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Antrag: Jobcenter nutzen bewusst Unwissen Bürgergeld Bedürftiger aus

Frau steht mahnend hinterm Schreibtisch vor einer einngeschüchterten sitzenden Frau

Viele Bedürftige beklagen, dass sie von Jobcenter Mitarbeitern schlecht behandelt werden. Natürlich kann dies eine rein subjektive Empfindung sein, jedoch haben wir in manchen Fällen auch nachgehakt. Gerade in Bezug auf die Antragstellung wird Bedürftigen, die erstmalig Leistungen benötigen, die Unwissenheit zum Bürgergeld Antrag – früher Hartz IV – zum Verhängnis.

Jobcenter verheimlichen Betroffenen bewusst wichtige Informationen

Vor ein paar Tagen hat sich ein Redakteur der Buergergeld.org Redaktion mit einem leitenden Jobcenter Mitarbeiter persönlich unterhalten. Im Kern ging es um die erstmalige Beantragung von Bürgergeld Leistungen. Der Jobcenter Mitarbeiter empfand es als spaßig, die erstmaligen Antragsteller wieder unverrichteter Dinge fort zu schicken und erst alle nötigen Unterlagen sowie die offiziellen Formulare einzureichen. Häufig schaffen Betroffene das nicht in kürzester Zeit, weshalb sich die Antragstellung um einen Monat verschiebt. Auf den Einwand unseres Redakteurs, dass dies nicht in Ordnung sei und auch nicht dem Gesetz entspreche, einen Antrag nur aufgrund der Formalitäten nicht anzunehmen entgegnete der Jobcenter Mitarbeiter herablassend, dass er das auch wisse…die Antragsteller aber nicht. Weiter führte er aus, dass sie das „immer so machen“ und „wo kein Kläger, da auch kein Angeklagter.“ Das sei seinen Angaben zu Folge häufige Praxis in vielen Jobcentern.

Amtliche Vordrucke nur Hilfe für das Antragsverfahren

Die offiziellen Vordrucke zum Bürgergeld der Jobcenter bzw. Agentur für Arbeit, die von Bedürftigen und er gesamten Bedarfsgemeinschaft auszufüllen sind, dienen nur als Arbeitshilfe für die Leistungsträger.

Dies ergibt sich auch schon aus § 37 SGB II (Antragserfordernis) i. V. mit den Fachlichen Weisungen zu § 37 SGB II Rz. 37.1

(1) Die Leistungen nach dem SGB II werden auf Antrag erbracht. Die Antragstellung ist an keine Form gebunden. Der Antrag ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, mit welcher die Antragstellerin oder der Antragsteller dem Leistungsträger gegenüber zum Ausdruck bringt, eine Sozialleistung in Anspruch nehmen zu wollen. Das Jobcenter (JC) ist gehalten, den wirklichen Willen der Antragstellerin oder des Antragstellers – ggf. durch Rückfragen – zu erforschen und den Antrag auszulegen. Hierbei ist mit Blick auf § 2 Absatz 2 SGB I im Zweifel davon auszugehen, dass die Bürgerin oder der Bürger die ihr bzw. ihm günstigere Leistung aus dem von ihr/ihm angegangenen Sozialleistungsbereich in Anspruch zu nehmen wünscht. Im Rahmen der Antragstellung ist die Antragstellerin oder der Antragsteller auch über Leistungen für Bildung und Teilhabe zu informieren (§ 14 SGB I). Der zuständige Träger soll Eltern unterstützen und in geeigneter Weise dazu beitragen, dass die Kinder einer Bedarfsgemeinschaft (BG) Leistungen für Bildung und Teilhabe in Anspruch nehmen (§ 4 Absatz 2 Satz 2).

Fristwahrend reicht bereits ein formloser Antrag, ob schriftlich oder persönlich beim Jobcenter ist dabei unerheblich. Stellt man diesen Antrag – auch formlos – so gilt der Bürgergeld Anspruch für den gesamten Monat. Dieser Antrag muss auch nicht vollständig sein und das Jobcenter ist verpflichtet, diesen anzunehmen!

Wir raten daher, IMMER mit einem Beistand zum Jobcenter zu gehen und sich den Empfang der Unterlagen auch mit Datum bestätigen zu lassen.

Wenn man beispielsweise einen formlosen Antrag am 31.07. beim Jobcenter stellt, so besteht grundsätzlich zunächst Anspruch vom 01.07. bis 31.07. Selbst wenn man die benötigten Nachweise zum Antrag erst später, beispielsweise erst im August nachreicht, müssen alle Leistungen rückwirkend ab 01. Juli gewährt werden.

Bürgergeld Leistungen gelten ab Antragsmonat – nicht rückwirkend

Die Leistungen verfallen also für diesen Monat, wenn Betroffene über einen Monatswechseln hinweg weggeschickt und aufgefordert werden, den Antrag erst mit den vollständigen Unterlagen zu stellen…und dafür sorgen Jobcenter teilweise selbst, und das bewusst. Hilfebedürftigen entsteht – sofern ein Anspruch begründet ist – ein erheblicher finanzieller Schaden. Denn der Anspruch gilt für nicht nur für den Regelbedarf sondern auch die Übernahme der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.

Agentur für Arbeit nur unvollständige Informationen

Selbst auf der offiziellen Seite der Agentur für Arbeit zum erstmaligen Antrag auf Bürgergeld gibt es keine Hinweise auf die formlose Antragstellung, stattdessen heißt es in Punkt 2:

Screenshot zum Erstantrag auf Hartz IV bei der Agentur für Arbeit „Bitte füllen Sie den Hauptantrag aus. Füllen Sie auch die Anlagen aus, die zu Ihrer persönlichen Situation passen.

Bitte beachten Sie: Arbeitslosengeld II wird frühestens ab dem Monat gezahlt, in dem Sie es beantragt haben.“

Offenbar hält man es nicht für nötig, Hilfebedürftige über Ihre Rechte aufzuklären und suggeriert auch noch, dass es das Formular zum „Hauptantrag“ voraussetzt. Mit dem Hinweis, dass Leistungen erst ab dem Monat der Antragstellung gewährt werden, scheinen die Informationspflichten in den Augen der Agentur für Arbeit als erfüllt zu sein.

Formloser Antrag – weitere Unterlagen nachreichen

Ist der formlose Antrag also erst einmal abgegeben, könnten die Leistungen für den gesamten Monat fließen. Selbstverständlich müssen alle notwendigen Unterlagen zum Bürgergeld Antrag eingereicht werden, um die Höhe der evtl. Leistungen zu ermitteln. Für die reine Antragsfrist sind diese zusätzlichen Unterlagen und Dokumente zunächst nicht von Bedeutung.

Würde man hingegen den Antrag beispielsweise am 02.05. beim Jobcenter stellen, obwohl bereits die Anspruchsvoraussetzungen im April vorlagen und der Antrag nur nicht gestellt wurde, weil die Antragsunterlagen nicht vollständig gewesen sind, verfällt dennoch der Anspruch für den Monat April.

Muster Vordruck für formlosen Antrag

Um einen formlosen Bürgergeld Antrag fristwahrend zu stellen, können Sie folgendes Muster verwenden:

Vorname + Nachname
Straße + Hausnummer
PLZ + Wohnort

An das Jobcenter …
Straße + Hausnummer
PLZ + Ort

Datum: TT.MM.JJJJ

Formloser Antrag auf Bürgergeld Leistungen nach dem SGB II

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit heutigem Datum beantrage ich für mich sowie alle zu meiner Bedarfsgemeinschaft gehörigen Mitglieder Bürgergeld Leistungen nach dem SGB II. Mein Antrag bezieht sich auf folgende Leistungen:

  • Regelbedarfe
  • Mehrbedarfe
  • Kosten der Unterkunft und Heizung
  • Leistungen zur Bildung und Teilhabe

Dieser Antrag ist zur Fristwahrung zunächst formlos, die entsprechenden offiziellen Vordrucke samt Nachweisen werde ich kurzfristig nachreichen.

Mit freundlichen Grüßen

(Unterschrift)

Titelbild: KlaraBstock / shutterstock