Frische Daten des Bundesarbeitsministeriums (BMAS), die auf eine Anfrage des Linken‑Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch zurückgehen, zeigen: 5,5 Millionen Rentner haben mehr als 45 Beitragsjahre in der Rentenversicherung auf dem Buckel – gut ein Viertel von ihnen (rund 1,3 Millionen Menschen) bekommt trotzdem weniger als 1.300 Euro Rente brutto im Monat. Die bundesweite Durchschnittsrente liegt bei 1.668 Euro.
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Ost‑West‑Gefälle
Wer in Hamburg in Rente geht, erhält nach 45 Jahren im Schnitt 1.787 Euro, in Thüringen dagegen nur 1.491 Euro – ein Unterschied von fast 300 Euro. Auch zwischen Männern (1.778 Euro) und Frauen (1.449 Euro) klafft weiter eine deutliche Lücke – der Gender Pension-Gap.
Ungleichheit pur – Bürgergeld top, Rentner flop
Armutszeugnis für die Politik
Linken‑Fraktionschef Dietmar Bartsch spart nicht mit Kritik:
Wenn jeder vierte Rentner nach 45 Jahren Arbeit mit weniger als 1.300 Euro Rente auskommen muss, ist das ein Armutszeugnis für die Politik.
Bartsch fordert erneut eine Erwerbstätigenversicherung, in die alle – auch Beamte und Selbstständige – einzahlen.
Das Arbeitsministerium verweist dagegen auf den Gesamthaushaltseinkommen: „Eine niedrige Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sagt grundsätzlich wenig über den Lebensstandard im Alter aus, da weitere Einkünfte und das Haushaltseinkommen insgesamt relevant sind.“ Außerdem zählten zu den 45 Versicherungsjahren nicht nur Beitragszeiten, sondern auch Zeiten von Schule, Studium oder Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug. Teilzeit‑Phasen senken das Rentenkonto zusätzlich.
Rentenerhöhung verpufft
Die neuen Zahlen stützen einmal mehr unsere Analyse vom Ende Juni: Mehr als 740.000 Rentner müssen mit der Grundsicherung im Alter (Pendant zum Bürgergeld) aufstocken, weil ihr Einkommen das Existenzminimum nicht deckt.
Seit dem 1. Juli sind die Renten zwar offiziell um 3,74 Prozent gestiegen – für diesen Personenkreis kam davon jedoch nichts an: Jeder Euro mehr Rente wird auf die Sozialhilfe angerechnet. Das Ergebnis ist eine faktische Nullrunde, die den Betroffenen den Weg aus der Bedürftigkeit weiterhin versperrt. Was als Inflationsausgleich gedacht ist, bleibt so ein Teufelskreis: Mini‑Rentner verharren auf dem Existenzminimum – bis zur nächsten rentenseitigen Mini‑Erhöhung, die ihnen ebenso wieder abgezogen wird.
Kleine Rente mit Wohngeld oder Grundsicherung aufstocken
Warum selbst 45 Jahre nicht reichen
Das Ministerium listet als beitragsfreie Zeiten, die den Zahlbetrag drücken:
- Schul- und Studienjahre
- Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug
- Teilzeitphasen oder Niedriglohn
- Zurechnungszeiten bei Erwerbsminderungsrenten
Regierung muss handeln
Die neuen BMAS-Zahlen setzen ein weithin überhörtes Warnsignal: Selbst 45 Versicherungsjahre garantieren keinen Schutz vor Mini‑Renten. Jeder vierte langjährig Versicherte bleibt unter der 1.300-Euro‑Marke, Frauen noch häufiger als Männer und Ostdeutsche deutlich öfter als Westdeutsche. Ohne ein höheres Rentenniveau, eine breitere Finanzierungsbasis – inklusive Selbstständiger und Beamter – sowie gelockerter Freibeträge in der Grundsicherung wird die Lücke weiter wachsen.
