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3.600 € Bürgergeld-Rückforderung trotz Jobcenter-Panne

Frau zählt mehrere 100-Euro-Scheine

Das Jobcenter zahlte einer Bürgergeld-Empfängerin mehrere Monate lang jeden Monat 480 € Heizkosten zu viel – aus Versehen. Als der Irrtum aufflog, verlangte das Amt dann rund 3.600 € zurück. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschied: Rückforderung zulässig, weil die Bewilligungen vorläufig waren und dafür kein Vertrauensschutz gilt.

Hintergrund

2019 bewilligte das Jobcenter die Leistungen der Klägerin nur vorläufig, weil ihr Einkommen noch nicht abschließend feststand. Nach einer Heizöllieferung im April setzte die Behörde 480 € an – eigentlich als einmalige Kostenübernahme. Stattdessen lief der Betrag als monatliche Zahlung weiter. Ab Mai gingen mehrere Monate hintereinander jeweils 480 € ein, auch in Monaten ohne Heizöllieferung. Tatsächlich lagen aber nur drei Rechnungen vor: April 2019 (500 €), Oktober 2019 (556 €) und Januar 2020 (628,77 €). Bei der endgültigen Festsetzung ergab der Abgleich von Zahlungen und Belegen eine Überzahlung von 3.595,23 €, die das Jobcenter zurückforderte. Die Klägerin hielt dagegen, sie habe auf die Richtigkeit der Bescheide vertraut und zudem angenommen, dass nur das Einkommen vorläufig festgesetzt worden sei, nicht aber die Heizkosten.

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Der Weg durch die Instanzen

Zunächst blieb der Widerspruch beim Jobcenter ohne Erfolg. Vor dem Sozialgericht Lüneburg (S 50 AS 408/20) drehte sich der Fall dann zugunsten der Klägerin: Die Richter sahen die Rückforderung kritisch und werteten sie als unzulässige Rechtsausübung, da der Fehler eindeutig beim Jobcenter lag und die Frau auf die Bescheide vertraut habe. In der Berufung hob das Landessozialgericht dieses Urteil auf (L 11 AS 597/23). Das LSG stellte klar, dass es auf die Vorläufigkeit der Bewilligungen ankommt: Solange noch keine endgültige Festsetzung erfolgt ist, dürfen zu hohe Zahlungen nachträglich korrigiert und zurückgefordert werden. Die Revision wurde nicht zugelassen, damit war die Klage am Ende erfolglos.

Begründung des Gerichts

Kern des Urteils ist der Unterschied zwischen vorläufigen und endgültigen Bescheiden. Vorläufige Bescheide sind eine Art Zwischenstand: Sie sichern den Lebensunterhalt, bis alle Unterlagen und Beträge feststehen. Genau deshalb greift der Vertrauensschutz hier nicht – das Jobcenter darf später richtigstellen, wenn sich herausstellt, dass zu viel geflossen ist.

Hinzu kam ein Punkt der Plausibilität: Monatlich 480 € extra statt einer einmaligen Erstattung ist auffällig. Nach Auffassung des Gerichts müssen Empfänger Bescheide lesen und ungewöhnliche Abweichungen bemerken. Wer monatelang deutlich höhere Zahlungen erhält, kann sich nicht darauf berufen, das sei nicht erkennbar gewesen.

Rechtlicher Hintergrund

Endgültige Bescheide genießen grundsätzlich Bestandsschutz: Ist ein Fehler enthalten, kann er nur in engen Ausnahmen korrigiert werden (etwa bei Täuschung oder grober Fahrlässigkeit). Bei vorläufigen Bescheiden ist das anders. Sie stehen ausdrücklich unter dem Vorbehalt der späteren Prüfung. Kommt die endgültige Festsetzung (Endabrechnung), wird ausgeglichen – auch zu Ungunsten des Empfängers. Im entschiedenen Fall waren auch die Heizkosten in diese Vorläufigkeit einbezogen, der Einwand, nur das Einkommen sei vorläufig, trug nicht.

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Was Betroffene mitnehmen können

Vorläufige Bescheide sind keine endgültige Entscheidung, sondern eine Art Zwischenstand. Sie sollen sicherstellen, dass Geld fließt, auch wenn noch Unterlagen fehlen oder bestimmte Kosten noch nicht feststehen. Deshalb kann das Jobcenter später korrigieren – sowohl nach oben als auch nach unten.

Wer deutlich mehr Geld erhält als üblich, sollte aufmerksam werden. Gerade wenn plötzlich jeden Monat ein Betrag überwiesen wird, der eigentlich nur einmal fällig gewesen wäre, lohnt sich ein kurzer Blick in den Bescheid oder eine Nachfrage beim Amt. So lässt sich vermeiden, dass am Ende eine hohe Rückforderung ins Haus flattert.

Wichtig ist außerdem, Belege ordentlich aufzubewahren. Bei Heizkosten zählen Rechnungen, Lieferbestätigungen oder Zählerstände. Erst anhand dieser Unterlagen entscheidet die Behörde endgültig, welche Kosten anerkannt werden. Wer hier vorbereitet ist, kann im Zweifel schneller und einfacher nachweisen, welche Ausgaben tatsächlich angefallen sind.