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50 Prozent Bürgergeld streichen: Spahn will härtere Sanktionen bei Arbeitsverweigerung

Jens Spahn am Rednerpult mit Mikrofon

Dem Verfassungsgericht zu widersprechen, ist vermutlich keine besonders gute Idee. Geht es dabei aber um das Bürgergeld, dürfte Jens Spahn (CDU) mit seinem Vorschlag massig Stimmen sammeln: Er fordert schon länger, dass arbeitsfähige Bürgergeld Bedürftige härter bestraft werden müssen, wenn sie einen Job ablehnen. Bei einem Termin in Baden-Württemberg hat er die Katze jetzt aus dem Sack gelassen: Ginge es nach ihm, wird das Bürgergeld um deutlich über 50 Prozent gekürzt.

Zehn bis 30 Prozent Leistungsminderungen

Aktuell werden Leistungsminderungen – der Namensnachfolger der Bürgergeld Sanktionen – zwischen zehn und maximal 30 Prozent ausgesprochen. Das System ist gestaffelt. Meldeversäumnisse sind mit zehn Prozent belegt. Andere Verstöße werden beim ersten Mal mit zehn, dann mit 20 und beim dritten Vorfall mit 30 Prozent geahndet. Zu wenig, findet Jens Spahn und hat bei einem Besuch der CDU-Fraktion in Baden-Württemberg wieder einmal Stimmung gegen das Bürgergeld gemacht.

Wer arbeiten kann, muss arbeiten

„Wer in einer Situation, wo es hunderttausendfach zumutbare Arbeit gibt auf allen Qualifikationsstufen, diese nicht annimmt, muss mit Kürzungen deutlich über 50 Prozent rechnen“,

wird der Unionsfraktionsvize zitiert. Dabei betonte er nochmals, dass es ihm nicht um Bürgergeld Bedürftige gehe, die nicht arbeiten könnten – was zum Beispiel für alle gilt, die Angehörige pflegen. Vielmehr will er allen Arbeitsverweigerern einen gewaltigen Tritt verpassen.

Anm. d. Redaktion: Auch die FDP hatte kürzlich einen offenen Brief an die BA Chefin Andrea Nahles verfasst mit der Frage, wie sie mit Arbeitsverweigerern bzw. dem Missbrauch durch Eigenkündigung mit dem Ziel der Bürgergeld Zahlungen, umgehen möchte. Allerdings gibt es keine belastbare Statistik, wie viele vermeintliche „Arbeitsverweigerer“ es gibt bzw. in welchem Umfang Kündigungen beim Arbeitgeber eingereicht wurden. Die Zahlen der Gebäudereinigerinnung, die letzte Woche vorgestellt wurden, haben sich als unseriös und populistisch herausgestellt.

Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts

Damit wird er allerdings kaum Erfolg haben. Denn schon zu Zeiten von Hartz IV hat das Bundesverfassungsgericht sehr klar formuliert, wo die Grenzen zu ziehen sind (BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 05. November 2019, 1 BvL 7/16 -, Rn. 1-225). In dem Urteil heißt es unter anderem, dass durch Sanktionen oder jetzt Leistungsminderungen eine „außerordentliche Belastung“ geschaffen werde.

Existenzminimum gewährleisten

Die Richter betonten, dass es bei Sanktionen auch um das vom Grundgesetz geschützte Existenzminimum gehe – und damit um die Menschenwürde. Daher dürften Kürzungen bei Hartz IV, heute dem Bürgergeld, nicht zu weit gehen, zumal mit jeder Sanktion das Existenzminimum reduziert werde. Das Gericht hat deshalb bei 30 Prozent vom Regelsatz eine rote Linie gezogen, die nicht überschritten werden darf. Bei außergewöhnlichen Härten sei ganz von Sanktionen abzusehen.

Da darf man gespannt sein, wie Jens Spahn seinen Vorstoß von 50 Prozent plus rechtfertigen will, wenn Verfassungsrichter dies als nicht zumutbar bezeichnen.

Bild: photocosmos1/ shutterstock.com