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Bürgergeld-Urteil: Jobcenter muss Zugang einer Einladung beweisen

Hand steckt Briefumschlag in Briefkasten

Erscheinen Bürgergeldempfänger nicht zu einem vereinbarten Meldetermin im Jobcenter, kann dies eine Sanktion nach sich ziehen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Jobcenter den Zugang der Einladung nachweisen kann. Andernfalls ist eine Kürzung der Leistungen nicht zulässig. Zu diesem Schluss kam das Landessozialgericht (LSG) Sachsen in einem Urteil (Az. L 3 AS 64/18).

Sanktion wegen versäumtem Termin

Im konkreten Fall hatte das Jobcenter Leipzig einem Leistungsempfänger eine Meldeaufforderung zugestellt – angeblich per Post am 7. April 2014. Der Termin war für den 15. April 2014 angesetzt, doch der Mann erschien nicht. Daraufhin kürzte das Jobcenter seine Leistungen mit Bescheid vom 15. Mai 2014 um zehn Prozent für einen Zeitraum von drei Monaten. Für den damaligen Hartz-IV-Empfänger (heute Bürgergeld) bedeutete dies ein monatliches Minus von 40 Euro. Nach heutiger Regelung beim Bürgergeld würde eine vergleichbare Sanktion eine Kürzung 56,30 Euro für einen Monat bedeuten, sofern es sich um ein erstmaliges Meldeversäumnis handelt.

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Empfänger bestreitet Zugang der Einladung

Der Betroffene argumentierte, dass er die Meldeaufforderung nie erhalten habe. Zudem wies er darauf hin, dass das Schreiben keine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung enthalten habe. Aus diesem Grund legte er am 25. August 2014 Widerspruch in Form eines Überprüfungsantrags gegen die Kürzung ein. Das Jobcenter wies den Widerspruch am 24. November 2014 jedoch zurück.

Rechtsstreit eskaliert bis zur Berufung

Die Angelegenheit ging zunächst vor das Sozialgericht Leipzig. Dieses bestätigte die Sanktion mit Urteil (Az. S 4 AS 4567114) vom 3. August 2017. Der Kläger gab sich jedoch nicht geschlagen und legte Berufung beim Landessozialgericht Sachsen ein. Dort wurde der Fall erneut geprüft – mit Erfolg für den Kläger.

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LSG: Nachweis des Zugangs liegt beim Jobcenter

Das LSG Sachsen hob das Urteil der Vorinstanz auf. Grundlage für die Entscheidung war § 37 Abs. 2 SGB X. Laut Gesetz obliegt es der Behörde, den Zugang von Mitteilungen zu beweisen, wenn der Empfänger deren Erhalt bestreitet. Dies gilt auch dann, wenn der Empfänger in der Vergangenheit nicht immer wahrheitsgemäße Angaben gemacht hat.

Versand mit Nachweis als Lösung

Das bedeutet konkret, dass das Jobcenter in der Beweispflicht steht und der Widerspruch samt Überprüfungsantrag des Klägers nicht hätte abgelehnt werden dürfen. Bestreitet der betroffene Empfänger wiederholt den Erhalt der Schreiben vom Jobcenter, liegt es an der Behörde, einen Weg zu finden, den Erhalt nachzuweisen. Die könnte zum Beispiel über einen Versand mit Sendungs- und Empfangsnachweis erfolgen.

Titelbild: Andrey_Popov / shutterstock