Die Versuche, auf dem Klageweg einen höheren Bürgergeld Regelsatz zu etablieren, scheint ein auswegloses Unterfangen zu sein. Nach dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (L 18 AS 279/23) hat auch das LSG Nordrhein-Westfalen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Fortschreibung der Regelsätze von 2022 zu 2023 gesetzeskonform war und das Bürgergeld nicht „evident unzureichend“ ist (L 2 AS 39/24 B). Damit werden auch die Forderung des Paritätischen Gesamtverbandes nach fairen Regelsätzen sowie Stellungnahmen und Gutachten über Bord geworfen.
Forderung: 725 Euro Bürgergeld-Regelbedarf
725 Euro Regelbedarf: Diesen Betrag forderte der Kläger vom Jobcenter. Bewilligt wurde jedoch nur Bürgergeld in Höhe von 502 Euro plus Wohnkosten – insgesamt: 845,25 Euro. Aus Sicht des Bürgergeld Bedürftigen zu wenig, weil die Inflation insbesondere bei Lebensmitteln und Energiekosten nicht ausreichend Berücksichtigung fand. Als fehlerhaft und damit mangelhaft wertete der Kläger auch die statistische Methode zur Berechnung der Regelsätze.
Wie fair ist der Bürgergeld-Regelsatz berechnet?
Kein Erfolg mit Widerspruch
Das Jobcenter machte angesichts dieser Forderung kurzen Prozess und erklärte den Widerspruch für unzulässig, weil er verspätet eingegangen sei. So landete der Fall zunächst vor dem Sozialgericht Düsseldorf. Dort erklärte der Leistungsempfänger, der Bürgergeld-Regelsatz von seinerzeit 502 Euro führe bei ihm zu einer „krassen Bedarfsunterdeckung“. Davon ließen sich die Richter aber nicht beeindrucken. Sie bewilligten weder die Prozesskostenhilfe – weil keine Aussicht auf Erfolg bestand –, noch kamen sie der Forderung nach, sich für einen höheren Regelsatz auszusprechen und / oder die Angelegenheit beim Bundessozialgericht vorzulegen.
LSG weist Beschwerde auch ab
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen wiederholte angesichts der Beschwerde die Ausführungen der Vorinstanz und ließ sich ebenfalls nicht auf den Hinweis ein, dass allein bei Nahrungsmitteln die Inflationsrate 20,7 Prozent betragen habe. Kurzum: Auch das LSG wies das Ansinnen des Bürgergeld-Bedürftigen als unbegründet ab.
Regelsatz liegt im gesetzlichen Rahmen
Es bestehe keine Aussicht auf Erfolg, „weil der vom Beklagten (Jobcenter) gewährte Bürgergeld-Regelsatz der gesetzlichen Regelung entspricht und wegen der Bindung der Verwaltung und der Gerichte an Gesetz und Recht weder der Beklagte noch der Senat einen höheren Regelbedarf bestimmen kann“.
Auch den Weg zum Bundessozialgericht versperrte das LSG mit Verweis darauf, dass der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der „Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums“ habe.
Verfassungsrechtliche Pflichten erfüllt
Evident unzureichend seien Sozialleistungen nur, wenn Hilfebedürftige kein Leben führen könnten, das „physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist“. In diesem Sinne sei die Bürgergeld Anpassung zu 2023 eben nicht evident unzureichend. Der Gesetzgeber habe auf die Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Positionen reagiert und mit dem Bürgergeld einen zweiten Berechnungsschritt eingeführt, um Preiserhöhungen zeitnah einfließen lassen zu können. Damit sei er seiner verfassungsrechtlichen Pflicht nachgekommen. Anhaltspunkte dafür, dass die Fortschreibung nicht den verfassungsrechtlichen Maßstäben genüge, sieht das LSG nicht.
Neue Berechnung des Bürgergeld-Regelsatzes bringt sozialen Rückschritt
Das ist aktuell in 2025 im Bürgergeld-Regelbedarf enthalten:

Aktuelle Regelbedarfe pro Person im Überblick
Dank der zweiten Nullrunde in Folge bleibt die Bürgergeld Höhe auch in 2026 unverändert:
| Regelbedarfsstufe | für | im Monat |
|---|---|---|
| 1 | Alleinstehende / Alleinerziehende | 563 € |
| 2 | Volljährige Partner innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft | 506 € |
| 3 | Erwachsene Menschen mit Behinderung in stationären Einrichtungen | 451 € |
| 3 | Unter 25-Jährige im Haushalt der Eltern | 451 € |
| 4 | Kinder 14 bis 17 Jahre | 471 € |
| 5 | Kinder 6 bis 13 Jahre | 390 € |
| 6 | Kinder bis 5 Jahre | 357 € |
Wertende Einschätzung möglich
Den Hinweis auf die Regelsatzberechnung des Paritätischen Gesamtverbandes ließ das Gericht nicht gelten, da hier Positionen berücksichtigt würden, die nicht als Teil des Existenzminimums betrachtet werden. Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit, eine wertende Einschätzung vorzunehmen und Positionen herauszunehmen (etwa Alkohol und Tabak), wenn der Schritt nachvollziehbar begründet wird. Es sei auch nicht Sache der Gerichte, über die Höhe des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums zu entscheiden oder zu prüfen, ob die gerechteste Lösung gewählt worden sei. Ähnlich wurden eine Stellungnahme des DGB und ein Kurzgutachten als nicht aussagekräftig eingestuft.
Der Beschluss ist unanfechtbar und der Weg zum Bundessozialgericht damit versperrt – eine Revision wurde nicht zugelassen.


