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Bürgergeld für Studenten: Wer trotz Studium Anspruch hat

Junge Studentin sitzt am Tisch und prüft ihre Finanzen

BAföG oder Bürgergeld? Für Studenten ist diese Frage mehr als bloße Theorie, denn sie entscheidet darüber, welche finanzielle Unterstützung im Alltag zur Verfügung steht. Nach der allgemeinen Regel können Studenten, deren Studium dem Grunde nach BAföG-fähig ist, keine Leistungen nach dem SGB II beziehen. Für Teilzeitstudierende greift diese Ausschlussregel jedoch gar nicht, wie das Hessische Landessozialgericht bestätigt hat.

Teilzeit-Student beantragt Bürgergeld

Dem Beschluss lag der Fall eines Klägers aus dem Raum Gießen zugrunde. Aufgrund einer Epilepsie-Erkrankung hatte die Universität ihm ein Teilzeitstudium in Geschichts- und Kulturwissenschaften genehmigt. Weil er ein früheres Theologiestudium abgebrochen und damit einen Fachrichtungswechsel vollzogen hatte, erhielt er kein BAföG. Um nicht völlig ohne Einkommen dazustehen, beantragte der Student Bürgergeld.

1.000 € Studienstarthilfe als Zuschuss zum Bürgergeld

Jobcenter sieht grundsätzlich BAföG-Anspruch

Das Jobcenter lehnte den Antrag ab. In seinem Ablehnungsbescheid erklärte das Amt, dass der Mann zwar einem Teilzeit-Studium nachging und dieses nicht durch BAföG gefördert würde. Allerdings begründe sich die fehlende Förderungsfähigkeit nicht durch das Teilzeitstudium, sondern durch den Wechsel des Studienfachs. Ein Teilzeitstudium sei grundsätzlich förderungsfähig:

Ließe man Studierenden nach, das Studium durch Reduzierung auf Teilzeit abstrakt der Förderfähigkeit nach dem BAföG zu entziehen und so in den Genuss von SGB II – Leistungen zu kommen, würden die Fördergrenzen des BAföG praktisch wirkungslos“, heißt es in dem Urteil von Seiten des Jobcenters.

Annahme des Jobcenters greift zu kurz

Diese Sichtweise überzeugt unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht. § 2 Abs. 5 BAföG stellt ausdrücklich klar, dass Ausbildungsförderung nur geleistet wird, wenn die Ausbildung die Arbeitskraft der Auszubildenden voll in Anspruch nimmt. Ein Teilzeitstudium erfüllt diese Voraussetzung ihrem Wesen nach gerade nicht.

LSG kippt Entscheidung des Jobcenters

Diese Entscheidung des Jobcenters wollte der Student nicht auf sich sitzen lassen und zog vor Gericht – mit Erfolg! Das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt entschied in zweiter Instanz im Sinne des Klägers. Aus Sicht des Gerichts sei ein Teilzeit-Studium nicht durch BAföG förderungsfähig, da es nicht die volle Arbeitskraft der Studierenden in Anspruch nehmen würde – wie es auch im § 2 Abs. 5 BAföG heißt. Folglich könne ein Anspruch auf Bürgergeld nicht ausgeschlossen werden. Dabei sei stets für das jeweilige Semester zu entscheiden, ob in Teilzeit studiert werde und nicht anhand der Gesamtverhältnisse des Studiums. Der Beschluss des LSG Hessen (L 9 AS 535/20 B ER) ist unanfechtbar.