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Kranke Bürgergeld Bedürftige wird vom Jobcenter an Obdachlosen-Pension verwiesen

Kranke Bürgergeld Bedürftige wird vom Jobcenter an Obdachlosen Pension verwiesen

Zwei Jahre vom geordneten Leben hin zur drohenden Obdachlosigkeit: So schnell kann es gehen. Das ist eines von vielen Beispielen dafür, dass die gemütliche soziale Hängematte, von der einige gerade träumen, eher ein Albtraum ist. Wohnungsnot, fehlende finanzielle Mittel: Antworten darauf liefert die Politik nicht. Das spiegelt sich auch in der Hilflosigkeit eines Jobcenters wider, das einer kranken Frau die Rufnummer der Obdachlosen-Pension gibt.

Armutsbetroffene berichten von ihrem Leben

Mit dem Hashtag #IchBinArmutsbetroffen haben sich Bürgergeldempfänger, Rentner und auch Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen getraut, „die Hosen runterzulassen“. Sie erzählen von ihren Geschichten, ihren Nöten und teils auch von Hilfsbereitschaft trotz der nicht enden wollenden Neid-Debatte um 12 Prozent mehr Bürgergeld ab 2024.

Durch Krankheit auf Hilfe angewiesen

Sehr offen mit ihrer Lebensgeschichte geht auch „MS FIGHTER“ auf „X“ (ehemals Twitter) um. Sie berichtet von familiären Problemen, einer Vergewaltigung und jetzt dem Leben mit Multipler Sklerose.

„Durch meine Krankheit bin ich momentan Bürgergeld Empfängerin“,

schreibt sie. Als wäre das nicht schon schlimm genug, muss sie jetzt eine neue Wohnung für sich und ihre beiden Hunde suchen – in München Nord. Unter dem Titel „Die #Wohnungsnot ist real !!“ hat sie auf ihre Situation aufmerksam gemacht und sucht nach einer geeigneten Wohnung.

Hinweis: Bitte melden Sie sich bei „MS FIGHTER“, wenn Sie Vermieter sind oder jemanden kennen, der ihr eine ca. 45 qm große, barrierefreie Wohnung in München-Nord anbieten kann.

Wohnungssuche mit Bürgergeld

Die berühmte Nadel im Heuhaufen dürfte ein Witz dagegen sein, eine geeignete Wohnung in der bayerischen Landeshauptstadt zu finden. Eine einzige Wohnungsbesichtigung, zu der „MS FIGHTER“ eingeladen worden sei, endete mit der Absage durch das Jobcenter: zu teuer. Die Wohnung dürfe maximal 781 Euro kosten.

Die Nadel im Heuhaufen

Der Antrag auf eine Sozialwohnung läuft. Hoffnung macht das Amt der Frau allerdings nicht. In dem Antwortschreiben wird die Situation in München sehr eindrucksvoll dargestellt: 24.100 Haushalte, davon 6.400 wohnungslose Haushalte, seien derzeit registriert. Vermittelt werden könnten in diesem Jahr allerdings nur knapp 3.500 Wohnungen.

Jahrelang warten auf Sozialwohnung

Fazit:

„Trotz des hohen Einsatzes der Landeshauptstadt München ist es in einer wachsenden Stadt leider nicht möglich, allen Haushalten passenden und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen.“

Die Vermittlung einer geförderten Wohnung dauere daher Jahre. Kurzum: Eine barrierefreie Wohnung kann die Stadt München ihr nicht bieten.

Drohende Obdachlosigkeit

Das Jobcenter reagierte auf die Not der Frau wenig vorbildlich und schon gar nicht nach den Vorgaben der Regierung: Denn die hatte Augenhöhe versprochen. Statt gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, gab man der Frau die Rufnummer der Pension für Obdachlose.

Hinter jeder Geschichte steht ein Mensch

„Vor 2 Jahren hatte ich ein geregeltes Leben und nun droht mir die Obdachlosigkeit. So schnell kann sich das Leben ändern“,

erklärt „MS FIGHTER“ resigniert auf „X“. Mit ihrem etwas längeren Tweet wolle sie zum Ausdruck bringen, dass Bürgergeld nicht das beste Leben biete und Krankheit und Armut eng miteinander verbunden seien.

„Bevor ihr Menschen stigmatisiert, macht euch bewusst, dass hinter jeder Geschichte ein Mensch steht.“

Jetzt sucht sie unter anderem via „X“ weiter nach einer Wohnung. Tipps gibt es viele und auch Fragen, warum sie nicht aus München wegzieht. Das sei nicht möglich, weil ihre Oma auf sie angewiesen sei und sich auch die MS Ambulanz in München befinde.

Es kann jeden treffen

Der Tweet, für den es auch versteckt Kritik hagelt (etwa an den Hunden), unterstreicht einmal mehr: Mit dem Bürgergeld gibt es kein süßes Leben, sondern sehr viel Demütigung, Sorgen und Stress. Vor allem aber: Es kann jeden jederzeit treffen. Dann gehört man plötzlich auch zu denen, die krank sind, sich um die Eltern oder Großeltern kümmern und sich trotzdem jeden Tag anhören müssen, sie seien einfach nur faul.

Bild: ISEN STOCKER/ shutterstock.com

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