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NRW-Arbeitsminister warnt vor Bürgergeld-Streichungen

Hand über einem roten Notfall-Schalter

Klare Worte: In ihren Grundfesten gefährdet sei die Betreuung Langzeitarbeitsloser, wenn wie geplant 500 Millionen Euro bei den Eingliederungsmitteln gekürzt werden. Damit schade man der Leistungsfähigkeit der Grundsicherung. Dieser Warnruf stammt nicht etwas von den Linken oder einem Sozialverband. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen Karl-Josef Laumann (CDU) richtet diese Worte in einem offenen Brief an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Er fordert, von den Sparplänen Abstand zu nehmen.

Warnung vor weitreichenden Folgen

Karl-Josef Laumann redet nicht um den heißen Brei und schon gar nicht seinen Parteikollegen nach dem Mund. Wenn ihm etwas missfällt, macht er das auch deutlich. Während große Teile von CDU und CSU samt Mittelstands- und Wirtschaftsunion den Sparkurs beim Bürgergeld begrüßen, macht Laumann auf die Konsequenzen aufmerksam. Und die sind weitreichend und rechtfertigen keinesfalls kurzfristige Spareffekte.

Forderungen mit Hand und Fuß

Der offene Brief des nordrhein-westfälischen Arbeitsministers umfasst fünf Seiten. Es herrscht also Redebedarf, der seitens der Regierung offenbar nicht gesehen wird. Denn bislang wurde jede Kritik weggelächelt oder totgeschwiegen. Wenn jetzt Amtskollegen den Zeigefinger heben, darf man gespannt sein, ob eine Reaktion folgt. Denn die Aussagen von Karl-Josef Laumann haben im Gegensatz zu den populistischen Forderungen nach dem Rotstift beim Bürgergeld Hand und Fuß.

Gefahr für die Integrationsaktivität

Der Minister erklärt, er schreibe den Brief

„aus großer Sorge um die Leistungsfähigkeit der Grundsicherung“.

Er sehe die Kürzungen bei den Eingliederungsmitteln kritisch. Sie gefährdeten die Integration Langzeitarbeitsloser. Schon heute reichten die vom Bund angesetzten Mittel nicht für die notwendigen Aufgaben der Jobcenter.

Langzeitarbeitslose leiden

Dabei nimmt Karl-Josef Laumann explizit Bezug auf das Bürgergeld und die damit verbundenen Neuregelungen, die eine intensivierte Betreuungs- und Integrationsaktivität erforderten. Für ein solches Engagement bedürfe es mehr und nicht weniger Aufwand in den Jobcentern, auch vor dem Hintergrund des Teilhabechancengesetzes. Mittelkürzungen in diesem Bereich hätten schon in diesem Jahr dazu geführt, dass der Rotstift angesetzt worden sei. Darunter litten in erster Linie Langzeitarbeitslose.

Arbeitskräftepotential bleibt ungenutzt

Auf den Punkt gebracht:

„Die für das kommende Jahr geplanten Kürzungen des Budgets setzen sich also massiv über die tatsächlichen Entwicklungen im Eingliederungstitel hinweg.“

Das führe dazu, dass von der Wirtschaft dringend benötigtes Arbeitskräftepotential beim SGB II ungenutzt bleibe und Betroffene länger im Leistungsbezug verblieben. Ignoriert würden ferner die steigenden Personal- und Verwaltungskosten. Schon heute müssten Jobcenter Mittel für die Eingliederung in den Verwaltungshaushalt umzuschichten. Das Geld fehle dann für eine aktive Arbeitsmarktpolitik.

Jobcenter zweigen Bürgergeld Fördergelder in eigene Verwaltung

Umstrukturierungen lösen keine Probleme

Kritik übt Laumann auch am Vorhaben, junge Menschen bis 25 Jahren künftig an die Arbeitsagentur, statt an das Jobcenter zu verweisen. Viele Betroffene verschwänden vom Radar und kämen trotz aller Bemühungen nicht in einer Ausbildung oder Arbeit an. Neue und schwerer beherrschbare Schnittstellen, wie sie bei einem Zuständigkeitswechsel für die Jugendlichen geschaffen würden, lösten dieses Problem nicht. Jugendarbeitslosigkeit ließe sich nicht durch Umstrukturierungen bekämpfen.

Bürgergeld Einsparungen: Sozialreform wird zum Sozialabbau durch Hintertür

Das System ausbauen und stärken

Sinnvoller sei es, Jugendliche umfassend zu unterstützen und generell das System der Grundsicherung im Sinne der Bürgergeldreform zu stärken und auszubauen. Endlich jemand, der Klartext redet.

Hier finden Sie den offenen Brief

Hinweis der Redaktion:

Von allen Personen in Bürgergeld Bedarfsgemeinschaften (letzter Stand April 2023) – insgesamt 5.783.392 bundesweit – leben 1.650.473 respektive 28,5 Prozent in Nordrhein-Westfalen. NRW ist auch das bevölkerungsreichste Bundesland in Deutschland, gefolgt von Bayern und Baden-Württemberg, dennoch haben Bayern und Baden-Württemberg zusammen nur etwa halb so viele hilfebedürftige Personen in Bürgergeld Bedarfsgemeinschaften (insgesamt: 981.346 ).

Bild: FrankHH/ shutterstock.com