Das Jobcenter muss Bürgergeld übergangsweise zahlen, auch wenn vorrangige Leistungen wie das Wohngeld oder der Kinderzuschlag noch nicht bewilligt sind, so hat das Sozialgericht Kiel entschieden. Eine wichtige Entscheidung, anderenfalls würden Hilfebedürftige möglicherweise monatelang ohne Unterstützung dastehen.
Jobcenter verweigert Bürgergeld
Eine alleinerziehende Mutter mit zwei minderjährigen Kindern stellte beim Jobcenter Kiel einen Folgeantrag für Hartz IV (heute Bürgergeld) ab dem 1. Dezember 2022. Das Jobcenter lehnte den Weiterbewilligungsantrag ab und argumentierte, dass die Familie ihren Lebensunterhalt mithilfe von Wohngeld und Kinderzuschlag decken könne.
So viel Bürgergeld bekommen Alleinerziehende mit Kindern
Nachrangige und vorrangige Leistungen
Das Jobcenter stützte die Ablehnung auf §12a Satz 1 SGB II, der besagt:
„Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist.“
Das Bürgergeld ist – im Gegensatz etwa zum Wohngeld – „nur“ eine nachrangige Sozialleistung und im Vorfeld müssen alle anderen Optionen ausgeschöpft sein.
Vier Monate Bearbeitungszeit
Die Mutter hat umgehend auf den Ablehnungsbescheid des Jobcenters reagiert und am 25. November sowohl Wohngeld als auch Kinderzuschlag beantragt. Gleichzeitig machte sie dem Amt deutlich, dass die Bearbeitung der Anträge sehr lang – bis zu vier Monate – dauern werde. Sie bat um die Weiterbewilligung von Hartz IV, bis die vorrangigen Leistungen abschließend bewilligt sind. Das lehnte das Jobcenter ab.
Wann ist das Bürgergeld auf dem Konto?
Behörde muss in Vorleistung gehen
Das Sozialgericht Kiel widersprach dem Jobcenter. §12a SGB II verpflichte zwar, vorrangige Leistungen, zu beantragen. Die Regelung ermächtige den Leistungsträger (in dem Fall das Jobcenter) jedoch nicht, mit Verweis auf den Vorrang anderer Leistungen die Zahlung von Bürgergeld gänzlich zu verweigern.
Liegen die Voraussetzungen vor, müsse das Jobcenter bis zur Zahlung der vorrangigen Hilfen in Vorleistung gehen und gegebenenfalls einen Erstattungsanspruch gegen den Leistungsträger (unter anderem die Familienkasse) anmelden.
Sozialgericht Kiel vom 12.12.2022, Az. S 41 AS 92/22
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