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COVID19 Notvorrat – Anspruch auch für Hartz IV Bedürftige?

junge Frau mit Mundschutz mit Weltkarte im Hintergrund

Das Coronavirus (COVID19) ist aktuell das Hauptthema in der Presse und den Medien. Immer neue Fälle werden bekannt, und teilweise ist schon von einer Pandemie zu hören. In den Sozialen Medien tauchen immer mehr Bilder auf von leergeräumten Regalen in Geschäften, von den gestiegenen Preisen für Desinfektionsmittel, Gumminhandschuhe und Mundschutz ganz zu schweigen.

Wie sollen Hartz IV Bedürftige Notvorrat finanzieren?

Weiter unten führen wir die Empfehlungen der Regierung zur Beschaffung von Vorräten auf. Hierbei muss man allerdings betrachten, dass im Hartz IV Regelsatz für Lebensmittel folgende Bedarfe vom Gesetzgeber als angemessen angesehen werden:

Bedarf Lebensmittel für Betrag monatlich in in € Betrag pro Tag in in €
Alleinstehender Erwachsener 150,60 5,02
Partner in Bedarfsgemeinschaft 135,61 4,52
Kind bis 5 Jahren 87,63 2,92
Kind bis 14 Jahren 124,43 4,15
Kind ab 15 Jahren 154,39 5,15

Diese Werte aus der Tabelle sollen den Bedarf für Lebensmittel und Getränke decken – ohne Berücksichtigung von besonderen Situationen oder Notfällen.

Was raten Experten zur Anlegung eines Notvorrats?

Zwar macht sich die Panik noch sehr subtil in Deutschland breit und es wird suggeriert, dass noch alles unter Kontrolle ist. Dennoch raten Experten dazu, sich Notvorräte anzuschaffen. Ein guter Ratgeber, welche Notvorräte geeignet sind, gibt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Ihrer Checkliste, basierend für eine Person und 2.200 kcal pro Tag. Diese Produkte sollten für einen mindestens 10-tägigen Zeitraum je Person bevorratet werden:

  • Getränke 20 Liter
  • Getreideprodukte, Nudeln, Kartoffeln, Brot etc. 3,5 kg
  • Gemüse und Hülsenfrüchte 4 kg
  • Obst und Nüsse 2,5 kg
  • Milchprodukte 2,6 kg
  • Fleisch, Fisch, Eier etc. 1,5 kg
  • Butter, Öle, Fette

4 Personen: 80 Liter Getränke und 58,1 kg Lebensmittel

Für einen groben Überblick kann man auch den Vorratskalkulator des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft nutzen, der hier zu finden ist. Bei der Eingabe von einer Familie mit 4 Personen kommt man auf einen Bedarf von 80 Liter Getränke und 58,1 kg Lebensmittel.

„Ein Mensch kann unter Umständen drei Wochen ohne Nahrung auskommen, aber nur vier Tage ohne Flüssigkeit. Halten Sie pro Person ca. 14 Liter Flüssigkeit je Woche vorrätig. Geeignete Getränke sind Mineralwasser, Fruchtsäfte, länger lagerfähige Getränke. Keine Experimente. Halten Sie vor allem Lebensmittel und Getränke vorrätig, die Sie und Ihre Familie auch normalerweise nutzen. Strom weg?! Achten Sie darauf, dass Esswaren auch ohne Kühlung länger gelagert werden können und ein Großteil ihres Vorrats auch kalt gegessen werden kann. Alle Lebensmittel sollten ohne Kühlung längerfristig haltbar sein. Achten Sie auf das Mindesthaltbarkeitsdatum. Beschriften Sie Lebensmittel ohne Kennzeichnung mit dem Einkaufsdatum.“ (Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe)

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Notvorrat kostet mehrere hundert Euro

Bereits im Jahr 2016 hatte das Hamburger Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“ ermittelt, dass die Anlegung eines Notvorrats etwa 300 Euro kosten würde. Dieses Geld müssten Hartz IV Bedürftige zusätzlich aus dem Regelsatz aufbringen, um sich den Vorgaben der Bundesregierung nach zu schützen – alleine für Lebensmittel. Hygiene, Reinigungsmittel und Schutzmaßnahmen sind dabei noch nicht enthalten. Dies sind Beträge, die Hartz IV Bedürftige nicht aus dem Regelsatz stemmen können.

Keine Unterstützung für Hartz IV Bedürftige

Nach aktueller Lage gehen Hartz IV Bedürftige leider leer aus und können keine zusätzlichen Leistungen für die Anlegung eines Vorrats erhalten. Hier verwies das Bundessozialministerium bereits darauf, dass die Bevorratung aus dem Regelsatz angespart werden müsse. Konkret heißt es in der Antwort:

Sofern also leistungsberechtigte Personen auf Grund des vom Kabinett beschlossenen Zivilschutzkonzeptes einen persönlichen, ausreichenden Vorrat an Lebensmitteln anlegen wollen, so müssen sie, ebenso wie Menschen mit geringem Einkommen, die hierfür erforderlichen Ausgaben eigenverantwortlich aus dem ihnen zur Verfügung stehenden Budget finanzieren.

Sozialgericht bestätigt keinen Anspruch bei Hartz IV Bezug

Mit Urteil Az. S 11 AS 808/17 vom 31.05.2017 bestätigte das Sozialgericht Konstanz, dass es keinen zusätzlichen Anspruch auf Leistungen für die Anschaffung eines Notvorrats gäbe. Hier hatte der Kläger 200 Euro zusätzlich gefordert. Allerdings stütze das Gericht seine Entscheidung auch darauf, dass der Kläger neben der Hartz IV Leistungen auch einen Nebenverdienst (sog. Aufstocker) habe und diesen dazu nutzen könne, um den Vorrat anzulegen. Darüberhinaus müsse es sich um einen laufenden und unabweisbaren Bedarf (§ 21 SGB II) handeln, um einen zusätzlichen Mehrbedarf zu gewähren. Hierzu heißt es in der Urteilsbrgründung:

Das Gericht kann offen lassen, ob die Unabweisbarkeit schon deswegen zu verneinen ist, weil es sich um eine bloße Empfehlung der Bundesregierung handelt, der nur ein Teil der Bevölkerung folgen wird. Ebenfalls keiner näheren Erörterung bedarf der Umstand, dass die private Bevorratung neben die unmittelbaren staatlichen Vorsorgemaßnahmen für den Katastrophenfall tritt und diese nur ergänzend soll. Jedenfalls ist der Kläger nach seinen finanziellen Möglichkeiten in der Lage, den Bedarf durch Einsparmöglichkeiten selbst zu decken, und dieser weicht auch seiner Höhe nach nicht erheblich vom durchschnittlichen Bedarf ab.

zur Checkliste des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (PDF)

Titelbild: Shyntartanya