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Bürgergeld-Irrsinn: Jobcenter verhindert erst Job und will dann 6.800 Euro zurück

Ein Sachbearbeiter stempelt im Jobcenter ein Formular mit „ABGELEHNT“ – Symbolbild für abgelehnte Bürgergeld-Anträge.

Ein unglaublicher Fall von Behördenversagen hat einen schwerbehinderten Arbeitssuchenden nicht nur die definitive Chance gekostet, durch einen neuen Job den Bezug von Bürgergeld hinter sich zu lassen, sondern ihm auch eine absurde Rückforderung von fast 6.800 Euro eingebracht. Der Mann, der seit Jahren auf Grundsicherung angewiesen war, klagte gegen diese skandalöse Entscheidung – und hat dem Jobcenter vor Gericht eine schallende Ohrfeige verpasst.

Chronologie des Behördenversagens: Jobcenter als Job-Verhinderer

Die unglaubliche Geschichte begann bereits vor einigen Jahren. Der Mann war einst als Buchhalter tätig, bevor er in die Langzeitarbeitslosigkeit abrutschte. Seit 2003 kämpft er um einen Weg zurück ins Arbeitsleben, jedoch immer wieder erfolglos.

Bürgergeld: Gericht rügt mangelnde Flexibilität des Jobcenters

Der eigentliche Skandal ereignete sich 2019: Der Schwerbehinderte hatte endlich eine neue Stelle als Buchhalter in Düsseldorf in Aussicht – ein Job, mit dem er seine Hilfebedürftigkeit und den Bezug von Bürgergeld (damals noch Hartz IV) endgültig hätte beenden können.

Obwohl der Leistungsempfänger den Arbeitsvertrag schon in der Tasche hatte, konnte er die Stelle nicht antreten. Der absurde Grund: Das zuständige Jobcenter verweigerte ihm die notwendige Unterstützung für die Mietkaution einer Wohnung in Düsseldorf.

Das fatale Hin- und Her um die Mietkaution

Der Mann lebte zu diesem Zeitpunkt in der Region Osnabrück, rund 200 Kilometer von Düsseldorf entfernt. Ein tägliches Pendeln war nicht zumutbar, da selbst mit dem Auto eine Fahrtzeit von über zwei Stunden pro Strecke erforderlich gewesen wäre.

  • Die Umzugs- und Fahrtkosten wurden vom Jobcenter Osnabrück bewilligt.
  • Beim kritischsten Punkt, der Finanzierung der Mietkaution, schoben die Behörden jedoch die Verantwortung hin und her.
  • Die Jobcenter Osnabrück und Düsseldorf spielten den Ball gegenseitig zu, ohne eine Lösung zu finden.

Die Folge des Behörden-Streits war fatal: Damit stand der Mann ohne die benötigte Wohnung und musste die lang ersehnte Stelle in Düsseldorf schweren Herzens absagen.

Gericht stellt fest: Jobcenter handelte „skandalös“

Nachdem der Mann gezwungen war, den Job abzusagen, sah das Jobcenter darin ein sozialwidriges Verhalten und forderte die gezahlten Leistungen in Höhe von exakt 6.816,31 Euro zurück.

Doch der Bürgergeld-Empfänger klagte – mit Erfolg. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in zweiter Instanz stellte sich in seinem Urteil (Az.: L 11 AS 336/21 vom 26.01.2023) klar auf seine Seite und erteilte den Ämtern eine scharfe Rüge.

Das skandalöse Verhalten der Behörden

Das Gericht stellte fest, dass es „außerhalb jeder Lebenserfahrung“ liege, eine Wohnung ohne Mietkaution mieten zu können. Zudem sei es völlig unrealistisch anzunehmen, dass ein langjähriger Leistungsempfänger Rücklagen für eine solche Mietsicherheit habe.

Besonders dramatisch: Grundsätzlich wird eine Mietkaution vom Jobcenter als Darlehen gewährt – und hätte später zurückgefordert werden können. Doch diese Option wurde dem Mann verwehrt.

Das Gericht kritisierte scharf:

  • Der Hilfebedürftige wurde von beiden in Frage kommenden Jobcentern, die für seine Unterstützung zuständig waren, völlig im Stich gelassen.
  • Die Behörden hatten nicht einmal die Möglichkeit einer Kautionsbürgschaft in Erwägung gezogen.

Fazit des LSG Niedersachsen-Bremen

In seiner Urteilsbegründung stellte das Landessozialgericht klar, dass der Mann in einer Situation, die schnelles und klares Handeln der Behörden erfordert hätte, „vollkommen allein gelassen“ wurde. Ein sozialwidriges Verhalten im Sinne des Gesetzes liege hier nicht vor – im Gegenteil, das Verhalten der Jobcenter sei skandalös und fernab jeglicher Realität.