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Absurd: Kinderarmut mit weniger Bürgergeld bekämpfen

Christian Lindner zum Sparkurs beim Bürgergeld und Kindergrundsicherung

Überall Mittel kürzen und gleichzeitig Wunder erwarten: Wenn das die politische Strategie von Finanzminister Christian Lindner (FDP) sein sollte, dann prost Mahlzeit. Einerseits streicht er Millionen Euro für den Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit aus dem Haushalt. Andererseits beruft er sich auf eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), wonach das beste Mittel gegen Kinderarmut anständig bezahlte Jobs sind, und nimmt dies als Grund, bei der Kindergrundsicherung zu sparen.

Arbeitslose sind armutsbetroffen

IW-Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer sieht die Hauptursache für Kinderarmut in der Langzeitarbeitslosigkeit. Generell sei Armut in Deutschland eng mit Arbeitslosigkeit – und damit de facto auch mit dem Bürgergeld – verbunden. 60 Prozent der Arbeitslosen seien armutsgefährdet. Aufseiten der Erwerbstätigen hingegen gelte dies für weniger als zehn Prozent. Fazit des Instituts der deutschen Wirtschaft: Das effektivste Mittel gegen Kinderarmut seien vernünftige Jobs.

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Keine höheren Transferleistungen

Dafür liefert das IW auch gleich den nötigen Ansatz. Demnach sei es

„eminent wichtig darauf zu achten, dass durch höhere Transferleistungen nicht der Anreiz zur Arbeitsaufnahme verringert wird“.

In anderen Worten: Die Bemühungen um ein eigenes Erwerbseinkommen werden durch ein zu hohes Bürgergeld konterkariert.

Mittelloser Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit

Finanzminister Christian Lindner beruft sich jetzt auf diese Studie. Interessant: Denn in seinem Haushaltsentwurf wurden die Mittel für die Jobcenter massiv zusammengestrichen. Hunderte Millionen Euro im kommenden und übernächsten Jahr fehlen. Um weiterhin arbeiten zu können, verschieben die Behörden das Geld in die Verwaltung. Auf der Strecke bleibt die Hilfe für Langzeitarbeitslose.

Sparen am falschen Ende

Doch genau denen, die schon länger auf Bürgergeld angewiesen sind, soll doch geholfen werden, damit sie gut bezahlte Jobs finden und damit die Kinderarmut ein für alle Mal von der Bildfläche verschwindet. Das dürfte nicht funktionieren. Doppelt sparen – bei den Jobcentern und der Kindergrundsicherung – und sich davon positive Effekte für die Wirtschaft zu erwarten, ist schon absurd.

Kindern werden alle Chancen genommen

Darauf verweisen auch Experten wie Professor Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Er fragt, ob der Staat Kinder so lange allein lasse, bis die Eltern sich selbst aus der Armut ziehen, und ob man einem Kind sagen würde, dass es nur ein paar Jahre warten müsse, bis die Eltern ein Einkommen haben, um auch

„am sozialen Leben teilnehmen und Teil der Gesellschaft werden“

zu können.

Bild: photocosmos1/ shutterstock.com