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AfD bezichtigt Bürgergeld-Empfänger der Schwarzarbeit

Sparschein mit Euroscheinen und Aufschrift Schwarzgeld

Kaum veröffentlicht, sind die jüngsten Berechnungen zu Lohnabstand und Bürgergeld schon als Milchmädchenrechnung und Regierungspropaganda gebrandmarkt. Diese Aussage stammt vom arbeits- und sozialpolitischen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion der AfD, René Springer. Seine Begründung und damit die Kritik an den neuen Regelsätzen beim Bürgergeld weist allerdings gravierende Fehler auf. Mehr noch: Er unterstellt Bürgergeldempfängern, Schwarzarbeit nachzugehen.

Berechnungen zum Lohnabstand

Hintergrund: Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hatte im Auftrag des ARD-Formats „Monitor“ (wir berichteten) acht Familienkonstellationen mit Bürgergeld und Mindestlohn berechnet und war zu dem Ergebnis gekommen:

„Wir haben festgestellt, dass man in allen diesen denkbaren Konstellationen mehr Geld hat, wenn man arbeitet, und dass der Abstand teils auch sehr deutlich ist.“

532 Euro mehr für einen Single: Bürgergeld weniger lukrativ als Arbeit

Zweifel an den Zahlen

Daran hat René Springer Zweifel. Er spricht in einer Pressemitteilung davon, dass es sich um „gewünschte Ergebnisse“ handelt, mit denen die Regierungspolitik beschönigt werden soll. Die Behauptung grenze an „sonderbare Dreistigkeit“.

Vorwurf der Milchmädchenrechnung

Warum? Weil das WSI aus Sicht der AfD eine Milchmädchenrechnung aufstellt. 532 Euro mehr Lohn bei einem Alleinstehenden nennt der AfD-Abgeordnete „ein Armutszeugnis der Politik“. Wer 40 Stunden arbeite und alles selbst tragen müsse, statt den ganzen Tag Freizeit zu haben, werde mit Recht feststellen, dass Arbeit sich nicht mehr lohne.

CDU-Haushaltsexperte will mindestens 500 Euro Lohnabstand zum Bürgergeld

Fahrtkosten

Das gelte umso mehr, weil „Arbeitnehmer ihre Fahrtkosten selbst tragen und Kita-Plätze eigens finanzieren“. Mit diesem Hinweis disqualifiziert sich René Springer. Wer als Arbeitnehmer Fahrtkosten hat, kann sie bei der Steuer geltend machen. Sie sind also nicht zwangsläufig ein Nachteil, der Bürgergeldempfänger besserstellt.

Kita-Platz bei Singles?

Und wenn ein Bundestagsabgeordneter Zahlen aufgreift, dann sollte er auch richtig lesen: 532 Euro Lohnvorsprung gelten für einen Single. Die Musterrechnungen des WSI sehen hier kein Kind im Haushalt vor. Was haben die Kosten für die Kita dann in dieser Rechnung verloren? Genau: gar nichts. Dann hätte der AfD-Vertreter auf die Daten für eine Familie oder Alleinerziehende verweisen müssen – und da ist der Vorteil von Lohn gegenüber dem Bürgergeld noch deutlicher.

Verschwörungstheorien

Grenzwertig wird es, wenn René Springer dann auch noch schreibt,

„dass Bürgergeldempfänger mit etwas Schwarzarbeit dem Vollzeitarbeitenden gegenüber klar bessergestellt sind“.

Zu behaupten, dass Menschen, die auf Bürgergeld angewiesen sind, schwarzarbeiten und damit zu belegen, wie schlecht es Arbeitnehmern in Deutschland geht, ist eines arbeits- und sozialpolitischen Sprechers einer Bundestagsfraktion absolut unwürdig. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass René Springer staatsnahen Medien mangelnde Realität bei der Berichterstattung vorwirft. Das erinnert an Verschwörungstheoretiker.

Die Pressemitteilung vom 21.09.2023

Bild: Reinhard Fuerstberger/ shutterstock.com