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Aktivrente beschlossen: Welche Rentner ab 2026 profitieren

Zwei Rentner stehen vor dem Finanzamt, einer im Anzug, der andere im Blaumann. Schrift mit "Aktivrente 2026: Gesetzesentwurf beschlossen"

Die Regierung hat den Gesetzentwurf zur Aktivrente beschlossen – und damit zentrale Details zur Sozialversicherung geklärt. Die „Welt“ hatte den Kabinettsbeschluss bereits im Vorfeld gemeldet; inzwischen bestätigen Bundesregierung und Finanzministerium Starttermin, Reichweite und Kosten. Kernpunkt: Bis zu 2.000 Euro Monatslohn für Beschäftigte nach Erreichen der Regelaltersgrenze bleiben steuerfrei. Sozialversicherungsbeiträge entfallen jedoch nicht automatisch.

Steuerbefreiung ja – Kranken- und Pflegebeiträge trotzdem

Die Steuerfreiheit gilt ausschließlich für Arbeitslohn aus einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Explizit ausgenommen sind Selbständige, Beamte und Minijobs – Details siehe unten. Wichtig für die Nettorechnung: Auf den steuerfreien Teil fallen weiterhin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an. Wer mehr als 2.000 Euro verdient, versteuert nur den darüber liegenden Betrag. Ein Progressionsvorbehalt ist nach aktuellem Stand nicht vorgesehen.

Wichtig: Maßgeblich ist allein das Erreichen der Regelaltersgrenze, nicht der tatsächliche Bezug einer regulären Altersrente. Wer eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen bezieht, ist bis zur Regelaltersgrenze nicht begünstigt.

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Rentenversicherung: Arbeitgeberbeitrag Pflicht – Arbeitnehmer meist versicherungsfrei

Der Entwurf knüpft die Steuerbefreiung daran, dass der Arbeitgeber Rentenversicherungsbeiträge entrichtet – Verweis auf § 168 Abs. 1 Nr. 1/1d, Abs. 3 sowie § 172 Abs. 1 SGB VI. Damit bleibt die bekannte Logik für Beschäftigte über der Regelaltersgrenze im Kern erhalten: regulär rentenversicherungsfrei für Arbeitnehmer, während der Arbeitgeber weiter zahlt. Wer als Rentner seine eigene RV-Pflicht reaktivieren will, kann – wie bisher – auf Versicherungsfreiheit verzichten, um Rentenpunkte aufzubauen. Der Entwurf schreibt einen Wegfall der Sozialversicherungspflicht ausdrücklich nicht fest; im Gegenteil, die Bundesregierung betont, dass die Aktivrente auch die Sozialkassen stärken soll.

Aktivrente ist kein Freibetrag für alle Einkünfte

Die Aktivrente ist kein allgemeiner Freibetrag für alle Einkünfte im Alter. Zinsen, Dividenden, Vermietungseinkünfte, private oder betriebliche Zusatzrenten und Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit fallen nicht unter die 2.000 Euro. Auch Minijobs sind ausgeschlossen – sie haben eigene Förderlogiken und pauschale Abgaben. Die Steuerfreiheit greift nur, wenn tatsächlich ein sozialversicherungspflichtiger Job vorliegt, für den der Arbeitgeber Rentenversicherungsbeiträge bzw. Zuschüsse in berufsständische Versorgungen abführt.

Wann soll die Aktivrente starten?

Die Aktivrente soll zum 1. Januar 2026 starten. Der Staat kalkuliert mit dauerhaften Steuermindereinnahmen von rund 890 Millionen Euro jährlich. Die Regierung rechnet – vorsichtig – mit rund 168.000 potenziell Begünstigten. Nach zwei Jahren ist eine Evaluation angekündigt, um Wirkungen und Zielgenauigkeit zu prüfen.

Ungleichbehandlung bleibt – jetzt nur sauberer begründet

Arbeitnehmer unter der Regelaltersgrenze profitieren nicht vom Aktivrente-Freibetrag. Das ist politisch gewollt:

Die Regel knüpft strikt ans Alter an – nicht an Erwerbsbiografien oder den tatsächlichen Rentenbezug. Benachteiligt sind damit nicht nur Rentner mit vorgezogener Rente und Abschlägen, sondern auch alle Erwerbstätigen unterhalb der Regelaltersgrenze. Ebenso betroffen sind Gruppen ohne Zugang zur Aktivrente wie Beamte, Selbständige und Minijobber. Sie leisten dieselbe Arbeit, erhalten aber keinen Steuerbonus. Der Gesetzgeber begründet das mit Arbeitskräftebedarf und Demografie – als Frage der Gleichbehandlung im Erwerbsleben bleibt es umstritten.

Der Bonus soll ausschließlich längeres Arbeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze belohnen. In der Begründung wird das mit Arbeitskräftebedarf, Wissenstransfer und Demografie gerechtfertigt. Kritisch bleibt: Gleiche Arbeit, gleicher Lohn – aber unterschiedliche Steuerlast allein wegen des Alters. Die Regierung hält dagegen, dass die fortbestehenden Sozialbeiträge (insbesondere der Arbeitgeber) die Kassen stabilisieren und damit die Allgemeinheit entlasten. Ob das trägt, wird die Evaluation zeigen.

Wer 64 ist und Vollzeit arbeitet, zahlt auf sein Gehalt Einkommensteuer. Wer 67 ist und arbeitet, soll auf bis zu 2.000 Euro Monatslohn keine Einkommensteuer zahlen. Der Freibetrag wirkt nach aktuellem Stand ohne Progressionsvorbehalt.

Bürgergeld und Grundsicherung – Rentner ziehen den Kürzeren

Sozialversicherung unterm Strich

Für die Praxis heißt das:

  • Einkommensteuer: bis 2.000 Euro monatlicher Lohn steuerfrei, darüber reguläre Besteuerung. Zusätzlich gilt – wie für alle – der jährliche Grundfreibetrag.
  • Kranken-/ Pflegeversicherung: Beiträge fallen auf den gesamten Arbeitslohn an, auch auf den steuerfreien Teil.
  • Rentenversicherung: Arbeitgeber zahlt halben Beitrag, Beschäftigte sind nach Regelaltersgrenze grundsätzlich versicherungsfrei, können aber auf die Versicherungsfreiheit verzichten, um die eigene Rente zu steigern.

Arbeitgeber muss RV-Beitrag abführen

Der Arbeitgeber zahlt nur seinen Anteil (halben) zur Rentenversicherung – in der allgemeinen RV 9,3 % des Bruttolohns (in der knappschaftlichen RV 15,4 %). Der Arbeitnehmeranteil fällt nur an, wenn der Rentner freiwillig auf die Versicherungsfreiheit verzichtet, dann werden beide Anteile fällig (allgemeine RV aktuell insgesamt 18,6 %). Die Steuerbefreiung der Aktivrente bis 2.000 Euro im Monat ist daran geknüpft, dass der Arbeitgeber diesen RV-Arbeitgeberbeitrag (bzw. einen entsprechenden Zuschuss zu einer berufsständischen Versorgung) entrichtet – nicht daran, dass der Arbeitnehmeranteil gezahlt wird.

Wer profitiert – und wer nicht

Profitieren dürften vor allem Rentner in Büro- und Dienstleistungsjobs, die ohne starke körperliche Belastung weiterarbeiten können. Besonders attraktiv werden sozialversicherungspflichtige Teilzeitmodelle und befristete Wiedereinstiege. Selbständige und Minijobber sind ausgeschlossen. Wer Alterseinkünfte aus Kapital, Vermietung oder Betriebsrenten hat, profitiert nur zusätzlich, wenn ein reguläres Beschäftigungsverhältnis vorliegt – denn der Freibetrag gilt ausschließlich für Arbeitslohn nach der Regelaltersgrenze.

Teure Wette auf mehr Beschäftigung

Die Aktivrente kostet zunächst Steuereinnahmen: 2025 fließen insgesamt rund 121 Milliarden Euro Steuermittel in die gesetzliche Rentenversicherung (DRV). Darin enthalten sind u. a. 48,03 Mrd. Euro Zuschuss an die allgemeine Rentenversicherung, 12,64 Mrd. Euro an die Rentenversicherung im Beitrittsgebiet, 31,23 Mrd. Euro zusätzlicher Bundeszuschuss sowie 4,76 Mrd. Euro an die knappschaftliche Rentenversicherung. Hinzu kommen weitere Bundesmittel/ Erstattungen (z. B. für Kindererziehungs- und Anrechnungszeiten). Summe rund 121 Mrd. Euro.

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Das Modell soll sich „über die Menge“ rechnen: mehr Erwerbsstunden, mehr Beiträge, weniger Fachkräftelücken. Die gesetzliche Verankerung des Arbeitgeberbeitrags zur RV ist dabei ein zentrales Element – ohne zusätzliche Zuflüsse in die Rentenversicherung wäre der Steuerbonus volkswirtschaftlich schwächer begründbar. Politisch bindet sich die Koalition an eine Evaluation: Greift der Anreiz nicht wie erwartet, sind Kurskorrekturen ausdrücklich offen.

Kurzfristig überwiegen die Ausfälle. Politisch lautet die Begründung: Länger arbeiten soll sich lohnen, die Beschäftigung Älterer soll steigen. Fiskalisch ist das eine Wette darauf, dass zusätzliche Erwerbstätigkeit an anderer Stelle mehr Lohnsteuer, Sozialbeiträge und Wertschöpfung erzeugt, als der Freibetrag kostet. Entscheidend wird sein, wie viele Rentner tatsächlich länger arbeiten – und wie viele auf die Versicherungsfreiheit verzichten, damit zusätzliche Beiträge in die Rentenkasse fließen.

Weitere Infos: Bundesministerium der Finanzen