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Urteil: Mahnung verlängert Verjährung alter Bürgergeld Schulden nicht

Euro-Geldscheine auf Kalender, Symbolisch für Verjährung einer Rückforderung

Dass zu viel Bürgergeld gezahlt wird, kommt nicht selten vor. In der Regel fordert das Jobcenter dazu auf, den Betrag zurückzuzahlen und erstellt einen Erstattungsbescheid mit den entsprechenden Details. Unterlässt das Jobcenter diesen Schritt, verjährt die Rückforderung nach vier Jahren. Wenn es sich hingegen um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre. Dazu bedarf es laut Bundessozialgericht allerdings mehr als einer einfachen Mahnung.

BSG schafft Klarheit über Erstattungsansprüche

Das Urteil des Bundessozialgerichts zu den Erstattungsforderungen (B 11 AL 5/20 R) bringt einerseits Licht in das komplexe Thema. Andererseits gibt es damit eine verbindliche Grundlage, damit Missverständnisse möglichst gar nicht erst aufkommen.

Bürgergeld-Irrsinn: Jobcenter verhindert erst Job und fordert 6.800 Euro zurück

Der Ausgangsfall: Mahnung erst nach sieben Jahren

Verhandelt wurde ein Fall, in dem das Jobcenter 2011 4.444,59 Euro zuzüglich Mahngebühren von einer Hartz-IV-Empfängerin (heute Bürgergeld) zurückgefordert hatte. Eine Mahnung zu dieser Forderung folgte erst sieben Jahre später, 2018. Die Leistungsempfängerin legte Widerspruch ein, der vom Jobcenter als Überprüfungsantrag abgelehnt wurde. Das Amt beharrte darauf, dass die Mahnung einen Verwaltungsakt darstelle und die Rückforderung nach wie vor gelte.

Entscheidend: Forderung wegen Verjährung erloschen

Mit dieser Einschätzung stand das Jobcenter allerdings allein auf weiter Flur. Sämtliche Instanzen, vom Sozialgericht (S 11 AL 862/19) über das Landessozialgericht (L 8 AL 3185/19) bis hin zum Bundessozialgericht, betonten, die Bürgergeld Rückforderungen seien „wegen Verjährung erloschen“. Klartext sprach diesbezüglich vor allem das BSG.

Die Mahnung des Jobcenters entspreche keinem Verwaltungsakt im Sinne des § 52 SGB X. Oder anders ausgedrückt: Eine einfache Mahnung hemmt, anders als ein Verwaltungsakt, nicht die Verjährung eines Anspruchs.

Keine hemmende Wirkung durch einfache Mahnung

Um den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden, hätte das Jobcenter laut Bundessozialgericht einen Bescheid erlassen müssen, um die bereits angefangene Verjährungsfrist zu hemmen. Weil es „nur“ eine Mahnung verschickte, blieb es bei der Frist von vier und nicht einer von 30 Jahren.

Wichtig für die Berechnung: Die regelmäßige Verjährungsfrist von vier Jahren beginnt nach § 50 Abs. 4 SGB X erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der ursprüngliche Erstattungsbescheid unanfechtbar geworden ist.

Was Betroffene tun sollten: Die Verjährung geltend machen

Wichtig: Die Verjährung tritt nicht automatisch ein. Sie muss von der betroffenen Person aktiv geltend gemacht werden.

Wenn eine Zahlungsaufforderung oder Mahnung vom Jobcenter eine Überzahlung betrifft, die länger als vier Jahre zurückliegt und für die kein wirksamer Rückforderungsbescheid ergangen ist, sind folgende Schritte ratsam:

  • Zahlung unterlassen: Das Geld sollte nicht überwiesen werden, wenn die Absicht besteht, sich auf die Verjährung zu berufen.
  • Schriftlicher Widerspruch: Es sollte schriftlich Widerspruch gegen die Forderung eingelegt werden.
  • Erklärung der Verjährung: Dem Widerspruch sollte eine klare Erklärung beigefügt werden, wie zum Beispiel: „Es wird die Einrede der Verjährung erhoben, da die Forderung nach § 50 SGB X verjährt ist.“

Nur wenn die Verjährung aktiv geltend gemacht wird, muss das Jobcenter die Zahlungspflicht als erloschen ansehen.