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Krankenversicherung & Bürgergeld – was zahlt das Jobcenter?

Versichertenkarte und Euro-Scheine. Symbolisiert die Kostenübernahme der Krankenversicherung beim Bürgergeld durch das Jobcenter.

Die Krankenversicherungspflicht besteht in Deutschland auch bei Bezug von Bürgergeld. Doch für Betroffene tauchen sofort entscheidende Fragen auf: Wer genau übernimmt die Beiträge? Muss ich mich als Bezieher an das Jobcenter wenden, um die Zahlungen an die Krankenkasse zu regeln? Und was gilt für die Kostenübernahme, wenn ich privat versichert (PKV) bin?

Der Regelfall: GKV-Versicherte – Für sie ändert sich nichts

Wenn Sie bisher bereits in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert waren, gilt: Für Sie ändert sich im Prinzip nichts. Sie bleiben für die Dauer des regulären Bürgergeld-Bezugs pflichtversichert in der GKV, sodass Ihr Krankenversicherungsschutz lückenlos gewährleistet ist. Innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft wird dabei jeder Leistungsbezieher als eigenständiges Mitglied krankenversichert.

Wichtige GKV-Ausnahmen: Die Krankenversicherung über das Jobcenter greift nicht bei Personen, die Bürgergeld lediglich als Darlehen erhalten. Ebenfalls ausgenommen sind Personen, die Bürgergeld für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte bekommen.

Belastungsgrenze: Mit Bürgergeld Zuzahlung zu Medikamenten gedeckelt

1.1 Volle Kostenübernahme und Direktzahlung durch das Jobcenter

  • Meldung und Antrag: Im Rahmen des Bürgergeld-Antrages füllen Sie die Anlage SV (Sozialversicherung) aus. Dort geben Sie lediglich Ihre aktuelle oder gewünschte Krankenkasse an. Das Jobcenter kümmert sich anschließend um die Abwicklung.
  • Kein Abzug vom Regelsatz: Das Jobcenter kommt für die vollen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf. Dies umfasst sowohl den allgemeinen Beitragssatz als auch den kassenindividuellen Zusatzbeitrag. Ihre monatliche Zahlung erfolgt direkt vom Jobcenter an die Krankenkasse, sodass Ihr Regelsatz nicht tangiert wird.

1.2 Beitragsfreie Familienversicherung hat Vorrang

Bevor das Jobcenter eigene Beiträge für Sie oder Ihre Kinder zahlt, wird geprüft, ob die Möglichkeit besteht, die beitragsfreie Familienversicherung über einen GKV-versicherten Ehe- oder Lebenspartner zu nutzen. Eine mögliche Familienversicherung hat grundsätzlich Vorrang vor der Absicherung über das Bürgergeld.

1.3 Freie Wahl der Krankenkasse

Als Pflichtversicherter behalten Sie auch mit Bürgergeld-Bezug das freie Wahlrecht Ihrer Krankenkasse, das Jobcenter bestimmt diese nicht.

  • Bindungsfrist: Sie sind mindestens 12 Monate an die gewählte Krankenkasse gebunden, bevor ein Wechsel möglich ist.
  • Kein finanzieller Unterschied: Aus Kostensicht macht ein Kassenwechsel für Sie keinen Unterschied, da das Jobcenter alle Beiträge vollständig übernimmt – unabhängig vom Zusatzbeitrag.
  • Leistungsvorteile nutzen: Dennoch kann sich ein Krankenkassenwechsel lohnen. Die Unterschiede der Anbieter liegen im Service sowie in den Zusatzleistungen (z. B. Zuschüsse zur Zahnreinigung, alternative Heilmethoden, erweiterte Leistungen für Schwangere etc.). Bürgergeld-Empfänger können so bessere Leistungen ohne finanzielle Nachteile in Anspruch nehmen.

Der Sonderfall: Privat versichert (PKV)– Regelungen und Zuschüsse durch das Jobcenter

Wer vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war, bleibt Mitglied seiner privaten Krankenversicherung. Ein Wechsel in die gesetzliche Krankenkasse ist während des Leistungsbezugs gesetzlich ausgeschlossen (§ 5 Abs. 5a SGB V).

2.1 Zuschuss des Jobcenters und gesetzliche Obergrenze

Anders als bei GKV-Versicherten zahlt das Jobcenter nicht den vollen PKV-Beitrag, sondern gewährt lediglich einen Zuschuss zu den Kosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung. Dessen Höhe ist gesetzlich gedeckelt: Die Obergrenze bildet stets der halbe Basistarif (§ 26 SGB II).

Zuschuss des Jobcenters zur Privaten Krankenversicherung mit Bürgergeld (Stand 2025)
Komponente Maximalzuschuss 2025 (Halber Basistarif)
Krankenversicherung (KV) 471,32 €/Monat
Pflegeversicherung (PV) ca. 99,23 € bis 115,76 €/Monat (abhängig von Kinderzahl)
Gesamter monatlicher Maximalzuschuss Zwischen ca. 570,55 € und 587,08 €

Hinweis zur Berechnung: Der Maximalzuschuss setzt sich aus der Hälfte des Basistarif-Höchstbeitrages für die Krankenversicherung (471,32 €) sowie dem halben Höchstbeitrag für die Pflegeversicherung (je nach Kinderzahl) zusammen. Der resultierende Gesamtbetrag von bis zu 587,08 € ist die gesetzliche Obergrenze, bis zu der das Jobcenter Beiträge zur PKV übernimmt.

Das Jobcenter zahlt höchstens diesen Betrag oder – wenn der tatsächliche Beitrag niedriger ist – nur den tatsächlichen Beitrag.

2.2. Die Gefahr der Eigenleistung

Wenn der tatsächliche PKV-Beitrag die gesetzliche Obergrenze übersteigt, entsteht ein unmittelbares finanzielles Risiko:

  • Zuzahlungspflicht: Übersteigt der aktuelle PKV-Beitrag diesen Maximalzuschuss, muss der Versicherte die Differenz selbst aus dem Bürgergeld-Regelsatz begleichen.
  • Schuldenfalle: Bleibt der Versicherte in einem teureren Tarif, entsteht schnell eine finanzielle Lücke zwischen dem Jobcenter-Zuschuss und dem tatsächlichen Beitrag. Wird diese Differenz nicht fristgerecht gezahlt, können Beitragsschulden bei der privaten Krankenversicherung entstehen.

2.3 Auszahlung und Eigenverantwortung des Versicherten

Anders als in der GKV erfolgt die Abwicklung nicht automatisch. Das Jobcenter überweist den Zuschuss in der Regel direkt an den Versicherten. Dieser ist damit eigenverantwortlich dafür zuständig, den Gesamtbetrag (Zuschuss + ggf. Eigenanteil) pünktlich an seine PKV zu überweisen.

2.4 Basistarif als empfohlene Lösung für privat Versicherte

Um die im vorherigen Abschnitt beschriebenen Zahlungslücken und die Gefahr der Beitragsschulden zu vermeiden, ist der unverzügliche Wechsel in den Basistarif die empfohlene Lösung für Bürgergeld-Empfänger mit PKV.

2.4.1 Gesetzliche Grundlage und Pflicht zur Aufnahme

Jede private Krankenversicherung ist nach $ 12 Abs. 1c Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) verpflichtet, hilfebedürftige Personen in den Basistarif aufzunehmen. Dieser Tarif bietet Leistungen, die in Art und Umfang der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen.

2.4.2 Kostenvorteil und volle Kostenübernahme

  • Beitragshöhe: Bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit (Bürgergeld-Bezug) wird der Beitrag im Basistarif automatisch auf die Hälfte reduziert.
  • Volle Übernahme: Dieser halbierte Beitrag liegt regelmäßig unterhalb des maximalen Jobcenter-Zuschusses zur PKV. Das Jobcenter kann den Beitrag somit vollständig übernehmen, wodurch der Krankenversicherungsschutz ohne Eigenbelastung des Regelsatzes bestehen bleibt.

2.4.3 Altersrückstellungen bleiben erhalten

Ein Wechsel in den Basistarif führt nicht zum Verlust der bisherigen Altersrückstellungen. Diese können bei einer späteren Rückkehr in einen anderen PKV-Tarif weiterverwendet werden.

2.5 Handlungsempfehlung

Privatversicherte Bürgergeld-Empfänger sollten zeitnah den Wechsel in den Basistarif bei ihrer PKV beantragen, um finanzielle Risiken auszuschließen und die volle Kostenübernahme durch das Jobcenter zu sichern. Entsprechende Anträge können direkt bei der eigenen privaten Krankenversicherung gestellt werden.

GKV-Kritik: Bürgergeld treibt die Krankenkassen-Beiträge in die Höhe

Der Bund erfüllt seine Pflicht zur Übernahme der GKV-Beiträge für Bürgergeld-Empfänger nicht kostendeckend. Dies führt zu einem massiven Ungleichgewicht, das Arbeitnehmer und Arbeitgeber über höhere Beiträge ausgleichen müssen.

Die Krankenkassen werfen dem Staat vor, Sozialausgaben auf die Beitragszahler abzuwälzen. Anstatt die tatsächlichen Kosten der Gesundheitsversorgung zu tragen, zahlt der Bund im Jahr 2025 lediglich eine Pauschale von 133,17 € pro Hilfebedürftigen und Monat an die GKV.

Kernkritik: Experten schätzen, dass der Betrag fast dreimal so hoch sein müsste (im Vergleichswert 2022: 311,45 €), um kostendeckend zu sein. Die Differenz führt zu einer jährlichen Finanzierungslücke von rund 10 Milliarden Euro.

Diese Unterfinanzierung trägt maßgeblich dazu bei, dass die Beitragssätze der gesetzlichen Krankenkassen steigen müssen. Der GKV-Spitzenverband argumentiert, der Staat spare auf Kosten der Versicherten, und hat deshalb Klage eingereicht, um den Bund zur Zahlung der vollen, kostendeckenden Beiträge zu zwingen.

Bürgergeld schuld an steigenden Krankenkassen-Beiträgen?

Häufige Fragen zur Krankenversicherung im Bürgergeld

Wer zahlt die Krankenversicherung beim Bürgergeld?

Die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung werden vollständig vom Jobcenter übernommen. Die Zahlung erfolgt direkt an die Krankenkasse, ohne dass der Bürgergeld-Regelsatz gekürzt wird.

Muss ich mich selbst bei der Krankenkasse melden, wenn ich Bürgergeld beziehe?

Nein. Das Jobcenter meldet Bürgergeld-Empfänger automatisch bei ihrer bisherigen Krankenkasse an, sobald im Antrag die Anlage SV (Sozialversicherung) ausgefüllt wurde.

Bekomme ich als Bürgergeld-Empfänger eine Gesundheitskarte?

Ja. Bürgergeld-Empfänger, die gesetzlich krankenversichert sind, erhalten die reguläre elektronische Gesundheitskarte ihrer Krankenkasse. Der Leistungsanspruch besteht durchgehend, solange Bürgergeld bezogen wird.

Gilt die Zuzahlungsbefreiung automatisch mit Bürgergeld?

Nein. Die Befreiung von gesetzlichen Zuzahlungen – etwa für Medikamente, Hilfsmittel oder Behandlungen – erfolgt nicht automatisch. Der Antrag muss direkt bei der eigenen Krankenkasse gestellt werden.

Was passiert, wenn ich vor der Bewilligung von Bürgergeld krank werde?

Wer zwischen Antragstellung und Bewilligung krank wird, bleibt meist über die Nachversicherungspflicht seiner bisherigen Krankenkasse (§ 19 Abs. 2 SGB V) versichert. Betroffene sollten den Versicherungsschutz umgehend mit der Krankenkasse klären.

Was passiert mit meiner privaten Krankenversicherung beim Bürgergeld?

Wer vor dem Bürgergeld-Bezug privat versichert war, bleibt in der privaten Krankenversicherung (PKV). Das Jobcenter zahlt jedoch nur einen Zuschuss bis zur Höhe des halben Basistarifs. Ist der tatsächliche Beitrag höher, muss die Differenz selbst gezahlt werden.

Wie hoch ist der Zuschuss des Jobcenters zur privaten Krankenversicherung 2025?

Der maximale Zuschuss des Jobcenters liegt bei rund 471 € für die Krankenversicherung plus etwa 99 bis 116 € für die Pflegeversicherung. Insgesamt übernimmt das Jobcenter damit bis zu etwa 587 € monatlich.

Was ist der Basistarif in der privaten Krankenversicherung?

Der Basistarif ist ein gesetzlich vorgeschriebener PKV-Tarif (§ 12 VAG), dessen Leistungen mit denen der gesetzlichen Krankenkasse vergleichbar sind. Bei Bürgergeld-Bezug wird der Beitrag halbiert, sodass das Jobcenter ihn vollständig übernehmen kann.

Kann ich während des Bürgergeld-Bezugs von der PKV in die gesetzliche Krankenkasse wechseln?

Nein. Wer vor dem Bürgergeld-Bezug privat versichert war, bleibt während des Leistungsbezugs in der PKV. Ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist gesetzlich ausgeschlossen (§ 5 Abs. 5a SGB V).

Übernimmt das Jobcenter auch die Beiträge für meine private Krankenzusatzversicherung?

Nein. Das Jobcenter kommt nicht für Beiträge zu privaten Krankenzusatzversicherungen (z. B. für Chefarztbehandlung oder bessere Zahnleistungen) auf. Diese müssen Sie vollständig selbst aus dem Bürgergeld-Regelsatz bezahlen.

Fazit

Die Krankenversicherung ist für jeden Bürgergeld-Empfänger gewährleistet. Sind Sie gesetzlich versichert, müssen Sie nichts unternehmen. Sind Sie privat versichert, ist der unverzügliche Wechsel in den Basistarif die wichtigste Maßnahme, um finanzielle Risiken auszuschließen und die volle Kostenübernahme durch das Jobcenter zu sichern.