeld-Aus als Erster forderte, betonte stets, dass Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, auch weiterhin unterstützt werden müssen. Dazu hatte er bereits am 5. Dezember 2023 erklärt: „Wir müssen in der Krise für die Schwächsten da sein.“

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Nicht nur reden. Machen!

Also bitte. Lassen Sie Ihren Worten auch Taten folgen. Härte gegen renitente Leistungsverweigerer – o.k. Willkür gegen kranke Menschen – da muss dann auch mal auf der anderen Seite des Schreibtisches die Schraubzwinge angesetzt werden. Denn statt einer Frau zu helfen und ihr zumindest das richtige Formular an die Hand zu geben, lieber Sanktionen zu verhängen und die Betroffene in den Abgrund zu stürzen: Das sollte jedem christlichen und sozialen Menschenbild widersprechen.