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Der Staat lässt Rentner im Stich

Rentnerin verzweifelt mit wenig Geld

Über 20 Prozent Inflation bei Lebensmitteln noch im März dieses Jahres stehen 5,86 Prozent mehr Rente im Osten und 4,39 Prozent mehr Rente im Westen gegenüber. Was das heißt, kann sich jeder selbst ausrechnen. Rentnerinnen und Rentner mit geringen Bezügen müssen den Gürtel enger schnallen oder zur Tafel. Da ist es verständlich, wenn sich Unmut regt – auch mit Blick auf die Berechnung des Bürgergelds, das deutlich stärker steigt als die Renten.

12,2 Prozent mehr Bürgergeld

Die Bürgergeldfortschreibung mit einem Plus von 12,2 Prozent von 2023 zu 2024 sorgt bundesweit für Diskussionen. Dabei kratzt die Anpassung gerade einmal an dem, was eigentlich nötig wäre, um das Existenzminimum sicherzustellen. Künftig gibt es 563 Euro Regelsatz für einen Single (bislang 502 Euro). Sozialverbände sehen den Grenzwert längst jenseits der 800 Euro.

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Die Anpassung der Rente

Während die Politik angesichts der Zahlen gerne Arbeitnehmer gegen Bürgergeldempfänger ausspielt, gehen Rentner in der Diskussion unter. Sie werden vom Staat komplett im Stich gelassen – und das wie bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit einem süffisanten Lächeln (dazu später mehr). Den Beweis liefern die Zahlen. Die sind angesichts der Inflation erschreckend.

Lohn-basierte Rechnung

Beim Bürgergeld wird inzwischen die Inflation mit der ergänzenden Fortschreibung weitaus stärker gewichtet als die Entwicklung der Löhne. Bei der Rente hingegen schaut man vornehmlich darauf, wie sich die Einkommen von Arbeitern, Angestellten und allgemein Arbeitnehmern entwickeln. Das Ergebnis: Das Bürgergeld steigt zum kommenden Jahr um 12,2 Prozent. Die Rente hingegen wurde zum 1. Juli nur um 5,86 Prozent (Osten) bzw. 4,39 Prozent (Westen) angehoben. Das entspricht in etwa der durchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter, die für das Bürgergeld berücksichtigt wurde (5,5 Prozent).

Inflationsausgleichsprämie

Um die Folgen der Inflation besser abfedern zu können, hat die Regierung zumindest für Arbeitnehmer eine Möglichkeit geschaffen: mit der Inflationsprämie von bis zu 3.000 Euro. Gezahlt wird sie nicht vom Staat, sondern von den Arbeitgebern. Dabei handelt es sich um eine steuerfreie Sonderzahlung, auf die keine Sozialversicherungsabgaben anfallen. Davon profitiert zwar nicht jeder, weil nicht jedes Unternehmen die finanziellen Mittel hat, aber immerhin.

Rentner gehen leer aus

Rentnerinnen und Rentner gehen dabei komplett leer aus. Besonders ärgerlich daran: Weil für den öffentlichen Dienst im Rahmen der Tarifeinigung eine Inflationsprämie vereinbart wurde, von der auch der Kanzler und seine Minister profitieren, geht die Prämie automatisch auf Pensionäre über. Der entsprechende Referentenentwurf liegt vor – beschränkt sich vorerst aber auf die Versorgungsempfänger des Bundes (die der Länder werden noch nicht berücksichtigt).

Hilfe wäre zu teuer

Darauf angesprochen, warum Rentner keine Inflationsprämie erhalten, antworte Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer Bürgerrunde:

„Naja, rechnen Sie mal die Zahl der Millionen Rentner mal 3.000 Euro – und dann setzen Sie sich ganz langsam hin.“

Das sei eine ziemliche Summe Geld.

Unsägliches Signal

Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, ist angesichts dieser Ungleichbehandlung fassungslos:

„Wer nur von einer kleinen Rente lebt, hält eine Inflationsprämie für Pensionäre des Bundes für absolut unangemessen.“

Das sei ein unsägliches Signal für Rentner. Betroffene hätten bei einer Inflation von über sechs Prozent immer weniger im Einkaufskorb.

„Das Geld reicht bei denen mit kleinen Renten und ohne weitere Einkommensquellen kaum noch für Lebensmittel, Energie und die Zuzahlungen zu Medikamenten“,

so Bentele.

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Altersarmut wird sichtbar

Die Folgen sieht man jeden Tag auf der Straße: Rentner, die Flaschen sammeln oder verschämt in der Schlange stehen, um bei der Tafel Lebensmittelspenden abzuholen. Für ein wohlhabendes Land wie Deutschland ist das im wahrsten Sinne des Wortes ein Armutszeugnis. Und es wird immer schlimmer, weil die Rente mit der Inflation nicht Schritt hält und die Politik Hilfen ablehnt. Immer mehr Menschen werden bei Renteneintritt auf Sozialleistungen wie die Grundsicherung im Alter angewiesen sein.

Timofey Zadvornov/ shutterstock.com