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0,80€ Stundenlohn – Arbeitspflicht für Geflüchtete: eine Blaupause für das Bürgergeld?

Müll sammeln gemeinnützig im Park

Sie müssen gemeinnützig arbeiten oder die Leistungen werden drastisch gekürzt. Das gilt in dem Fall nicht für Bürgergeld Bedürftige, sondern für Geflüchtete im Saale-Orla-Kreis (Thüringen). Der zuständige CDU-Landrat Christian Herrgott hat die nötigen Schritte eingeleitet und verlangt von Betroffenen, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, vier Stunden Zwangsarbeit pro Tag – bei einem Stundenlohn von 0,80 Euro, der auf eine Bezahlkarte gebucht wird. Das könnte zur Blaupause für das Bürgergeld werden.

Bezahlkarte für Bürgergeld von CDU-Abgeordneten gefordert

Regelung aus dem Asylbewerberleistungsgesetz

Mit dieser Maßnahme greift der Landrat eine Option auf, die das Asylbewerberleistungsgesetz in §5 (Arbeitsgelegenheiten) explizit vorsieht. Hier ist auch der Stundensatz von 80 Cent verankert. In den ersten drei Monaten dürfen Geflüchtete zwar keine reguläre Arbeit annehmen, wohl aber zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden.

Bislang wurde davon kein oder kaum Gebrauch gemacht. Der Saale-Orla-Kreis könnte daher eine Vorbildfunktion einnehmen. Denn die Begründung von Christian Herrgott ist – wenig verwunderlich – an die Forderungen angelehnt, die seitens von CDU und CSU auch zum Bürgergeld immer lauter werden.

Betroffene sollen etwas zurückgeben

„Es geht um ein Signal, dass die Menschen, die mit Steuergeld bezahlt werden, etwas an die Gesellschaft zurückgeben müssen und nicht den ganzen Tag auf einer Parkbank sitzen“,

erklärte der Landrat gegenüber der „Bild“-Zeitung. Für Arbeiten wie Schnee schippen, Straße fegen oder Hecke schneiden benötige man keine Sprachkenntnisse. Vermutlich, so Christian Herrgott, lerne man die Sprache durch die Arbeit schneller als in einem Kursus. Im Saale-Orla-Kreis ist man von der Maßnahme überzeugt. Sie sorge für Bewegung, betont der Landrat.

Zwangsarbeit-Idee der AfD

Vier Stunden täglich zu einem Stundenlohn von 0,80 Euro arbeiten bei staatlichen, kommunalen oder gemeinnützigen Trägern für 64 Euro im Monat. Die Zahlung erfolgt auf eine Zahlkarte – die von Experten als Stigma bewertet wird. Wer sich weigert, dem werden die staatlichen Leistungen um 180 Euro gekürzt.

Das erinnert stark an die 20 Stunden Zwangsarbeit für Bürgergeld Bedürftige, die vor einiger Zeit von der AfD in den Raum geworfen wurden. Auch seitens der Union und der FDP wurde angeregt, Betroffene zu jedweder Arbeit zu verdonnern.

Das Ende des Sozialstaats?

Mit dem Vorstoß aus Thüringen hat sich die Tür zu diesem Szenario wieder geöffnet. Denn was bei Geflüchteten funktioniert (inklusive Zahlkarte), könnte später auch auf Bürgergeld übertragen werden. Schließlich erhalten auch sie Gelder aus dem Steuertopf. Man darf allerdings gespannt sein, ob es überhaupt so viele Stellen gibt. Oder man streicht ganz einfach reguläre Jobs, um die Arbeiten zu einem Bruchteil der Kosten von Zwangsarbeitern verrichten zu lassen. Das hätte dann mit einem Sozialstaat rein gar nichts mehr zu tun.

Bild: Dragon Images/ shutterstock