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Urteil: Schrottverkauf ist gewerbsmäßige Tätigkeit

Schrott

Schrottverkauf kann als gewerbliche Tätigkeit zählen. Von den daraus resultierenden Einnahmen ist der Einkommensfreibetrag von 100 Euro abzusetzen. Dies entschied das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern in einem Urteil vom 11.11.2020 (Az.: L 10 AS 449/19).

Mann verkauft 5 Monate lang Schrott

Dem Urteil zugrunde lag der Fall eines Hartz IV Empfängers aus dem Raum Neubrandenburg. Der Familienvater lebte mit seiner Frau und dem damals 10 Monate alten Kind in einer Bedarfsgemeinschaft, als er 2015 einen Rückforderungsbescheid es zuständigen Jobcenters über 213,65 Euro erhielt. Der Grund: Das Zollamt habe das Jobcenter darüber informiert, dass der Mann zumindest 5 Monate lang Einnahmen aus dem Verkauf von Schrott erzielt habe.

Jobcenter schickt Rückforderungsbescheid

Von diesen Einnahmen seien, abgesehen von einer monatlichen Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro, gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X keine weiteren Einkommensfreibeträge abzusetzen. Der Mann wollte die Rückforderung jedoch so nicht zahlen und zog vor Gericht.

Vor dem Sozialgericht Neubrandenburg erklärte der Mann, dass das Sammeln von Schrott angesichts der Dauerhaftigkeit als gewerbsmäßige Tätigkeit anzuerkennen sei. Insofern sei das Gesamteinkommen innerhalb des Bewilligungszeitraums gleichmäßig verteilt anzurechnen und der Grundfreibetrag von 100 Euro abzuziehen. Daraus ergebe sich schlussendlich keinerlei anzurechnendes Einkommen.

Sozialgericht: Keine Absetzung der Freibeträge für Einnahmen aus Schrottverkauf

Aus Sicht des Sozialgerichts handele es sich beim Sammeln des Metallschrotts jedoch nicht um eine gewerbsmäßige Tätigkeit gemäß § 11 Abs. 2, Abs. 3 SGB II. Eine Absetzung der Freibeträge käme allein deshalb schon nicht in Frage, da die Freibeträge als Anreiz dienen sollen, eine Beschäftigung aufzunehmen:

Diese Anreizfunktion könne indessen ihren Sinn nur erfüllen, wenn es sich um eine legale Tätigkeit handele. Insoweit könne es nicht sein, dass die Freibeträge für ein Einkommen aus einer Tätigkeit gewährt würden, deren Ausübung erst durch die steuerfinanzierte Ermittlungstätigkeit des Hauptzollamtes aufgedeckt worden sei“, heißt es in dem Urteil.

LSG: Schrottverkauf ist gewerbsmäßige Tätigkeit

Das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern sah dies in zweiter Instanz jedoch anders. Das Einkommen des Schrottverkäufers sei durchaus als Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu betrachten. Grundsätzlich definiere das SGB II den Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit nicht weiter, die wiederholten Schrottverkäufe müssten also als Einnahmen aus einem nachhaltigen Gewerbebetrieb anerkannt werden.

Ferner seien die Freibeträge vom Einkommen des Mannes abzusetzen, da diese nicht an die Legalität der Tätigkeit geknüpft seien, lediglich an deren Gewerblichkeit. Zudem lägen keinerlei Indizien dafür vor, dass der Verkauf illegal erfolgte. Die Einnahmen des Mannes könnten nach Abzug des Freibetrages dementsprechend nicht auf die Hartz IV Leistungen angerechnet werden.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Neubrandenburg, Urteil v. 22. Januar 2019, Az.: S 11 AS 771/16
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom: 11.11.2020, Az.: L 10 AS 449/19

Titelbild: Etaphop photo/ shutterstock.com