Immer mehr Arbeitnehmer stehen vor der Entscheidung, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben – oft unter Zeitdruck oder im Zuge von Umstrukturierungen. Was viele unterschätzen: Ein falsch gestalteter Aufhebungsvertrag führt fast automatisch zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Die Agentur für Arbeit wertet die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie eine Eigenkündigung. Die Folge sind bis zu 12 Wochen ohne ALG 1, was für viele Betroffene finanziell kaum zu überbrücken ist.
In den vergangenen Monaten häufen sich Fälle, in denen Arbeitnehmer nach Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags überraschend mit einer Sperrzeit konfrontiert werden. Umso wichtiger ist es, den Vertrag so aufzusetzen, dass die Agentur für Arbeit keinen „eigenverantwortlichen“ Eintritt der Arbeitslosigkeit annimmt.
Mit dem Bürgergeld eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld überbrücken
Inhaltsverzeichnis
Warum ein Aufhebungsvertrag fast immer zur Sperrzeit führt
Nach § 159 SGB III liegt ein „versicherungswidriges Verhalten“ vor, wenn der Arbeitnehmer aktiv an der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mitwirkt. Genau das passiert mit der Unterschrift unter einem Aufhebungsvertrag. Die Agentur für Arbeit geht dann davon aus, dass der Betroffene seine Arbeitslosigkeit freiwillig herbeigeführt hat.
Die Standardfolge ist eine 12-wöchige Sperrzeit, in der kein Arbeitslosengeld gezahlt wird. Erst ab dem 4. Monat besteht wieder Anspruch. Wer seinen Lebensunterhalt in dieser Zeit nicht sichern kann, muss Bürgergeld beantragen.
Auch dort drohen Konsequenzen: Das Ruhen des Arbeitslosengeldes gilt als Minderungsgrund nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB II. Das Jobcenter kann den Regelbedarf für einen Monat um 10 Prozent kürzen.
Sperrzeit vermeiden: Wann ein Aufhebungsvertrag unschädlich ist
Eine Sperrzeit lässt sich vermeiden, wenn der Aufhebungsvertrag so gestaltet ist, dass die Agentur für Arbeit ihn als „notwendig“ und nicht als freiwillige Aufgabe des Arbeitsplatzes bewertet. Entscheidend sind drei Punkte: triftiger Grund, Einhaltung der Kündigungsfrist, keine Besserstellung durch den Vertrag.
Triftige Gründe: Diese Situationen werden anerkannt
Die Agentur für Arbeit verzichtet auf eine Sperrzeit, wenn ein wichtiger Grund nach § 159 Abs. 1 Satz 2 SGB III vorliegt. Der Hintergrund muss plausibel, dokumentiert und für den Arbeitnehmer unvermeidbar gewesen sein. Anerkannte Gründe:
Betriebsbedingte Kündigung stand ohnehin bevor
Wenn der Arbeitgeber objektiv nachweisen kann, dass eine betriebsbedingte Kündigung zum selben Zeitpunkt erfolgt wäre, entfällt die Sperrzeit.
Beispiel: Der Arbeitgeber teilt schriftlich mit, dass aus wirtschaftlichen Gründen Personal abgebaut werden muss und eine Kündigung unvermeidlich ist. Der Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis lediglich zum gleichen Termin – nicht früher.
Unzumutbare Arbeitsbedingungen (z. B. Mobbing)
Bei anhaltendem, dokumentiertem Mobbing oder massiven Konflikten, die das Arbeitsverhältnis unzumutbar machen, wird keine Sperrzeit verhängt. Wichtig sind belastbare Nachweise wie Protokolle, ärztliche Dokumentationen oder schriftliche Beschwerden.
Gesundheitliche Gründe
Ein ärztliches Attest muss bestätigen, dass die Beschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz aus gesundheitlichen Gründen nicht fortgeführt werden kann. Dabei reicht keine allgemeine Belastung – die Unzumutbarkeit muss klar beschrieben sein.
Arbeitslosengeld weggefallen weil Umzug nicht gemeldet
Kündigungsfrist muss eingehalten werden
Der Aufhebungsvertrag darf die reguläre Kündigungsfrist nicht verkürzen. Wird ein früherer Austritt vereinbart, unterstellt die Agentur für Arbeit, dass der Arbeitnehmer freiwillig früher arbeitslos wurde – und verhängt eine Sperre.
Wichtig: Wird die Kündigungsfrist eingehalten, steigt die Wahrscheinlichkeit erheblich, dass die Agentur für Arbeit den Aufhebungsvertrag akzeptiert.
Abfindung: Keine Sperrzeit – aber Ruhen des Anspruchs möglich
Eine Abfindung löst keine Sperrzeit aus. Sie kann aber zu einem Ruhen des ALG 1 nach § 158 SGB III führen, wenn dadurch die Kündigungsfrist faktisch verkürzt wird.
Beispiel: Kündigungsfrist wären 3 Monate, der Aufhebungsvertrag endet schon nach 1 Monat = Ruhenstatbestände möglich.
Für die Sperrzeit selbst ist die Abfindung jedoch nicht entscheidend, solange alle anderen Bedingungen erfüllt sind.
Dokumentation: Ohne Nachweise gibt es fast immer eine Sperre
Alle triftigen Gründe müssen im Aufhebungsvertrag oder begleitend dokumentiert sein:
- betriebliche Schreiben
- ärztliche Atteste
- Mobbing-Dokumentation
- betriebswirtschaftliche Begründung der Kündigung
- interne Mitteilungen über Umstrukturierungen
Ohne Belege stuft die Agentur für Arbeit den Vertrag so gut wie immer als freiwillige Aufgabe des Arbeitsplatzes ein.
Bürgergeld während der Sperrzeit: Das droht wirklich
Wer während einer Sperrzeit ALG 1 erhält: gar nichts.
Wer Bürgergeld beantragt, muss wissen: Das Jobcenter bewertet die Sperrzeit als Pflichtverletzung und kürzt den Regelbedarf für einen Monat um 10 Prozent. Eine Ausnahme gibt es kaum, weil der Sachverhalt eindeutig in § 31 Abs. 2 Nr. 3 SGB II geregelt ist.
Häufige Fehler, die sofort zur Sperrzeit führen
- Aufhebungsvertrag unterschrieben, ohne triftigen Grund.
- Kündigungsfrist unterschritten.
- Keine schriftlichen Nachweise beigefügt.
- Formular „Wichtiger Grund“ bei der Agentur für Arbeit nicht ausgefüllt.
- Abfindung mit verkürztem Austrittsdatum kombiniert.
- Mündliche Zusagen statt schriftlicher Bestätigung.

