Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat bestätigt, dass einem Bürgergeld-Bedürftigen, der zusätzlich Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 310 Euro pro Monat verlangte, keine Übernahme der Wohnkosten zusteht. Der Grund: Er konnte nicht ausreichend nachweisen, dass er tatsächlich zur Zahlung der Miete verpflichtet war. Sowohl das Jobcenter als auch das Gericht zweifelten an der Ernsthaftigkeit des Mietvertrags, der zwischen dem Kläger und seiner Mutter geschlossen worden sein soll.
Kläger beantragt Übernahme der KdU
Der Kläger, der bereits den monatlichen Bürgergeld-Regelbedarf bekam, forderte vom Jobcenter die Übernahme der Kosten für seine Wohnung. Dabei verwies er auf einen Mietvertrag aus dem Jahr 1993, den er damals mit seinem inzwischen verstorbenen Vater abgeschlossen hatte. Nach dessen Tod, so der Kläger, habe seine Mutter die Rolle der Vermieterin übernommen. Da er die Miete nicht mehr aufbringen konnte, habe sie ihm die Zahlungen gestundet. Er verlangte deshalb vom Jobcenter, die monatlichen Miete in Höhe von 310 Euro zu übernehmen.
So teuer darf die Wohnung mit Bürgergeld sein
Jobcenter stellt Glaubwürdigkeit infrage
Das Jobcenter zweifelte an der Glaubwürdigkeit der Angaben des Klägers. Es bestand Unsicherheit darüber, ob die Wohnung tatsächlich zu Wohnzwecken genutzt wurde und ob eine real existierende Mietforderung vorlag. Die Kernpunkte der Ablehnung:
- Unklare Wohnsituation: Bei einem Hausbesuch im Jahr zuvor stellte sich heraus, dass das Haus des Klägers unbewohnt wirkte. Es gab keine Klingel und der Briefkasten war zugeklebt. Nachbarn berichteten, dass das Haus seit Jahren leer stand.
- Probleme bei der Postzustellung: Mehrere Schreiben, die an die Wohnadresse des Klägers geschickt wurden, kamen mit dem Vermerk „unzustellbar“ zurück. Das Jobcenter ging daher davon aus, dass der Kläger nicht tatsächlich dort lebte.
- Der fragwürdige Mietvertrag: Der Mietvertrag, der aus dem Jahr 1993 stammte, war nie an die veränderten Wohnverhältnisse angepasst worden, obwohl sich die Wohnsituation durch den Tod der Großmutter deutlich geändert hatte. Trotz angeblich jahrelanger Mietrückstände hatte die Mutter des Klägers als Vermieterin keine Schritte zur Kündigung unternommen, was Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Mietverhältnisses aufwarf.
Im Schreiben an den Kläger erklärte das Jobcenter, dass „die Übernahme der Unterkunftskosten nur dann möglich ist, wenn ein tatsächlicher Bedarf nachgewiesen wird. Dies ist in Ihrem Fall nicht ausreichend geschehen.“
Was sagt das Gericht?
Sowohl das Sozialgericht Ulm (S 1 AS 2295/20) auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 2 AS 1661/23) bestätigten die Einschätzung des Jobcenters. Der Kläger konnte nicht ausreichend nachweisen, dass er tatsächlich zur Mietzahlung verpflichtet war. Besonders kritisch sah das Gericht die familiäre Verbundenheit zwischen Kläger und Vermieterin, seiner Mutter.
Das Gericht stellte fest: „Ein bestehender Mietvertrag allein genügt nicht, um einen Anspruch auf Kosten der Unterkunft geltend zu machen. Es muss nachgewiesen werden, dass tatsächlich eine Nutzung der Wohnung zu Wohnzwecken erfolgt und eine real existierende Mietzinsforderung besteht.“
Wichtige Punkte der gerichtlichen Entscheidung:
- Fehlende Nachweise: Der Kläger konnte keine Belege für geleistete Mietzahlungen oder die Nebenkostenabrechnung vorlegen. Er gab an, dass die Nebenkosten (Strom, Wasser, Heizung) bereits in der Miete enthalten seien, konnte jedoch keine nachvollziehbaren Rechnungen vorlegen.
- Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Mietverhältnisses: Der Mietvertrag bestand unverändert seit 1993, ohne jegliche Anpassung an die sich verändernde Wohnsituation. Das Gericht ging davon aus, dass das Mietverhältnis aufgrund der engen familiären Beziehung nicht ernsthaft geführt wurde. Die Tatsache, dass die Mutter des Klägers seit Monaten keine Miete mehr erhalten und trotzdem keine rechtlichen Schritte unternommen hatte, untermauerte diesen Verdacht.
- Kein tatsächlicher Bedarf: Auch wenn der Kläger die Wohnung genutzt hätte, sah das Gericht keine real existierende Mietzinsforderung. Ohne den Nachweis eines echten Bedarfs an Mietzahlungen bestand somit auch kein Anspruch auf die Übernahme der Kosten durch das Jobcenter.
Scheinverträge mit Verwandten
Wir haben bereits über einen ähnlich gelagerten Fall berichtet, wo ein Mietvertrag zwischen Verwandten ebenfalls zu Streitigkeiten mit dem Jobcenter führte. Auch hier wurde die Übernahme der Wohnkosten abgelehnt, weil der Mietvertrag als „Scheinmietvertrag“ bewertet wurde. Beide Fälle verdeutlichen, dass Mietverhältnisse zwischen Familienmitgliedern besonders genau geprüft werden, um Missbrauch die Erschleichung von Sozialleistungen zu verhindern.