Zum Inhalt springen

Kein Bürgergeld mehr für wehrpflichtige Ukrainer

Euro-Geldscheine in einem Ukrainischen Reisepass

Der außen­politische Sprecher der CSU-Landes­gruppe, Stephan Mayer, will ukrainischen Männern im Wehralter den Bezug von Bürgergeld streichen. „Es muss endlich Schluss sein mit dem Bürgergeld-Bezug für männliche Ukrainer im wehrfähigen Alter. Wenn fast 151.000 Ukrainer zwischen 18 und 63 Jahren bei uns Stütze kassieren, dann stimmt etwas nicht. Diese Personengruppe hat keinen Anspruch auf diese Sozialleistung und muss entweder hier arbeiten oder in der Ukraine Wehrdienst leisten“, sagte Mayer gegenüber der Bild.

Amtliche Zahlen untermauern den Vorstoß

Nach einer schriftlichen Auskunft der Bundes­­agentur für Arbeit sind seit Kriegs­beginn 304.144 ukrainische Männer im wehrfähigen Alter nach Deutschland gekommen (Stichtag 14. Juni 2025). 150.660 von ihnen beziehen Bürgergeld – rund 50 %. Der durchschnittliche Monats­anspruch liegt laut BA bei 882 € – inkl. Wohnkosten, Mehrbedarfen und Einmalzahlungen. Hochgerechnet ergibt das 1,33 Mrd. € pro Jahr.

Aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zur Migration zeichnet folgendes Bild, wie die nachfolgenden Diagramme zeigen:

Gestapeltes Balkendiagramm: Zahl der Ukrainer im Bürgergeld-Bezug 2022–2025. Gesamt-Empfänger: 361.216 (2022), 703.660 (2023), 714.736 (2024), 705.513 (2025). Balken­segmente zeigen von unten nach oben „nicht erwerbsfähig“, „erwerbsfähige Frauen“, „erwerbsfähige Männer“. Eine braun gestrichelte Linie markiert die ELB-Quote: 36 %, 60,7 %, 57,8 %, 54,8 %.

Infos zum obigen Diagramm:

Zwischen 2022 und 2023 hat sich die Zahl der ukrainischen Bürgergeld‑Bezieher von 361.216 auf 703.660 nahezu verdoppelt. Seither bleibt sie mit 714.736 (2024) und 705.513 (2025) nahezu konstant.

  • Erwerbsfähige stellen 2025 gut die Hälfte aller Leistungsberechtigten (ELB‑Quote 54,8 %) – 2022 waren es erst 36 %.
  • Innerhalb der Erwerbsfähigen dominieren weiterhin die Frauen (2025: 332.044), doch die Zahl der Männer hat sich seit 2022 fast verdreifacht (von 62.406 auf 181.207).
  • Die Gruppe der nicht erwerbsfähigen Ukrainer – vor allem Kinder oder gesundheitlich eingeschränkte Personen – wuchs von 121.219 (2022) auf 201.307 (2025), bleibt aber seit 2023 stabil.

Damit zeigt sich: Nach dem anfänglichen Zustrom hat sich die Gesamtzahl eingependelt, während sich die Zusammensetzung hin zu mehr erwerbsfähigen Männern und einer leicht sinkenden, aber weiterhin hohen Erwerbsfähigen‑Quote verschoben hat.

Gestapeltes Balkendiagramm: Bürgergeld‑Empfänger nach Staatsangehörigkeit 2022–2025. Gesamtbezieher: 5.200.368 (2022), 5.485.401 (2023), 5.501.028 (2024), 5.423.600 (2025). Balkensegmente von unten nach oben: Deutsche, Ausländer ohne Ukrainer, Ukrainer. Ausländerquote steigt von 42,9 % auf 47,8  %. Ukrainische Empfänger wachsen von 361.216 auf 705.513; ihr Anteil an allen Empfängern erhöht sich von 6,9 % auf 13,0  %, ihr Anteil an allen Ausländern von 16,2 % auf 27,2  %.

Infos zum obigen Diagramm:

Im Jahr 2025 (Durchschnitt bis März) waren insgesamt 5.423.600 Personen beim Jobcenter im Bürgergeld‑Bezug gemeldet. Davon entfielen

  • 2.828.937 auf deutsche Staatsbürger,
  • 1.889.097 auf ausländische Staatsbürger ohne ukrainische Herkunft und
  • 705.513 auf ukrainische Staatsbürger.

Damit lag der Gesamtanteil aller Ausländer an den Bürgergeld‑Empfängern bei 2.594.610 Personen, was 47,8 % der Gesamtzahl entspricht. Innerhalb dieser Gruppe stellten Ukrainer 13,0 % aller Leistungsberechtigten – oder anders betrachtet 27,2 % aller ausländischen Bezieher – dar.

So viel Bürgergeld zahlt das Jobcenter Alleinstehenden im Monat

Zum Vergleich: Der Bundes­haushalt 2025 sieht für das gesamte Bürger­geld 29,6 Milliarden Euro vor, die von Mayer adressierte Gruppe verschlingt damit rund 4,5 % dieser Position. Bezogen auf die gesamte Grund­sicherung für Arbeits­suchende (51,96 Milliarden Euro) sind es etwa 2,6 %.

Berliner Statistik: Nach BA‑Angaben leben in der Hauptstadt 57.600 Ukrainer im erwerbsfähigen Alter. Nur rund 36 % (20.900 Personen) haben einen Job. Bei den Männern erreicht die Beschäftigungs­quote 34,9 %, bei Frauen 28,4 %. Parallel beziehen gut 31.000 Ukrainer Bürgergeld – fast die Hälfte der Ziel­gruppe. Jeder zweite Arbeits­suchende strebt lediglich eine Helfer­tätigkeit an. Das Berliner Bild stützt somit die Bundes­zahlen.

Rechtliche Hürden

Ukrainer genießen in Deutschland vorübergehenden Schutz nach der EU-Massenzustrom­richtlinie (§ 24 AufenthG) und damit Anspruch auf Grund­sicherung, sobald sie als erwerbs­fähig gelten. Eine Kürzung speziell für Männer im Wehralter würde deshalb eine Änderung im Aufenthalts- und Sozial­recht erfordern – inklusive Zustimmung von Bundestag und Bundesrat.

Hintergrund: Ukrainer erhalten Bürgergeld, weil der Bund sie 2022 aus dem Asyl­system in die reguläre Grund­sicherung (SGB II / XII) überführt hat. Mit der EU‑Massen­­zustrom­richtlinie gelten sie nicht als Asylbewerber, sondern als Schutz­berechtigte mit sofortigem Arbeits­markt­zugang. Der Wechsel sollte – so die damalige Begründung – Geflüchtete aus der Ukraine schnellst­möglich in Arbeit bringen, zugleich Sozial­ämter entlasten und Doppel­strukturen abbauen.

Reaktion aus Kiew

Die ukrainische Botschaft warnte vor Pauschal­vorwürfen. In einer Stellungnahme an Bild heißt es: „Es wäre falsch, allen ukrainischen Männern im Ausland Gesetzes­verstöße oder eine Umgehung der Mobilmachung zu unterstellen. Der Aufenthalt ukrainischer Männer im Ausland ist nicht verboten.“ Viele seien ordnungs­gemäß im Wehrregister erfasst und hätten ihre Daten aktualisiert.