Nullrunde heißt nicht Stillstand: Der Bürgergeld-Regelsatz bleibt 2026 bei 563 Euro, während Miete, Strom und Einkauf teurer werden. Die Kaufkraft schrumpft erneut. Was als Nullrunde verkauft wird, wirkt für die rund 5,6 Millionen Hilfebedürftigen im Bürgergeld-Bezug und weitere 1,3 Millionen in der Sozialhilfe wie eine reale Kürzung – bereits das zweite Jahr in Folge, denn zuletzt wurde das Bürgergeld 2024 angepasst.
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Regelsätze weiter unverändert
- Alleinstehende und Alleinerziehende: 563 Euro
- Volljährige Partner in einer Bedarfsgemeinschaft: 506 Euro pro Person
- Kinder und Jugendliche: je nach Altersstufe unverändert
- bis 6 Jahre: 357 Euro
- 7 bis 13 Jahre: 390 Euro
- 14 bis 17 Jahre: 471 Euro
Warum keine Erhöhung?
Die Fortschreibung der Regelsätze richtet sich nach den gesetzlichen Parametern zur Preis- und Lohnentwicklung. Da die zuletzt gesunkenen Inflationsraten und die zugrunde liegenden Indikatoren für 2026 keinen ausreichenden Anpassungsbedarf ergeben, bleibt es bei der bisherigen Bürgergeld-Höhe. Offiziell bleibt der Betrag damit seit 2024 konstant, real verringert sich seine Kaufkraft jedoch weiter.
| Schritt | Rechenweg / Grundlage | Ergebnis (EUR) |
|---|---|---|
| 1) Ausgangswert | Ergebnis der Basisfortschreibung zum (RBS 1) | 535,50 € |
| 2) Basisfortschreibung 2026 | Mischindex 2,25 % angewandt (Formel: 0,7 × ΔRPI + 0,3 × ΔNettolohn): 535,50 € × 1,0225 | 547,55 € |
| 3) Ergänzende Fortschreibung | zusätzlich +1,8 % (Veränderungsrate Q2): 547,55 € × 1,018 | 557,41 € |
| Vergleich mit aktuellem Regelsatz | Rechnerischer Bedarf 557,41 € liegt unter aktuellem RBS 1 563,00 € (Bestandsschutz greift) | 563,00 € |
Hinweise: Beträge auf zwei Dezimalstellen gerundet. Mischindex setzt sich aus 70 % RPI (regelbedarfsrelevanter Preisindex) und 30 % Nettolohnentwicklung zusammen; hier als Gesamtveränderung 2,25 % angewandt. Ergänzende Fortschreibung: +1,8 % (Q2). Der auf 547,55 € fortgeschriebene Basiswert (Ergebnis der Basisfortschreibung zum 01.01.2026) dient zugleich als Ausgangswert für die Bedarfsermittlung 2027. Wegen Bestandsschutz bleibt der höhere aktuelle Regelsatz 563,00 € maßgeblich.
Wie fair ist der Bürgergeld-Regelsatz berechnet?
So wirkt die Nullrunde
Ohne Anhebung geraten Alltagsbudgets spürbar unter Druck. Stromkosten sind weiterhin vollständig aus dem Regelsatz zu bestreiten, und selbst Entlastungen schließen die entstehende Lücke nicht zuverlässig. Bei den Wohnkosten übernimmt das Jobcenter nur die als angemessen anerkannte Miete. Liegt die tatsächliche Bruttokaltmiete darüber, muss die Differenz aus dem Regelsatz bezahlt werden. In angespannten Wohnungsmärkten wächst so die Wohnkostenlücke (⌀ 116 € monatlich in 2024), weil Mieten schneller steigen als die lokal anerkannten Grenzen fortgeschrieben werden. Unterm Strich steigen Ausgaben für Energie, Wohnen und Lebensmittel weiter, während der Regelsatz diese Mehrbelastungen nur unzureichend abfedert.
Preisentwicklung 2024 bis 2025 für Lebensmittel
| Nahrungsmittel | Preisentwicklung |
|---|---|
| Kaffee | + 12,2 % |
| Butter | + 7,3 % |
| Äpfel | + 6,3 % |
| Käse | + 4,8 % |
| Milch | + 4,0 % |
| Wurst-Aufschnitt | − 1,9 % |
| Quark | − 3,4 % |
| Marmelade | − 10,0 % |
| Toastbrot | − 10,5 % |
| Karotten | − 25,5 % |
Nicht alle Lebensmittel wurden teurer, einige sanken sogar im Preis. Entscheidend ist: Gerade Grundnahrungsmittel legten zu. Weil diese häufiger im Einkaufswagen liegen, schrumpft die Kaufkraft des Bürgergeld-Regelsatzes ohne Anpassung spürbar.
Würden 800 Euro Bürgergeld reichen?
Mehrbedarfe bleiben ebenfalls eingefroren
Neben dem Regelsatz sieht das Bürgergeld für bestimmte Lebenslagen sogenannte Mehrbedarfe vor. Diese Zuschläge werden prozentual vom Eck-Regelsatz berechnet.
- Mehrbedarf für Alleinerziehende (bis 60 % / max. 337,80 €)
- Mehrbedarf bei Schwangerschaft (17 % / 95,71 €)
- Mehrbedarf für Strom bei Durchlauferhitzer, Boiler (bis 2,3 % pro Person / max. 12,95 €)
- Mehrbedarf bei kostenaufwändiger Ernährung (bis 30 % / max. 168,90 €)
- Mehrbedarf bei Schwerbehinderung (bis 35 % / max. 197,05 €)
Bleibt der Regelsatz bei 563 Euro stehen, verändern sich auch die Mehrbedarfe nicht.
Rentner auch betroffen
Viele Rentner mit niedrigen Altersrenten müssen aufstocken. Im März 2025 bezogen rund 742.000 Rentner zusätzlich Grundsicherung im Alter. Die Regelbedarfe in der Grundsicherung folgen denselben Regelbedarfsstufen wie beim Bürgergeld, deshalb greift die Nullrunde 2026 auch hier, während Kosten für Wohnen und Energie weiter steigen. Für Betroffene bleibt real weniger übrig, obwohl die nominalen Sätze gleich bleiben.
Kritik
Sozialverbände sprechen in diesem Zusammenhang von einer stillen Kürzung. Auf dem Papier bleibe alles gleich, im Alltag reiche das Geld jedoch immer seltener für einen vollständigen Grundbedarf. Gefordert werden eine Berechnung, die die reale Preisentwicklung verlässlicher abbildet, sowie zügige Anpassungen der regionalen Angemessenheitsgrenzen, damit Mietsteigerungen nicht dauerhaft in den Regelsatz hineinwirken.
Ausblick
Die Verordnung zur Bürgergeld-Nullrunde 2026 ist beschlossen. Politische Änderungen sind zwar nicht ausgeschlossen, gelten derzeit aber als unwahrscheinlich. Für Bezieher heißt das, dass auch 2026 keine zusätzlichen Mittel zu erwarten sind, während die Kosten im Haushalt weiter steigen.
Ob die Leistung künftig weiter Bürgergeld heißt oder im Zuge politischer Debatte in „neue Grundsicherung“ umbenannt wird, bleibt abzuwarten – am fehlenden Plus beim Regelsatz ändert das nichts.
