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Bürgergeld: Kritik an Jobcentern – zu langsam und fachliche Defizite

Beamtin hält im Büro Schiuld hoch mit "Blah, blah, blah"

Was Bürgergeld Bedürftige immer wieder kritisieren – und dafür teils belächelt werden – findet sich jetzt schwarz auf weiß im Tätigkeitsbericht für das Jahr 2022 der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein, Samiah El Samadoni. Auf ihrem Schreibtisch landeten im vorigen Jahr allein 583 Petitionen aus dem Bereich Grundsicherung für Arbeitssuchende. Die Zahl ist zwar rückläufig, trotzdem unterstreichen die Eingaben eindrucksvoll, dass der Schuh an vielen Stellen drückt.

Keine zeitnahe Bearbeitung

Ein Aspekt, der sich dabei durch den gesamten Bereich Soziales zieht, von Hartz IV (jetzt Bürgergeld) über die Sozialhilfe bis hin zur gesetzlichen Krankenversicherung: Anliegen werden nicht zeitnah bearbeitet. In der Pressemitteilung heißt es:

„Gegenstand der Beschwerden im Jahr 2022 war außergewöhnlich häufig, dass es bei der Bearbeitung der Vorgänge in den Sozialbehörden zu erheblichen Verzögerungen kam.“

Beschwerden lohnen sich

Hinsichtlich der Grundsicherung für Arbeitssuchende müssten Betroffene oftmals Wochen warten. Dass es sich lohnt, dagegen vorzugehen und sich zu beschweren, zeigt das Beispiel Schleswig-Holstein. Hier konnte die Bürgerbeauftragte „stets zügig zufriedenstellende Lösungen“ finden.

Stromkosten als ernsthafte Gefahr

Massive Probleme sieht Samiah El Samadoni aufgrund der steigenden Stromkosten. Sie habe die Regierung immer wieder darauf hingewiesen, dass der Betrag, der im Bürgergeld Regelsatz für Strom enthalten sei, nicht ausreiche. Das werde für viele Armutsbetroffene jetzt zu einer „ernsthaften Gefahr“, da sie nicht mehr in der Lage seien, ihre Abschläge zu bezahlen. Die Stromkosten müssten daher als Teil der Wohnkosten anerkannt und gesondert neben dem Regelbedarf übernommen werden.

Probleme bei Heiz- und Wohnkosten

Ähnlich verhalte es sich bei den Heizkosten. Hierzu und zu den Wohnkosten umfasst der Tätigkeitsbericht gleich zwei Vorschläge, wie künftig verfahren werden könnte, um Beschwerden und Probleme zu vermeiden.

  • Heizkosten: In normalen Zeiten mit einer gleichbleibenden Entwicklung der Heizkosten sei die Prüfung der Angemessenheit anhand eines Heizspielgels und der Kosten je Quadratmeter zwar gerecht. In Krisenzeiten führe dies jedoch zu unbefriedigenden Lösungen, insbesondere, wenn sich der Verbrauch nicht verändere und Bürgergeld Bedürftige keinen Einfluss auf die Heizpreise hätten. Der Lösungsvorschlag: Eine Festschreibung durch den Gesetzgeber, wonach die Kosten als angemessen gelten, wenn der Verbrauch angemessen ist.
  • Wohnkosten: Immer mehr Menschen suchen nach günstigem Wohnraum. Vor diesem Problem stehen auch Bürgergeld Betroffene. Sie sehen sich mit einem Kostensenkungsverfahren konfrontiert, wenn der Wohnraum die Richtwerte überschreitet. Viele dieser Verfahren, so der Bericht, blieben jedoch erfolglos. Vorgeschlagen wird, dass die Jobcenter die Wohnungssuche begleiten und eigene Erhebungen zum Wohnungsmarkt anstellen. Zeige sich, dass es keinen anderweitigen Wohnraum gebe, könne von einem Kostensenkungsverfahren abgesehen werden.

Kritik an der Bundesagentur für Arbeit

Die Kritik der Bürgerbeauftragten richtet sich nicht nur an die Regierung, sondern auch an die Bundesagentur für Arbeit. In vielen Bescheiden fehlten nachvollziehbare Begründungen. Der Arbeitsaufwand werde gerade bei Entscheidungen mit höherem Begründungsaufwand eher gesenkt und nicht erhöht. Als Grund hierfür sieht die Bürgerbeauftragte

„teilweise fachliche Defizite in der Mitarbeiterschaft“.

Überlastung der Jobcenter und Sozialämter

Hinzu komme die Überlastung, die auch durch den Fachkräftemangel begründet wird. Oder anders ausgedrückt: Weil die Ampel an der falschen Stelle spart, wächst der Druck auf die Jobcenter, den dann Bürgergeld– und Armutsbetroffene zu spüren bekommen – direkt oder indirekt durch lange Wartezeiten und fehlerhafte Bescheide.

Bild: Elnur/ shutterstock.com