Begründete Sorge oder einfach nur ein von Vorurteilen geprägtes Menschenbild? Wenn man Bürgergeld Bedürftige in Gedanken zu Langfingern macht und von Diebstahl spricht, muss das schon Hand und Fuß haben. Heidi Reichinnek, für die Linke im Bundestag, wagt sich mit ihrer Aussage jedenfalls auf sehr dünnes Eis. Ihre Warnung steht im Kontext der Totalsanktionierung von Bürgergeldempfängern, die Jobangebote ablehnen und dann mit leeren Händen und leerem Kühlschrank über die Runden kommen müssen.
Die Folgen von Sanktionen
Totalverweigerer müssen damit rechnen, dass sie vom Jobcenter mit Sanktionen von 100 Prozent bestraft werden – bedeutet für bis zu zwei Monate Regelbedarf Entzug. Mit dieser Maßnahme zeigen Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und die Ampel Härte. Sie reagieren außerdem auf die zunehmende Kritik am Bürgergeld. Andere sagen: Sie haben sich von CDU, CSU und AfD aufwiegeln und vor den Karren spannen lassen. Wie dem auch sei. Betroffenen werden im Fall der Fälle nur noch die Kosten für Unterkunft und Heizung gezahlt.
Überforderte Tafeln
Heidi Reichinnek nannte es am Donnerstag (14. März) im Bundestag eine „Katastrophe“. Wutentbrannt haderte sie mit der Totalsanktionierung und der Sozialpolitik der Ampelkoalition. Sie fragte, wem die Leistungskürzungen helfen würden, und mahnte vor den negativen Folgen der Gesetzesänderung:
„Was glauben Sie passiert, wenn Sie Menschen das Geld zum Essen nehmen? Noch längere Schlangen an den überfüllten Tafeln, Diebstahl, Kredite, die nicht zurückgezahlt werden können.“
Drohende Abwärtsspirale
Die Linken-Politikerin befürchtet eine Abwärtsspirale. In diesem düsteren Bild Bürgergeld Bedürftige mit Diebstahl in Verbindung zu bringen, geht dann aber doch zu weit. Zugutehalten muss von Heidi Reichinnek, dass sie Probleme anspricht und den Umstand, dass vorher über einen verachtenswerten AfD-Antrag zum Bürgergeld abgestimmt wurde, sodass die „Stimmung“ ohnehin aufgeheizt war.
Dabei ging es überspitzt darum, Bedürftige in nützlich und unnütz zu unterteilen. Auf Wunsch der AfD sollte es Arbeitssuchenden-Hilfe für alle geben, die sofort wieder arbeiten können, und „Sozialhilfe-Neu“ für jene, die dem Arbeitsmarkt zumindest drei Stunden am Tag zur Verfügung stehen. Selbst die CDU sprach von einem „abwertenden Menschenbild“.
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