Die wichtigsten Fakten zum Hausbesuch des Jobcenters
- Ein Hausbesuch des Jobcenters ist nur erlaubt, wenn ein konkreter und nachvollziehbarer Verdacht besteht – er ist immer das letzte Mittel.
- Der Besuch kann angekündigt werden, muss es aber nicht, vor allem bei Verdacht auf Leistungsmissbrauch.
- Sie müssen niemanden in die Wohnung lassen – die Entscheidung liegt allein bei Ihnen (Art. 13 GG).
- Eine Zutrittsverweigerung führt nicht automatisch zu Nachteilen, kann aber die Sachverhaltsklärung erschweren.
- Ohne Ihre Zustimmung dürfen keine Schränke geöffnet und keine Fotos gemacht werden.
Bezieher von Bürgergeld müssen grundsätzlich damit rechnen, dass Mitarbeiter oder Beauftragte des Jobcenters sie im Außendienst zu Hause aufsuchen könnten. Diese Hausbesuche dürfen aber nur bei einem begründetem Verdacht erfolgen und sollen nicht als Schikane gegen Leistungsbezieher eingesetzt werden.
Inhaltsverzeichnis
Wann darf das Jobcenter einen Hausbesuch machen?
Ein Hausbesuch muss die Ultima Ratio (letztes Mittel) sein, um offene Fragen zu klären. Die Behörde muss vorher prüfen, ob es nicht andere Wege der Sachverhaltsaufklärung gibt, da der Hausbesuch für den Betroffenen regelmäßig eine besondere Belastung mit sich bringt. In diesem Sinne ist ein Hausbesuch nur erlaubt, wenn Fragen nicht anderweitig geklärt werden können.
Das Gesetz verbietet jedenfalls Hausbesuche nicht. Unbegründete Hausbesuche sind letztlich sinnlos und angesichts der Masse der Fälle unwirtschaftlich.
Millionen Datenabgleiche – Bürgergeld Bedürftige werden engmaschig überwacht
Welche Hinweise können einen Hausbesuch auslösen?
Mit dem Außendienst des Jobcenters ist dann zu rechnen, wenn der Betroffene selbst Anhaltspunkte liefert oder Zweifel nährt, die die Behörde veranlasst, Überlegungen anzustellen, ob denn tatsächlich alles so ist, wie es in den Akten steht – insbesondere unplausible Angaben bzw. Anhaltspunkte zur Größe und Anzahl der Personen in der Bedarfsgemeinschaft, Zusammenleben mit einem Partner, Erreichbarkeit etc.
Darf das Jobcenter unangekündigt vor der Tür stehen?
Wenngleich die Fachlichen Weisungen zum § 6 SGB II zur Durchführung des Außendienstes schreiben, dass ein Hausbesuch angekündigt werden sollte, muss er dies nicht tun. Der Hausbesuch kann, muss aber nicht angekündigt werden. Insbesondere beim Verdacht auf einen Leistungsmissbrauch oder Ermittlungen zum tatsächlichen Aufenthalt von Bürgergeld Bedürftigen wird der Außendienst aus ermittlungstaktischen Gründen auf eine vorherige Ankündigung verzichten und sich mit dem Überraschungscharakter eine zusätzliche Aufklärungsmöglichkeit versprechen.
2.1.2 Durchführung
(1) Hausbesuche sollten grundsätzlich im Vorfeld angekündigt werden, es sei denn, die Ankündigung würde den Zweck des Hausbesuches vereiteln.
Wie läuft ein Hausbesuch des Außendienstes normalerweise ab?
- bei Hausbesuchen handelt es sich eher um eine Ausnahme und nicht die Regel
- meist kommen zwei Außendienst-Mitarbeiter des Jobcenters zu einem Hausbesuch, dies dient den Beweiszwecken
- beide Mitarbeiter müssen sich mit ihrem Dienstausweis ausweisen
- Jobcenter dürfen keinen Druck auf den Bürgergeld Bedürftigen ausüben, um in die Wohnung zu gelangen. Dazu gehört auch, dass keine Drohungen ausgesprochen werden dürfen
- Der Bürgergeld Bedürftige muss zu Beginn des Besuchs bzw. bereits bei einer Ankündigung über die Gründe hierfür informiert werden
- Die Mitarbeiter müssen nicht in die Wohnung gelassen werden und der Bürgergeld Bedürftige muss auch darüber informiert werden, dass er einen Hausbesuch ablehnen kann
- Lässt man die Mitarbeiter rein, kann der Hausbesuch vom Bedürftigen abgebrochen werden
- ohne ausdrückliche Genehmigung des Betroffenen ist die Einsicht in Schränke etc. für die Außendienstmitarbeiter Tabu
- während des gesamten Besuchs ist der Betroffene über die Verfahrensabläufe zu informieren und hat Einsicht in das Prüfprotokoll
- nach Abschluss des Hausbesuchs hat der Betroffene Anspruch auf eine Kopie des Prüfprotokolls (Durchschlag, Foto mit dem eigenen Handy etc.) und kann zudem direkt eine Gegendarstellung erstellen, die mit zu den Akten genommen werden muss
Was darf das Jobcenter beim Hausbesuch – und was nicht?
Zwar dient der Hausbesuch der Sachaufklärung zu einem Bürgergeld Antrag, jedoch ist der Bedürftige nicht verpflichtet, den Behördenmitarbeiter in seine Wohnung zu lassen. Die Wohnung ist grundgesetzlich nach Artikel 13 GG geschützt. Lässt man den Jobcenter-Außendienst in die Wohnung, entscheidet man selbst, welche Räume betreten werden können.
Ein Hausbesuch ist keine Hausdurchsuchung wie im Krimi, mit richterlichem Beschluss, so dass Räume nicht eigenmächtig begangen oder Schränke, Truhen etc. von den Mitarbeitern geöffnet werden dürfen – es sei denn, man gibt ausdrücklich sein Einverständnis.
Keinesfalls darf der Behördenmitarbeiter minderjährige Kinder, Nachbarn, Hausmeister oder Hausverwalter befragen. Fotoaufnahmen in der Wohnung bedürfen der Zustimmung des Inhabers der Wohnung.
Wann braucht das Jobcenter einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss?
Die Obrigkeit darf Wohnungen ohne Einverständnis nur betreten, wenn der Zutritt richterlich genehmigt ist. Dann steht aber in der Regel die Staatsanwaltschaft mit einem richterlichen Durchsuchungsbeschluss vor der Tür und nicht der Außendienst des Jobcenters. Ein solcher wird nur ausgestellt, wenn konkrete Verdachtsgründe für eine Straftat bestehen, also konkret ein Leistungsmissbrauch und somit Sozialbetrug anzunehmen ist. Allenfalls setzt sich der Leistungsbezieher dem Verdacht aus, dass er möglicherweise etwas zu verbergen hat.
Beispiel: Die Behörde kann Hausrat, der weit über das übliche Maß hinausgeht, bei der Leistungsbewilligung berücksichtigen, da der Leistungsbezieher nur über einen angemessenen Hausrat verfügen darf und verpflichtet ist, Luxusgegenstände zu verwerten.
Wann ist das Jobcenter in der Beweispflicht?
Hierzu ist aber wiederum Voraussetzung, dass die Behörde den Besitz von Luxusgegenständen nachweisen kann. Kann sie nicht in die Wohnung, ist dies schwierig. Letztlich ist die Behörde in der Beweispflicht. Allein aus dem Umstand, dass der Zutritt zur Wohnung verweigert wird, darf sie keine unmittelbar negativen Rückschlüsse ziehen.
Was passiert bei unerlaubtem Betreten der Wohnung?
Ein Behördenmitarbeiter, der sich eigenmächtig Zutritt zur Wohnung verschafft, begeht auf jeden Fall strafbaren Hausfriedensbruch. Je nach Situation kommen die folgenden Straftatbestände in Betracht:
- Nötigung
- Bedrohung
- oder Beleidigung
Tipp: Ungeachtet der strafrechtlichen Beurteilung kann der Bürgergeld Bezieher auch Dienstaufsichtsbeschwerde beim Jobcenter erheben und sich über das Verhalten des Mitarbeiters beschweren. Dies erscheint unter dem Gesichtspunkt sinnvoll, dass damit einer eventuell negativen Sachbearbeitung durch diesen Mitarbeiter vorgebeugt und der Vorfall aktenkundig gemacht wird.
Ist eine Observierung durch das Jobcenter erlaubt?
Auch die Observierung des Bürgergeld Leistungsbeziehers durch das Jobcenter ist nicht erlaubt, allerdings sollen daraus sich ergebende Erkenntnisse, auch wenn keine Rechtsgrundlage dafür bestehe, verwertbar sein (Landessozialgericht NRW, L 12 AS 201/11 B ER).
Wie sollte man sich bei einem Hausbesuch verhalten?
Lässt sich ein Hausbesuch nicht vermeiden, weil das Jobcenter einen begründeten Verdacht nachweisen kann, ist der Leistungsbezieher gut beraten, sich kooperativ zu verhalten. Er sollte nicht sofort unterstellen, dass er benachteiligt werden soll. Schließlich ist er derjenige, der finanzielle Leistungen beantragt hat und alles tun muss, um eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen. Höflichkeit und Kooperation sind Eigenschaften, die beide Seiten voneinander erwarten.
Darf ich einen Zeugen zum Hausbesuch hinzuziehen?
Das Problem für den Betroffenen besteht natürlich darin, dass er den Behördenmitarbeiter zwar nicht in die Wohnung zu lassen braucht, dann aber damit rechnen muss, dass das Amt seinen Leistungsanspruch nicht zweifelsfrei feststellen und im ungünstigsten Fall ablehnen kann und zur Begründung auf die fehlende Mitwirkung des Betroffenen verweist. Was richtig und angemessen ist, bestimmt sich immer im Einzelfall.
In jedem Fall ist dem betroffenen Bürgergeld Empfänger angeraten, eigene Zeugen zum Hausbesuch mit hinzuzuziehen, die auch im Nachhinein die Vorgehensweise der Jobcenter Mitarbeiter und alles Gesagte bezeugen können.
Welche gesetzlichen Grundlagen gelten für Hausbesuche des Jobcenters?
Bedarfsermittlungsdienst des Leistungsträgers
Nach § 6 Abs. 1 SGB II können die Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Bundesagentur für Arbeit, kreisfreie Städte und Kreise, kommunale Träger) zu ihrer Unterstützung Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen. Insbesondere sollen sie einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten, den sog. Bedarfsermittlungsdienst.
Mitwirkungspflichten des Bürgergeld Empfängers
Ferner bestimmt § 60 SGB I, dass der Bezieher einer Sozialleistung verpflichtet ist, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Gemäß § 66 SGB I riskiert er, dass er dann, wenn er seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt und dadurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, dass das Jobcenter ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise entzieht (Sanktionen wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten). Das Gleiche gilt, wenn der Leistungsberechtigte absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.
Hausbesuche zur Beweisführung erlaubt
In §§ 20, 21 SGB X ist bestimmt, dass die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt und Art und Umfang der Ermittlungen nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt. Zur Beweisführung darf sie auch den „Augenschein einnehmen“, also Hausbesuche machen. Nach § 21 Abs. 2 SGB X sind Leistungsbezieher bei der Ermittlung des Sachverhalts zur Mitwirkung verpflichtet.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Jobcenter-Hausbesuch
Wann ist ein Hausbesuch des Jobcenters erlaubt?
Das Jobcenter darf nur dann einen Hausbesuch machen, wenn es konkrete Zweifel an Ihren Angaben gibt und dies das allerletzte Mittel ist, um die offenen Fragen zu klären (z.B. bei Widersprüchen zur Wohnsituation oder Personenzahl).
Muss das Jobcenter den Hausbesuch vorher ankündigen?
Nicht unbedingt. Normalerweise sollten Besuche angekündigt werden. Steht der Verdacht auf Leistungsmissbrauch im Raum, darf das Jobcenter aber unangekündigt erscheinen, um den Überraschungseffekt zu nutzen.
Muss ich die Mitarbeiter des Jobcenters in meine Wohnung lassen?
Nein, das müssen Sie nicht. Ihre Wohnung ist durch das Grundgesetz (Art. 13 GG) geschützt. Die Entscheidung, ob die Mitarbeiter eintreten dürfen, liegt allein bei Ihnen.
Was darf der Außendienst in meiner Wohnung prüfen oder durchsuchen?
Die Mitarbeiter dürfen nichts durchsuchen. Ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung dürfen keine Schränke, Kisten oder private Unterlagen eingesehen werden. Fotos dürfen ebenfalls nur mit Ihrer Erlaubnis gemacht werden.
Was passiert, wenn ich den Zutritt zur Wohnung verweigere?
Das Jobcenter darf keine direkten Nachteile daraus ableiten, dass Sie den Zutritt verweigern. Aber Achtung: Wenn die Verweigerung die Klärung wichtiger Fakten stark erschwert, kann das Jobcenter die Leistung kürzen oder ganz einstellen, bis Sie mitwirken.
Darf ich einen Zeugen oder Beistand zum Hausbesuch hinzuziehen?
Ja, das sollten Sie sogar tun. Es ist dringend empfehlenswert, eine Vertrauensperson hinzuzuziehen, die den Ablauf bezeugen und mögliche Unstimmigkeiten protokollieren kann.
Was kann ich bei Fehlverhalten der Jobcenter-Mitarbeiter tun?
Wenn ein Mitarbeiter ohne Ihre Erlaubnis eintritt oder Sie unter Druck setzt (droht, nötigt), begeht er möglicherweise Hausfriedensbruch. Sie können eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim Jobcenter einreichen, um das Fehlverhalten offiziell zu melden.
