Für Bürgergeld-Bedürftige zahlt das Jobcenter im Leistungsbezug keine Beiträge in die Rentenversicherung ein, was bedeutet, dass Zeiten des Bürgergeld-Bezuges eine spätere Rente nicht erhöhen. Minijobber mit einem 556-Euro-Job (603 Euro ab 2026), die auf Bürgergeld angewiesen sind, können dennoch mit Hilfe des Jobcenters in die Rentenkasse einzahlen – wenn sie sich bei der geringfügigen Beschäftigung nicht von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien lassen.
Laut aktuellen Statistiken der Jobcenter sind rund 273.800 der erwerbstätigen Leistungsberechtigten (ca. 813.800) ausschließlich in einer geringfügigen Beschäftigung tätig. Das entspricht einer Quote von 33,6 Prozent.
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Der Minijob ist dafür bekannt, dass Arbeitnehmer ihr Gehalt Brutto für Netto ausgezahlt bekommen, also im besten Fall die vollen 556 Euro monatlich bei der aktuellen Minijob-Grenze in 2025. Sozialabgaben für Kranken- und Rentenversicherung (13 Prozent bzw. 15 Prozent) trägt der Arbeitgeber – immerhin etwa 175 Euro monatlich. Für Minijobber selbst ergeben sich damit aber weder eine Krankenversicherung noch Rentenansprüche aus diesen pauschalen Zahlungen.
Rentenversicherungspflicht im Minijob
Grundsätzlich unterliegen Minijobs der Rentenversicherungspflicht. Minijobber können sich aber auf Antrag davon befreien lassen – ein Schritt, der gut überlegt sein sollte. Denn eine Befreiung ist unwiderruflich, solange die geringfügige Beschäftigung besteht.
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3,6 Prozent Abgabe an die Rentenkasse
Lässt man sich hingegen nicht RV-Pflicht befreien, werden 3,6 Prozent vom Bruttoeinkommen durch den Arbeitgeber einbehalten und an die Minijob-Zentrale abgeführt. Diese 3,6 Prozent sind die Differenz zwischen dem vollen Rentenbeitrag von 18,6 Prozent und den 15 Prozent, die pauschal vom Arbeitgeber übernommen werden. Bei höchstmöglichem Einkommen – aktuelle Minijob-Grenze – von 556 Euro beträgt der Rentenbeitrag 20,02 Euro im Monat, womit die Auszahlung von 556 Euro auf 535,98 Euro reduziert wird.
Bereits 2021 hat die Deutsche Rentenversicherung ermittelt, dass sich 80 Prozent der Minijobber von der Rentenversicherung befreien lassen. Bei der damaligen Rechnung kam die DRV auf eine Rentenerhöhung von 6,67 Euro monatlich und damit 80,04 Euro jährlich – ausgehend von einem monatlichen Beitrag von 16,20 Euro. Nach heutigem Stand dürfte dies deutlich mehr sein.
Auswirkungen für Leistungsempfänger
Ist man auf das Bürgergeld angewiesen und ein Minijob die einzige Erwerbstätigkeit, ist es ratsam, sich nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen, da so das Jobcenter die Rentenversicherungsbeiträge indirekt finanziert. Dies lässt sich am besten in einer beispielhaften Vergleichsrechnung zeigen.
Beispiel: Julia ist Single, 29 Jahre alt und wohnt in Hamburg. Da sie auf Bürgergeld angewiesen ist, hat sie einen monatlichen Bedarf von 563 Euro Regelsatz, 690 Euro für Wohnkosten (Miete und Heizung) – zusammen 1.253 Euro. Sie geht einer geringfügigen Beschäftigung in der Gastronomie nach, wo sie 556 Euro monatlich verdient. Aufgrund der Freibeträge auf das Einkommen bleiben vom ausgezahlten Gehalt 194,80 Euro anrechnungsfrei, das ist der höchstmögliche Freibetrag beim Minijob in Kombination mit dem Bürgergeld.
| ohne RV-Pflicht | mit RV-Pflicht | |
|---|---|---|
| Bruttoeinkommen | 556,00 EUR | 556,00 EUR |
| Rentenversicherungsbeitrag | -20,02 EUR | |
| Nettoauszahlung | 556,00 EUR | 535,98 EUR |
| Freibeträge auf Einkommen | -194,80 EUR | -194,80 EUR |
| Anrechnung auf Bürgergeld | 361,20 EUR | 341,18 EUR |
| Bürgergeld Bedarf | 1.253,00 EUR | 1.253.00 EUR |
| Bürgergeld Auszahlung | 891,80 EUR | 911,82 EUR |
Diese Tabelle zeigt, dass zwar durch den Beitrag zur Rentenversicherung das Netto um 20,02 Euro gemindert wird, dieser Differenzbeitrag aber vom Jobcenter mit dem Bürgergeld ausgezahlt wird, da ansonsten der Bedarf nicht gedeckt wäre – Was im Job also weniger ist, füllt das Jobcenter bei den Leistungen auf.
In beiden Fällen hat man demnach genauso viel Geld im Monat zur Verfügung, nur dass ohne die Befreiung zur Rentenversicherungspflicht beim Minijob noch 20,02 Euro monatlich in die Rentenkasse eingezahlt werden, die praktisch über das Jobcenter finanziert werden und sich später positiv auf die eigene Rente auswirken können.
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Jobcenter darf keine Befreiung verlangen
Vermehrt erreichen uns Anfragen von Hilfebedürftigen, die vom Jobcenter aufgefordert werden, sich mit dem o.g. Formular der Minijob-Zentrale von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen. Diese Praxis ist rechtswidrig, da es sich bei beim Minijob um eine Rentenversicherungspflicht und um keine freiwillige Abgabe handelt.
Leistungsempfänger müssen sich demnach nicht befreien lassen. Auch interne Dokumente der Bundesagentur für Arbeit, die unserer Redaktion vorliegen, schreiben ausdrücklich vor, dass wenn Beiträge im Rahmen eines Minijobs an die Rentenkasse abgeführt werden, diese Pflichtbeiträge als Absetzbeträge gemäß § 11b Abs. 1 Nr. 2 SGB II beim Bürgergeld zu berücksichtigen sind. Eine Aufforderung des Jobcenters, sich beim Minijob von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen verstößt gegen die gesetzlichen Vorgaben.
Hinweis für Wohngeld Empfänger
Auch für Bezieher von Wohngeld ist es ratsam, sich beim Minijob nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen, da durch den Rentenbeitrag von 20,02 Euro Abzugsbeträge in Höhe von zehn Prozent beim Einkommen (55,60 Euro) geltend gemacht werden können. Hier müssen Wohngeld-Empfänger aber selbst nachrechnen, ob es sich in ihrem individuellen Fall lohnt. Dazu kann auch der Wohngeldrechner von wohngeld.org genutzt werden.


