Das Jobcenter darf ohne ausdrückliche Zustimmung der Leistungsempfänger keine Informationen über deren Bürgergeld-Bezug an Dritte weitergeben. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. Die datenschutzrechtlichen Vorschriften des SGB II sichern jeder leistungsberechtigten Person das Recht zu, dass ihre persönlichen Sozialdaten weder unbefugt erhoben noch verarbeitet oder genutzt werden.
Jobcenter informiert Vermieter
Im entschiedenen Fall nahm das Jobcenter ohne Vorwarnung Kontakt zur Hausverwaltung eines Bürgergeld-Haushalts auf: Das Ehepaar aus dem Landkreis Emmendingen hatte für die neue Wohnung ein Darlehen für die Mietkaution beantragt, weil die Mietsicherheit der vorherigen Wohnung voraussichtlich erst nach Ablauf der sechsmonatigen Prüfungsfrist ausgezahlt würde – zu spät für die fällige Mietkaution der neuen Wohnung.
Jobcenter darf keine Vermieterbescheinigung verlangen
Statt dem Antrag zu entsprechen, lehnte die Behörde ab und schrieb mit dem Betreff „Leistungen nach dem SGB II im Mietverhältnis …“ an die ehemalige Vermieterin. Name und Anschrift der Leistungsempfänger wurden genannt, um Höhe und Auszahlungstermin der alten Kaution zu erfahren. Mehrere Telefonate folgten – alles ohne zuvor die Einwilligung der Betroffenen einzuholen.
Datenschutz verletzt
Die Familie klagte gegen die Ablehnung des Darlehens und rügte zugleich einen Verstoß gegen den Sozialdatenschutz: Erst durch das Schreiben des Jobcenters habe die Vermieterin erfahren, dass das Ehepaar Bürgergeld bekommt, was sie anschließend dem „Hohn und Spott“ ihrer Vermieterfamilie ausgesetzt habe. Sowohl das Sozialgericht Freiburg als auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg wiesen die Klage ab.
Jobcenter handelt rechtswidrig
Vor dem Bundessozialgericht machten die Kläger eine Verletzung von § 35 SGB I und des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung geltend – mit Erfolg:
Deutschlands oberste Sozialrichter stellten klar, dass das Jobcenter durch Schreiben und Telefonate unbefugt Sozialgeheimnisse offenbart habe, indem es die Vermieterin über den Bürgergeld-Bezug informierte (B 14 AS 65/11). Ein pauschaler Hinweis auf „Amtsermittlung“ reiche keinesfalls aus, um die Weitergabe persönlicher Sozialdaten zu legitimieren.
Bürgergeld-Bedürftige müssen sich beim Arzt outen
Kerngedanke des Urteils
Selbst wenn ein Jobcenter seine Aufgaben erfüllt, müssen die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen stets beachtet werden. Eine Weitergabe von Daten an Dritte ist nur dann zulässig, wenn die Leistungsempfänger vorher ausdrücklich zugestimmt haben. Damit stärkt das Bundessozialgericht den Datenschutz von Bürgergeld-Bedürftigen und setzt dem Jobcenter zugleich klare Grenzen im Umgang mit sensiblen Sozialdaten.
Quelle: BSG, Urteil vom 25.01.2012 – B 14 AS 65/11 R