Wo Menschen arbeiten, werden Fehler gemacht. Das lässt sich kaum vermeiden, auch nicht in Jobcentern. Allerdings geht es beim Bürgergeld um das Existenzminimum. Da können fehlerhafte Bescheide oder falsche Entscheidungen schnell dazu führen, dass Menschen den Boden unter den Füßen verlieren. Deshalb sind 47.934 Klagen und 425.359 Widersprüche im Jahr 2023 schlichtweg zu viel – auch wenn die Zahl der Klagen leicht rückläufig ist.
Weniger Klagen
Die Bundesagentur für Arbeit hat in einer Presseinformation die aktuellen Zahlen für das vergangene Jahr auf den Tisch gelegt. Sie zeigen zwei Trends. Während es weniger Klagen waren (minus 2.959), nahm die Zahl der Widersprüche um 21.503 zu. Begründet wird der Zuwachs insbesondere mit dem Umstand, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften im gleichen Zeitfenster um 40.000 auf 2.897.000 gestiegen ist.
Gründe für Widersprüche und Klagen
Bei Klagen gegen Jobcenter waren die häufigsten Gründe Aufhebung, Erstattung sowie Sonstiges wie Aufrechnung, Abführung an Dritte und die Mitwirkung. Widersprüche wurden hinsichtlich sonstiger Gründe, der Zugangsvoraussetzungen zum SGB II sowie bei Leistungsminderungen eingelegt.
Leistungsminderungen
Das Thema Sanktionen, heute Leistungsminderungen, stellt allerdings weitaus seltener ein Problem dar, als Union und FDP allen glauben machen wollen. Laut Bundesagentur für Arbeit ist die Zahl der Klagen und Widersprüche in diesem Themenkreis nach wie vor niedrig und immer noch unter dem Niveau von 2020. Das liege daran, dass sich die Voraussetzungen für Kürzungen verändert haben und in dem Zuge auch seltener Strafen verhängt wurden. In Zahlen: 274 Klagen und 4.678 Widersprüche summierten sich aufgrund von Bürgergeld Sanktionen.
Widerspruchsquote: 1,7 Prozent
Quoten nennt die BA nur für Jobcenter, die von der BA und den Kommunen in gemeinsamer Trägerschaft verantwortet werden. Auf 21,7 Millionen Leistungsbescheide kamen 2023 demnach 365.482 Widersprüche. Macht einen Anteil von 1,7 Prozent (Vorjahr: 1,5 Prozent). Die Zahl der Klagen: 38.648, was 0,2 Prozent entspricht. Da mehrere Widersprüche zu einem Bescheid möglich sind, handelt es sich um Näherungswerte.
Erfolgsquote liegt bei über 30 Prozent
Bedürftige sollten sich ihre Bescheide immer sorgsam anschauen und auch nicht davor scheuen, Widerspruch zu erheben. Die Statistiken der letzten Jahre zeigen, dass die Erfolgsquote für stattgegebene bzw. teilweise stattgegebene Widersprüche bei über 30 Prozent liegt – was bedeutet, dass jeder dritte Widerspruch gegen das Jobcenter zumindest teilweisen Erfolg verspricht und für Hilfebedürftige bares Geld bedeutet.
65 Prozent der Klagen wurden abgewiesen
Erfreulich für die BA: Von den 419.552 Widersprüchen, über die 2023 entschieden wurde, sind zwei Drittel zurückgewiesen oder zurückgezogen worden. Die Entscheidung geändert wurde bei 138.470 Widersprüchen, insbesondere weil Unterlagen nachgereicht wurden. Eine fehlerhafte Rechtsanwendung wurde bei 40.158 Widersprüchen attestiert. Bei den Klagen lag die Erfolgsquote für Bürgergeld Bedürftige bei 35 Prozent. Andererseits wurden 65 Prozent der Klagen abgewiesen oder zurückgezogen.
Es geht immer um Menschen
So positiv konnotiert die Pressemitteilung auch ist und so niedrig die Quoten auch sein mögen: Hinter jeder einzelnen Zahl steht ein Schicksal. Denn beim Bürgergeld geht es nie nur um Sachentscheidungen, sondern immer um Menschen.
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